Drei Jahre Eltern-Kind-Einheit am Asklepios Klinikum Harburg: Sicherer Hafen – nicht nur in der Pandemie
„Die Pandemie führt in vielen Familien zu Erschöpfung, Überforderung und eskalierenden Stressspiralen – gerade in Familien, die von psychischen Erkrankungen betroffen sind, steigt die Belastung massiv. Wir behandeln vorrangig Eltern-Kind-Beziehungsstörungen. Unser Angebot stärkt die Eltern-Kind-Beziehung und damit die familiäre Atmosphäre“, erklärt Psychiaterin Brit-Meike Fischer-Pinz. Die Oberärztin leitet gemeinsam mit Katja Götting der Kinder- und Jugendpsychiatrie seit drei Jahren die Harburger Eltern-Kind-Einheit. Fischer-Pinz verantwortet dabei die Therapie der Eltern – die Mehrzahl ihrer Patienten leidet an Depressionen, Angsterkrankungen oder Emotionsregulationsstörungen.
Die Eltern-Säugling-Kleinkind-Psychotherapeutin Katja Götting ist für die Therapie der jungen Patienten verantwortlich – die Expertin beobachtet in den letzten beiden Jahren starke Veränderungen. „Manche Kinder sind auffällig sozial enthemmt, andere extrem ängstlich. Insbesondere während der prägenden ersten Lebensjahre sind diese Störungen in Hinblick auf die gesamte Persönlichkeitsentwicklung behandlungsbedürftig“, so die Leitende Psychologin. Auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Seite werden Kinder vom Säuglings- bis zum Entwicklungsalter von sechs Jahren behandelt. Die häufigsten Störungsbilder sind Fütter- und Gedeihstörungen, depressive und ängstliche, aber auch schwerwiegende Regulationsstörungen sowie Autismus.
Eltern-Kind-Einheit: Zusammenfinden im geschützten Raum
Die kindliche Entwicklung wird vor allem von den elterlichen Befindlichkeiten beeinflusst – es entsteht ein emotionales Wechselspiel. Psychisch kranke Eltern können nicht hinreichend auf die besonderen Erziehungs- und Beziehungsanforderungen ihrer Kinder eingehen. „Die Eltern sind oft emotional instabil und häufig sehr erschöpft, kämpfen mit Schuldgefühlen und der Sorge, ihrem Kind nicht ausreichend gerecht zu werden. Daraus entstehen dann Kreisläufe, die wir mit unserer Arbeit gezielt unterbrechen“, führt Fischer-Pinz aus.
12 bis maximal 16 Wochen dauert der Aufenthalt: Ein spezialisiertes Team aus Erwachsenen- und Kinder-und Jugendpsychiatern, Psychologen, Pflegefachkräften, Erziehern, Therapeuten und Sozialarbeitern arbeitet eng zusammen. „Wir blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Familie und die jeweiligen Bedürfnisse von Kind und Elternteil. Damit haben wir eigentlich drei Patienten: Kind, Elternteil und die Beziehung der beiden zueinander“, beschreibt Stationsleitung Anke Khoo die Arbeit im multidisziplinären Team. Mit der Therapie erlernen Eltern ihre – häufig biografisch bedingten – Konfliktanteile zu erkennen und erarbeiten neue Umgangsweisen. Dazu nutzt das Team videografierte Eltern-Kind-Termine, auch Einzel- und Gruppengespräche, Achtsamkeitstherapie und Stressbewältigung gehören zum Angebot. Kinder lernen etwa in der Bewegungs- und Ergotherapie, sich auszudrücken und machen darin neue, positive Erfahrungen.
Nachhaltig gute Beziehungen: Harburger Erfolgsmodell für Familien
„Ich habe in meinem Berufsleben noch nie so eine erfüllende Arbeit erlebt. Wenn wir mit einer Mutter, die von ihrer zwei Jahre alten Tochter überfordert und genervt ist, erarbeiten, dass sie den Blick auf ihr Kind verändert und das Kind dann wieder lieber bei ihrer Mutter ist als bei uns, ist das ein sehr erfüllender Moment“, erzählt Khoo. Die Zahlen belegen den Erfolg der Therapiestation: Mehr als 140 Patienten haben bislang den regulären Aufenthalt von 12 Wochen genutzt, vorzeitige Abbrüche sind extrem selten. Für den Erfolg der Behandlung ist die Arbeit im Netzwerk wichtig, um eine möglichst lückenlose Weiterbetreuung zu gewährleisten. Nach der Entlassung werden die Eltern über die Institutsambulanz der Erwachsenenpsychiatrie betreut, für die jungen Patienten verfügt die Kinder- und Jugendpsychiatrie über ein entsprechendes Angebot.
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