Vorkaufsrechtspraxis gekippt – Bundesgesetzgeber in der Pflicht
Das Problem ist kein auf Berlin beschränktes, sondern eines das ganz Deutschland betrifft. Gemeinden können in Gebieten städtischer Erhaltungssatzungen (Milieuschutzgebieten) Vorkaufsrechte geltend machen. Für den Käufer eines Grundstücks besteht die Möglichkeit, den Vorkauf durch die Gemeinde abzuwenden. Dazu muss er eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnen. Darin wird beispielsweise vereinbart, eine bestimmte Miete nicht zu überschreiten oder Eigenbedarfsnutzungen durch den Eigentümer einzuschränken. Diese Praxis wurde erfolgreich in Berlin, aber auch beispielsweise in München, angewandt.
Laut § 26 Nr. 4 des Baugesetzbuches, eines Bundesgesetzes, ist das Vorkaufsrecht jedoch ausgeschlossen, solange das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel aufweist. Mit anderen Worten: Die Gemeinde darf das Vorkaufsrecht auch im Milieuschutzgebiet nur geltend machen, wenn es sich um eine zweckentfremdete Schrottimmobilie handelt.
Wohnen Mieter im Haus und ist das Haus nicht abrissreif, hat die Gemeinde demnach grundsätzlich keine Möglichkeit, den Kauf durch Dritte abzuwenden. Und das gilt selbst für den Fall, dass allen Beteiligten klar ist, was der Verkauf bedeutet: Verdrängung der Bewohnerinnen und Bewohner und maximale Gewinnabschöpfung durch den Investor. „Solange diese Ausnahme auf Verkäufe in Milieuschutzgebieten Anwendung findet, ist das gemeindliche Vorkaufsrecht ausgehöhlt und nutzlos. Der Bundesgesetzgeber ist jetzt dringend gefragt. Das BauGB muss erneut und schnell reformiert werden!“, fordert Siebenkotten.
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