Kommentar BIP 2021: Wirtschaft schwächer als erwartet, BioNTech erhöht Jahreszuwachs um circa halben Prozentpunkt
Dr. Nils Jannsen, Leiter Konjunktur Deutschland am IfW Kiel, kommentiert die aktuellen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2021 des Statistischen Bundesamtes:
„Die deutsche Wirtschaftsleistung fiel im abgelaufenen Jahr schwächer aus, als vom Kiel Institut für Weltwirtschaft in seiner Winterprognose erwartet worden war. Offenbar waren die pandemiebedingten Belastungen im Schlussquartal stärker, als noch im Dezember absehbar war.
Wichtig für die Einordnung der Zahlen ist, dass in das amtliche Jahresergebnis zum BIP nun erstmals Lizenzeinnahmen des Impfstoffentwicklers BioNTech eingeflossen sind, die zum Jahresende fällig wurden. Sie alleine dürften für rund 0,5 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung verantwortlich sein. Ohne die Lizenzzahlung hätte die Zuwachsrate entsprechend bei ca. 2,2 Prozent statt jetzt 2,7 Prozent gelegen.
Dass ein einzelnes Unternehmen das BIP so stark anhebt, ist äußerst ungewöhnlich und dem Umstand geschuldet, dass es im Vergleichsjahr 2020 noch keine entsprechenden Lizenzeinnahmen gab.
Dies hat auch Folgen für die zurückliegenden Quartale. Dort wird es zu Aufwärtsrevisionen kommen, weil die Lizenzeinnahmen jetzt über das gesamte Jahr verteilt in der amtlichen Statistik verbucht werden. Hierauf weisen bereits die jüngst von der Deutschen Bundesbank berichteten Werte für die Dienstleistungsexporte hin. Das IfW Kiel hatte den Anstieg des BIP für das Jahr 2021 in seiner Winterprognose ohne und mit BioNTech-Effekt ausgewiesen (2,6 Prozent + 0,5 Prozent).
Insgesamt blieb die deutsche Wirtschaft 2021 aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie und der Lieferengpässe, die zu einem Gutteil Folge der Pandemie sind, hinter ihren Möglichkeiten zurück. Nach dem Krisenjahr 2020 setzte zwar eine Erholung ein. Der Rückgang des BIP von 4,6 Prozent im Jahr 2020 konnte jedoch nicht wettgemacht werden. Damit hat die Corona-Pandemie die Wirtschaftsleistung im Jahr 2021 um etwa 150 Mrd. Euro (4,7 Prozent des BIP) verringert, nachdem sie bereits im Jahr 2020 zu Ausfällen von etwa 180 Mrd. (5,8 Prozent des BIP) geführt hatte.
Das BIP dürfte aufgrund pandemiebedingter Belastungen in den konsumnahmen Dienstleistungsbranchen im vierten Quartal merklich gesunken sein. Auch im ersten Quartal des laufenden Jahres dürfte dies die Wirtschaftsleistung deutlich belasten und zu einem weiteren Rückgang führen.
Insgesamt dürfte die Erholung im laufenden Jahr aber mehr Kraft entfalten als 2021 und das BIP um rund 4 Prozent zulegen. Erst zur Mitte dieses Jahres dürften die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten erstmals seit Beginn der Pandemie wieder normal ausgelastet sein.”
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