Corona und Preisanstiege bremsen das Handwerk aus
Der Kammerpräsident hat bei diesen Aussagen die Konjunkturzahlen des südbadischen Handwerks zum Jahreswechsel 2021/2022 im Blick. Auf den ersten Blick geben die Werte nur bedingt Grund zur Sorge. Die saisonalen Effekte im Winterquartal sorgen im Normalfall für mauere Zahlen – diesmal sind die Negativentwicklungen durch die Corona-Pandemie verstärkt. Grund für die nicht ganz so guten Werte: Neben Lieferengpässen und Inflationstendenzen war das Jahr 2021 für die Wirtschaft oft von Unsicherheit geprägt. Die Rahmenbedingungen waren, teils bedingt durch neue Virusvarianten, teils durch die Corona-Politik, nicht immer verlässlich. „Auch die langwierigen Politikwechsel und neuen Regierungskonstellationen haben teilweise unnötige Baustellen für unsere Betriebe aufgemacht“, merkt Ullrich an. Die konjunkturelle Lage ist jedoch deutlich besser als noch vor einem Jahr. Damals – mitten im Lockdown – lag der Wert des Konjunkturindikators, dem Saldo aus Geschäftslage und -erwartungen, bei mageren +6,1 Punkten. Nun liegt der Wert bei +27,2, knapp 10 Zähler unter Vor-Corona-Niveau.
Stabile Auftragszahlen, hoher Auftragsbestand
Die Auftragszahlen blieben im südbadischen Handwerk zum Jahreswechsel insgesamt stabil: knapp ein Viertel der Betriebe meldete einen gestiegenen Auftragseingang, ein weiteres Viertel gab sinkende Auftragseingänge an, die restlichen 50 Prozent meldeten gleichbleibende Aufträge. Die Auslastung der Handwerksbetriebe konsolidierte sich im Vergleich zum Vorjahr: Auslastungsspitzen mit Überkapazitäten wurden abgebaut, aber auch deutlich weniger Betriebe meldeten größere Kapazitätsfreiräume. Der Auftragsbestand der befragten Betriebe reicht im Durchschnitt für rund elf Wochen. Dr. Handirk von Ungern-Sternberg, Mitglied der Geschäftsleitung der Handwerkskammer Freiburg, macht deutlich: „Hier melden insbesondere die Bau- und Ausbaugewerke langfristige Auftragsbestände. Das drückt den Durchschnitt über alle Handwerke deutlich nach oben.“
Inflationsschübe kommen im Handwerk besonders stark an
Die Umsätze zogen zum Jahreswechsel deutlich an. „Jedes dritte Unternehmen meldet steigende Umsätze“, verdeutlicht Ungern-Sternberg. „Im vergangenen Jahr war es nur etwa jeder Vierte.“ Der Anteil der Betriebe mit sinkenden Umsätzen ging von 26,2 Prozent im Vorjahr auf 22,2 Prozent zurück. „Das heißt aber nicht, dass die Handwerker nun reichlich verdienen“, gibt Ungern-Sternberg zu bedenken. Die aktuellen limitierenden Probleme sind nach Ansicht der Kammer – neben der langfristigen Fachkräfteproblematik – Lieferengpässe und die Preisentwicklung. „90 Prozent unserer Betriebe melden gestiegene Einkaufspreise“, hebt Ungern-Sternberg hervor. „Das ist ein nie dagewesener Rekordwert.“ Gleichzeitig melden nur 50 Prozent der Betriebe, dass sie selbst die Preise für die Kunden erhöht haben. „Hier wird eine Gefahr für viele unserer Unternehmen deutlich: Sie können die Preisentwicklung nicht voll an die Kunden weitergeben. Das müssen wir genau im Auge behalten.“ Die Betriebe hätten mit extrem gestiegenen Materialpreisen und extrem gestiegenen Energiepreisen zu kämpfen, so Ungern-Sternberg. Die aktuellen Inflationsschübe kämen im Handwerk besonders stark an. „Energieintensive Betriebe müssen sicherlich mehr als die offiziell angegebenen knapp 5 Prozent Preissteigerung verkraften.“
Zusätzlicher Druck durch politische Entscheidungen
Christof Burger, Vizepräsident der Kammer, fordert daher, dass der Staat hier nicht noch Öl ins Feuer gießt. Insbesondere im Bau- und Ausbaubereich habe man in letzter Zeit aufgrund politischer Entscheidungen zusätzlichen Druck gespürt. „So hat die Entscheidung der Bundesregierung, das KfW-Förderprogramm für energetische Sanierung im Januar auslaufen zu lassen, zu einem weiteren Preissprung bei Bauprojekten geführt.“ Viele Bauherren wollten verständlicherweise kurz vor Toresschluss vom Programm profitieren. „Dieser Beschluss hat die sowieso schon angespannte Situation regelrecht überhitzt“, konstatiert Burger. Daher fordert die Kammer vom Staat mehr Umsicht. „Grunderwerbssteuer, Umsatzsteuer, Energiesteuern – der Staat verdient bei jedem Bauvorhaben ordentlich mit und hat damit gleich mehrere Möglichkeiten, diese Inflationstendenzen einzugrenzen.“ Die Bundesregierung mache jedoch das Gegenteil. „Passende Förderprogramme dann auch noch kurzfristig zu stoppen, zeugt nicht gerade von der nötigen Weitsicht“, resümiert Burger.
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