Energie- / Umwelttechnik

Verbraucher-Portal Faire Fonds deckt Greenwashing auf und bewertet Nachhaltigkeit von Investmentfonds

  • Faire Fonds zukünftig gemeinsam von Facing Finance und urgewald betrieben
  • Über 2.000 in Deutschland für den Vertrieb zugelassene Publikumsfonds auf Beteiligungen an rund 770 kontroversen Unternehmen überprüft
  • Von rund 650 "Nachhaltigkeitsfonds" im Sinne von ESG-Eigenlabel zeigen sich nur rund 100 gänzlich frei von gescreenten Kontroversen
  • Von 237 überprüften FNG-Fonds sind lediglich 57 frei von gescreenten Kontroversen
  • Neue Kontroversen in dem Faire Fonds-Screening: Rüstungsgüter an Konfliktstaaten, Kohle-Wertschöpfungskette und globale Plastikverschmutzung

Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen Facing Finance und urgewald betreiben zukünftig das frei zugängliche Verbraucherportal Faire Fonds (www.faire-fonds.info) gemeinsam. Dieses untersucht eine Auswahl von in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Publikumsfonds hinsichtlich bestimmter ökologischer, sozialer und ethischer Kontroversen.

Im Zuge der neuen Kooperation der beiden NGOs wurde Faire Fonds hinsichtlich der Analyse von Kontroversen und der insgesamt gescreenten Fonds erweitert. Das Portal bewertet nun insgesamt 2.113 in Deutschland zugelassene Publikumsfonds [1], unter anderem Eigen- und Fremdfonds der vier größten deutschen Fondsgesellschaften: Allianz Global Investors, Deka, DWS und Union Investment. Von den 2.113 untersuchten Fonds sind 657 als "Nachhaltigkeitsfonds" von den Anbietern gelabelt (Eigen-Label); 237 tragen das Siegel vom Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG). Ebenfalls unter den 2.113 analysierten Fonds sind 745 ETF-Produkte.

Die Analyse der Fondsportfolios erfolgt auf Basis von nunmehr 767 kontroversen Unternehmen. [2] Die Bewertungen stammen aus acht externen Quellen. [3] Bereits in der Vergangenheit griff Faire Fonds auf die Ausschlussliste des Norwegischen Pensionsfonds, die Investoren-Initiative Climate Action 100+, die SIPRI TOP 100 Waffenproduzenten, die "Corporate Human Rights Benchmark 2019" sowie auf RepRisk-Berichte zurück. Zusätzlich greift Faire Fonds nun auf folgende Quellen neu zurück:

  • die von urgewald entwickelte "Global Coal Exit List" (GCEL). Die GCEL identifiziert 459 Unternehmen mit handelbaren Wertpapieren, die entlang der Kohle-Wertschöpfungskette aktiv sind;
  • eine neue Datenbank zu Rüstungsexporteuren, die Waffen an Krieg führende Staaten liefern. Diese Datenbank ist ein weiteres Kooperationsprojekt von urgewald und Facing Finance und wird im Frühjahr 2022 vollumfänglich veröffentlicht. Faire Fonds hat rund 100 Unternehmen von der Datenbank integriert, deren Aktien oder Anleihen handelbar sind;
  • der Plastic Waste Makers-Index, der Unternehmen benennt, die weltweit den größten Teil des Einweg-Plastikabfalls verursachen. Hier wurden die Top 21 Unternehmen mit handelbaren Wertpapieren in die Analyse von Faire Fonds aufgenommen.

Die zentralen Ergebnisse des Nachhaltigkeitschecks 2021 durch Faire Fonds:

  • 1.814 der untersuchten Fonds sind immer noch in Unternehmen investiert, die ökologische, ethische und soziale Standards sowie Normen und damit Nachhaltigkeitskriterien verletzen.
  • Der am umfänglichsten mit gescreenten Kontroversen belastete Fonds (88,49%) ist der iShares MSCI Europe Energy Sector UCITS ETF des Anbieters BlackRock, der ausschließlich in Energieunternehmen investiert. Gefolgt wird er vom sogar als nachhaltig klassifizierten DWS-ETF Xtrackers MSCI Europe Energy ESG Screened ETF (80,85%).
  • Stark belastet zeigen sich aber z.B. auch der Deka ETF Deka DAX® ex Financials 30 UCITS ETF (41,34%) und der DWS Top Dividende (35,9%) sowie der Allianz Fonds Allianz Rohstofffonds (52,55%) und der UniSector: BasicIndustries (36,51%) von Union Investment.
  • Von den rund 657 "Nachhaltigkeitsfonds" (ESG-Eigenlabel) zeigen sich nur 104 gänzlich unbelastet von den gescreenten Kontroversen. Beispiele für "Nachhaltigkeitsfonds" mit Kontroversen sind der Union Investment Fond "UniInstitutional Dividend Sustainable", der zu 19,57 % in kontroverse Geschäftsmodelle investiert ist, oder der HANSAperspektive von SIGNAL IDUNA (20,13%). Ähnliches gilt z.B. auch für viele DWS ESG Fonds wie z.B. Xtrackers MSCI Europe Materials ESG Screened ETF, der fast zu 50% belastet ist.
  • Von den 237 FNG-Fonds sind nur 57 unbelastet von den gescreenten Kontroversen. HANSAperspektive von SIGNAL IDUNA (20,13%) zeigt sich hier am meisten belastet, gefolgt von UniInstitutional Dividend Sustainable (19,57%) und Ethos Swiss Sustainable Equities (19,38%).

"Die Tatsache, dass sich selbst auch selbsternannte oder sogar extern als solche gekürte Nachhaltigkeitsfonds als sozial und ökologisch belastet erweisen, zeigt, dass Nachhaltigkeit von der Finanzindustrie häufig noch als reines Marketinginstrument genutzt und nicht ernst genommen wird. Zudem wird deutlich, dass wir umfassendere Regeln für diese Industrie benötigen, die über die Vorgaben der EU-Taxonomie und die EU-Offenlegungsverordnung hinausgehen", sagt Thomas Küchenmeister von der NGO Facing Finance, die das Verbraucherportal Faire Fonds 2019 gestartet hatte.

Kohle im Portfolio

Auch 186 (von 459 börsennotierten) Unternehmen aus der Global Coal Exit List (GCEL) von urgewald [4] finden sich in den von Faire Fonds gescreenten Investmentfonds, darunter die indische Adani Group, der schweizerische Rohstoffriese Glencore und der brasilianische Bergbaukonzern Vale. Der italienische Energiekonzern Enel erfreut sich bei Fonds besonderer Beliebtheit. Mit 5,85% hält sogar ein mit dem FNG-Siegel ausgezeichneter Fonds, der DNB Fund Renewable Energy, im Vergleich die meisten Anteile an diesem Unternehmen.

Julia Dubslaff von urgewald kommentiert: "Dies zeigt, wie notwendig eine absolute Schwelle als Ausschlusskriterium ist. Beispielsweise macht die Gesamtkapazität der Kohlekraftwerke von Enel und seinen Tochtergesellschaften mehr als 5 Gigawatt aus. Kurz nach dem Klimagipfel in Glasgow und angesichts des neuesten Berichtes des Weltklimarates sollten Finanzinstitute jetzt endlich handeln und speziell fossile Energien konsequent aus ihren Portfolios anhand harter Kriterien entfernen. Argumente auch von Fondsmanagern, dass sie die Transformation begleiten und Engagement betreiben statt Divestment, greifen ins Leere, wenn keine Transparenz über Ziele, Zeitrahmen und Exit-Pläne besteht."

Rüstung im Portfolio

Die drei Rüstungsunternehmen BAE Systems, Raytheon und Airbus, die ihre Produkte an zahlreiche kriegführende Staaten der Welt exportieren, finden sich häufig sowohl in ETFs als auch in aktiv gemanagten Fonds, sogar mit Anteilen von bis zu 9,6% (Airbus im Amundi ETF MSCI Europe Ex Emu). Ein anderer, als ESG klassifizierter ETF derselben Gesellschaft (Amundi MSCI EMU ESG Universal Select) investiert neben Rüstungstiteln wie Airbus, Dassault Aviation, MTU Aero Engines, Safran oder Thales zudem in viele CO2-intensive Unternehmen und zeigt sich insgesamt zu 16,1% belastet.

Plastik im Portfolio

Sehr viele Fonds investieren auch in Unternehmen, die für die globale Kunststoffverschmutzung Verantwortung tragen. Plastik wird synthetisch hergestellt und basiert zu 99 Prozent auf fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Erdgas. Mit Unternehmen wie ExxonMobil oder Dow werden nun auch Unternehmen im Screening von Faire Fonds abgedeckt, die die umwelt- und klimaschädliche Plastikwertschöpfungskette anführen. Der Swisscanto (LU) EF Responsible Global Energy AT ist z.B. mit 8,12% seines Vermögens in ExxonMobil investiert, der Erste Responsible Stock Dividend mit 1,64% in Dow. Beide wurden nach der EU-Offenlegungsverordnung als sogenannte "Artikel 8-Fonds" klassifiziert und erheben Anspruch, systematisch sozial-ökologische Kriterien bei den Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen.

Fußnoten:
[1] Entspricht 5987 unterschiedliche Anteilsklassen.
[2] Als Kategorien für Kontroversen führt Faire Fonds: Umweltzerstörung, Rüstung, Menschenrechte, Korruption, Klimawandel, Finanzdelikte, Arbeitsrechte und Anderes. Die Methodik findet sich hier: https://www.faire-fonds.info/…
[3] Siehe Methodik von Faire Fonds: https://www.faire-fonds.info/…
[4] Siehe www.coalexit.org

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