365-Euro-Ticket bleibt hinter Erwartungen zurück
„Die Landesregierung hat seit dem Frühjahr ein echtes 365-Euro-Ticket für alle jungen Leute und für das ganze Land angekündigt. Daran muss sie sich messen lassen. Jetzt sind wir verwundert und auch besorgt, dass sich die vielfachen öffentlichen Ankündigungen nun im Detail völlig anders darstellen“, so Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold.
Der Handwerkstag fordert bereits seit langem ein flächendeckendes, landesweites Azubi-Ticket, um die Mobilität von Auszubildenden zu verbessern, dadurch Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt zu verringern und die berufliche Aus- und Fortbildung zu stärken. Mit den jetzt vorgestellten Plänen werde das Erreichen dieser Ziele erschwert, wenn nicht alle Zugang erhalten, so Reichhold. Weil das Ticket nur als teilfinanziertes Förderprogramm angelegt ist, auf das sich Verkehrsverbünde erst bewerben müssen, sei ein regionaler Flickenteppich zu erwarten. „Da die Verbünde sich mit 30 Prozent an den Kosten beteiligen müssen, besteht die Gefahr, dass einige Regionen außen vor bleiben oder versuchen, zum Beispiel die Wirtschaft an den Kosten zu beteiligen. Hier gibt es schon erste Ankündigungen. Wir können der Landesregierung nur die Daumen drücken, dass wirklich alle Regionen mitmachen und Grün-Schwarz seine Versprechen wahrmachen kann.“ Ansonsten drohe eine willkürliche Ungleichbehandlung. Denn wer bei seinem Studien- oder Wohnort Pech habe, komme eben nicht in den Genuss eines Jugendtickets und könne nicht landesweit für 365 Euro fahren.
Ebenfalls problematisch: Während für Studierende der Studienort für die Bezugsberechtigung relevant ist, entscheidet bei Auszubildenden und Meisterschülern der Wohnort. Und das könnte alle aus dem ländlichen Raum benachteiligen. Denn während zu erwarten ist, dass sich die großen Verkehrsverbünde in Ballungsräumen, die meist Hochschul-Standorte sind, beteiligen, befürchtet das Handwerk, dass gerade Verbünde in ländlichen Räumen zurückhaltender sein könnten – mit der Folge, dass junge Handwerker in diesen Regionen das Nachsehen hätten. Reichhold: „Wir fordern daher, dass es ein Wahlrecht gibt und Auszubildende und angehende Meister selbst definieren können, ob Wohnort, Sitz der Berufs- oder Meisterschule oder Betriebsort für das Ticket maßgeblich sein sollten.“
Auch die Begrenzung des Alters auf 27 Jahre sieht das Handwerk kritisch, da gerade Meisterschüler dieses Alter häufig überschreiten. „Wir würden uns sehr wünschen, dass die Regierungsfraktionen noch einmal in sich gehen und diese Kritikpunkte berücksichtigen. Sonst wird die anfängliche Freude über das angekündigte Jugendticket für viele junge Menschen ohne Not zur Enttäuschung.“ Gut sei, dass bereits jetzt eine Evaluation nach einem Jahr angekündigt sei, so Reichhold.
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