Finanzen / Bilanzen

Leistungen einer Hygienefachkraft sind umsatzsteuerfrei

Eine selbstständige Hygienefachkraft, die Leistungen für Alten- und Pflegeeinrichtungen erbringt, hat Anspruch auf eine Umsatzsteuerbefreiung nach EU-Recht.

Hintergrund: Steuerbefreiung in Deutschland und der EU

Das deutsche Umsatzsteuerrecht befreit bestimmte Umsätze von der Steuerpflicht. So sind beispielsweise

  1. Heilbehandlungen in der Humanmedizin,
  2. bestimmte Leistungen einer Hygienefachkraft und
  3. Leistungen für die Betreuung oder Pflege hilfsbedürftiger Personen

von der Umsatzsteuer befreit. Auf EU-Ebene gibt es außerdem Steuerbefreiungen für Umsätze, für die man in Deutschland keine Steuerbefreiung bekommt. Das liegt daran, dass die Umsatzsteuer aufgrund der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) innerhalb der EU eigentlich einheitlich geregelt sein sollte. Dass das nicht immer gelingt, zeigt folgendes Verfahren.

Sachverhalt: Hygienefachkraft arbeitet für unterschiedliche Einrichtungen

Ein für Krankenhaushygiene ausgebildeter Fachkrankenpfleger arbeitete als selbstständige Hygienefachkraft für Krankenhäuser, Altenheime und Pflegezentren. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass Leistungen an Krankenhäuser von der Umsatzsteuer befreit seien, Leistungen an Alten- und Pflegeheime aber nicht. Die Hygienefachkraft wollte aber die Umsatzsteuerbefreiung aller Umsätze.

Urteil: EU-Recht greift

Das Finanzgericht Münster hat nun entschieden, dass auch die gegenüber Alten- und Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen umsatzsteuerfrei sind (Urteil vom 01.06.2021, Az. 15 K 2712/17 U). Zwar greift keine nationale Befreiungsvorschrift. Allerdings könne in diesem Fall EU-Recht greifen, weil es an dieser Stelle nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt worden sei. Gerade in Alten- und Pflegeheimen sei die Einhaltung hygienischer Anforderungen unerlässlich, was insbesondere während der noch andauernden Corona-Pandemie mehr als deutlich geworden ist.

Das sollten Sie beachten

Für eine Steuerbefreiung in Deutschland fehlte der unmittelbare Bezug zu einer Behandlungstätigkeit am Patienten. Außerdem handelte es sich nicht um eine häusliche Pflege und auch nicht um Leistungen, die die Hygienepflegefachkraft unmittelbar gegenüber den Heimbewohnern selbst erbracht hat, sondern vielmehr gegenüber der Einrichtung.

„Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen, denn der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Christine Bürger in Ulm, „es bleibt abzuwarten, wie das Verfahren in der nächsten Runde ausgeht.“

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