Neujahrsempfang in Berlin: bpt-Präsident fordert schnelle GOT-Novelle und Arbeitszeitflexibilisierung zur Erhaltung des flächendeckenden tierärztlichen Notdienstes
Berufspolitisches Thema Nummer 1 war das aktuell für die Tierärzteschaft mit Abstand drängendste Problem, der Tierärztemangel. „Den gibt es mittlerweile nicht mehr nur auf dem Land und in der Nutztierpraxis, sondern auch in der Kleintier- und Pferdepraxis“, so bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder. Damit eng verknüpft ist der in vielen Regionen auf der Kippe stehende tierärztliche Notdienst. „Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplante Überarbeitung der tierärztlichen Gebührenordnung ist begrüßenswert und ein Schritt in die richtige Richtung. Denn nur wenn Tierarztpraxen mehr Ertrag erwirtschaften, können die Arbeitsbedingungen für unsere angestellten Tierärztinnen und Tierärzte verbessert und mit einer leistungsgerechten Bezahlung ein Verbleib in der Praxis gewährleistet werden“, betonte der bpt-Präsident und unterstrich, wie wichtig eine schnelle GOT-Anpassung sei.
Um dem Tierarztmangel gegenzusteuern, reiche das allein aber längst nicht mehr aus. Mindestens genauso dringend brauche es eine Flexibilisierung beim Arbeitszeitgesetz für Berufe die gesetzlich zum Notdienst verpflichtet sind. „Für unseren tierärztlichen Notdienst heißt das, wir brauchen die Möglichkeit, von den 11 Stunden Ruhezeit und der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden im Einzelfall und natürlich nur mit Zustimmung der Angestellten abweichen zu können“, so Moder. Beispielsweise wäre eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ebenso hilfreich wie die 1:1 Anwendung der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Auch würde es helfen die Ausnahmeregelungen des Arbeitszeitgesetzes wie „Sonderregeln für Notfälle und außergewöhnliche Fälle“ einfacher und einheitlicher zu definieren. Der bpt-Präsident appellierte deshalb an die Abgeordneten, die Spielräume des EU- und des nationalen Arbeitszeitrechts zu nutzen, um den tierärztlichen Notdienst am Laufen zu halten, bevor es zu spät ist. „Die Vereinbarungen dazu im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung reichen nicht aus“, so Moder weiter.
In Zeiten des Tierärztemangels könne man sich überdies keinen bürokratischen Mehraufwand für Tierärzte ohne jeglichen erkennbaren Nutzen mehr leisten, bekräftigte Moder im Hinblick auf die von der Ampel-Koalition beabsichtigte Einrichtung einer Tiergesundheitsdatenbank und die tierärztliche Erfassung von Antibiotikanwendungen für das Antibiotikaminimierungskonzept. Der damit verbundene immense zeitliche Aufwand der Datenlieferung durch den Tierarzt müsse deshalb unbedingt mit der Datenbanknutzung durch den Praktiker verbunden sein, z.B. für eine umfassende tierärztliche Analyse landwirtschaftlicher Betriebe, insbesondere um eine Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierschutzes sowie eine weitere Reduktion des Arzneimittel- bzw. Antibiotikaeinsatzes erreichen zu können. „Insofern ist es für mich unverständlich, dass im Koalitionsvertrag hier keine stärkere Einbindung der Tierärzteschaft enthalten ist. Dabei sieht das neue EU-Tiergesundheitsrecht die verpflichtenden tierärztlichen Bestandsbesuche doch bereits seit April vergangenen Jahres vor. Mit diesen regelmäßigen und außerhalb von Akutfällen durchzuführenden Tiergesundheitsbesuchen und einer Analyse der Tiergesundheitsfaktoren wäre das Ziel ‚Vorbeugen statt Heilen‘ erreichbar. Passiert ist bislang nichts, weder auf der EU-Ebene noch in Deutschland“, resümiert Moder. Die neue BMEL-Führung müsse diese sinnvolle EU-Vorgabe endlich schnell umzusetzen. Die Vorarbeit dafür habe der bpt mit seinen Leitlinien zur Bestandsbetreuung geleistet, „Die praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzte stehen dafür bereit“, so Moder.
Weitgehende Unterstützung signalisierte der bpt-Präsident hingegen zu den von BMEL-Staatssekretärin Dr. Nick skizzierten Vorhaben der Koalition im Bereich Tierschutz, wie den Lückenschluss bei den Nutztierhaltungsverordnungen und der verantwortungsvollen Heimtierhaltung. Dr. Nick machte überdies deutlich, dass der neuen BMEL-Führung der Dialog mit dem bpt wichtig sei: „Die Tore stehen offen.“ Sowohl die Staatssekretärin wie auch der Ausschussvorsitzende, Hermann Färber, und die Schirmherrin der Veranstaltung, Gitta Connemann, versprachen in ihren Grußworten, sich insbesondere um den Tierärztemangel kümmern zu wollen, denn, so Färber, „kranke Tiere müssen 24 Stunden behandelt werden können“, alles andere sei schlichtweg tierschutzwidrig. Gitta Connemann, neugewählte Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), bedankte sich ihrerseits für die jahrelange verlässliche Zusammenarbeit mit dem bpt bei fachlichen Fragen und den Mut des Verbandes innovative Lösungen zu entwickeln, wie z.B. die Digitalkongresse, und auch notwendige Entscheidungen zu treffen.
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