Jahrestag der ersten Covid-Impfung: Versäumnis die ganze Welt zu impfen war der perfekte Nährboden für Omikron
Vor einem Jahr, am 8. Dezember 2020, wurde eine britische Seniorin als erste Person auf der Welt mit dem Impfstoff von Pfizer/BioNTech gegen Covid-19 geimpft. Mittlerweile sind über drei Milliarden Menschen vollständig geimpft – doch viele wirtschaftlich benachteiligte Teile der Welt sind auf der Strecke geblieben. Allein die Zahl der Auffrischungsimpfungen in Großbritannien ist bereits fast so hoch, wie die aller vollständig geimpften Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen zusammengerechnet. Während Länder wie Großbritannien und Kanada genug Impfstoff für ihre gesamte Bevölkerung haben, gibt es in den afrikanischen Länder südlich der Sahara zusammen gerade einmal genügend Dosen, um einen von acht Menschen zu impfen.
Das NGO-Bündnis People’s Vaccine Alliance, zu dem unter anderem African Alliance, Oxfam und UNAIDS gehören, fordert die Pharmaunternehmen und die wirtschaftlich privilegierten Länder auf, ihren Kurs zu ändern, bevor es zu spät ist. Bereits im März warnte das NGO-Bündnis zusammen mit 77 Epidemiolog*innen vor einer zunehmenden Gefahr von Virusmutationen, die die derzeitigen Impfstoffe unwirksam machen könnten, , wenn nicht alle Menschen der Welt schnell Zugang zu Impfstoffen erhalten. In einer Erklärung, die diese Woche an die Verhandlungsführer der Europäischen Union und ihre Mitgliedstaaten geschickt wurde, kritisiert die People’s Vaccine Alliance den Widerstand der EU gegen eine Ausnahmeregelung für geistiges Eigentum. Laut der Erklärung „ist die Entdeckung der Omikron-Variante ein Beweis dafür, warum die Position der EU eine Bedrohung für alle Menschen darstellt".
Vergangene Woche hatte Norwegen seine Unterstützung für die Aussetzung der Patente angekündigt, wie zuvor bereits 100 weitere Länder. EU-Mitglied Frankreich dagegen zog seine bisherige Unterstützung zurück.
Anna Marriott, Oxfam-Expertin für Gesundheitspolitik: „Was nützt es, innerhalb von 100 Tagen neue Impfstoffe zu entwickeln, wenn sie in begrenzten Mengen an den Meistbietenden verkauft werden und finanziell benachteiligte Länder wieder einmal auf der Strecke bleiben? Wir können die Fehler der vergangenen 21 Monate nicht korrigieren, aber die wohlhabenden Länder müssen aus den Fehlern lernen und jetzt neue Wege einschlagen. Sie müssen darauf bestehen, dass die Pharmaunternehmen Wissen und Technologie mit qualifizierten Herstellern in der ganzen Welt teilen. Nur so können wir allen Menschen in allen Ländern Zugang zu Impfstoffen verschaffen und die Pandemie endlich beenden."
Winnie Byanyima, Geschäftsführerin von UNAIDS und Co-Vorsitzende der People’s Vaccine Alliance: „Omikron ist entstanden, weil wir es versäumt haben, allen Menschen auf der Welt Zugang zu Impfstoffen zu verschaffen. Business as usual hat den Pharmaunternehmen riesige Gewinne beschert. Doch viele Menschen sind noch immer ungeimpft, was bedeutet, dass das Virus weiter mutiert. Es ist vollkommener Wahnsinn, immer wieder das Gleiche zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten.“
Die People’s Vaccine Alliance fordert die umgehende Aussetzung der Vorschriften über geistiges Eigentum, um die Monopolkontrolle der Pharmaunternehmen über COVID-19-Impfstoffe, -Tests und -Behandlungen zu beenden. Der Allgemeine Rat der Welthandelsorganisation (WTO) muss dringend wieder zusammentreten, und zwar jetzt und nicht erst im nächsten Jahr, damit endlich eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird. Alle Impfstoffe, einschließlich neuer Versionen von Impfstoffen zur Bekämpfung der Omikron-Variante, müssen zu globalen öffentlichen Gütern erklärt werden, und die Impfstoffrezepte und das Know-how müssen über die WHO offen mit den Herstellern weltweit geteilt werden.
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