Kritik an Impfung durch nichtärztliche Heilberufe
„Dagegen nehmen Behandlungsqualität und Patientensicherheit massiv ab, wenn neben Ärztinnen und Ärzten auch andere Berufsgruppen impfen“, warnt der Präsident der Landesärztekammer Hessen. Der bei Politikern verbreitete Irrglaube, dass sich ein sechsjähriges Medizinstudium durch wenige Stunden Schulung ersetzen lasse, könne für Impflinge lebensgefährlich werden. Auch wenn die Corona-Schutzimpfung in der Regel gut vertragen werde, sei es wichtig, seltene Sofortreaktionen wie z. B. einen allergischen Schock zu beherrschen. „Impfen ist eine ureigene ärztliche Aufgabe“, betont Pinkowski.
„Seit über einem Jahr impfen Ärztinnen und Ärzte in Praxen und Impfzentren mit großem individuellem und zeitlichem Einsatz gegen Corona“, stellt der Ärztekammerpräsident fest. Es habe nie einen Mangel an Impfangeboten gegeben, wohl aber wiederholt einen Mangel an Impfstoffen. Mit der Ausweitung des Impfangebots auf andere Heilberufe versuche die Politik nun von eigenen Versäumnissen bei der Impfstoffbeschaffung abzulenken. Zugleich mache die neue Impfverordnung zu Covid-19 ein Eindringen anderer Heilberufe in ärztliche Zuständigkeiten möglich.
Ausdrücklich stimmt der Ärztekammerpräsident dem 1. Vorsitzenden des Hausärzteverbandes Hessen, Armin Beck, zu, der darin eine Ausweitung von Geschäftsmodellen sieht. Wenn Apotheker zusätzlich zum Verkauf auch das Verabreichen von Arzneimitteln übernähmen, werde ein Interessenkonflikt deutlich, der seit Friedrich II. mit einer scharfen Trennung der Leistungen von Ärzten und Apothekern geregelt worden sei, hatte Beck kürzlich erklärt. Das eigentliche Bestreben, das Impfen auf Apotheken übertragen zu lassen, gehe auch aus einem unlängst erschienen Zeitungsinterview mit der ehemaligen Präsidentin der Bundesapothekerkammer und ehemaligen Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, Erika Fink, hervor, fügt Pinkowski hinzu. Darin hatte diese gesagt, dass man sich mit dem Gedanken, zu impfen, anfreunden könne, wenn Apotheken dauerhaft impfen dürften, zum Beispiel gegen Grippe.
„Angesichts der politischen Entscheidung, diese Trennung im Fall der Corona-Schutzimpfung aufzuheben und die ärztliche Aufgabe des Impfens auch auf Apothekezu übertragen, muss konsequenterweise über ein Dispensierrecht für Ärztinnen und Ärzte diskutiert werden", fordert Pinkowski. So sei es zum Beispiel Notfallpatientinnen und –patienten nicht zu erklären, warum sie nach einer Behandlung in einer ambulanten Bereitschaftsdienstpraxis in der Regel dort keine erste Medikation erhalten, sondern anschließend die nächstgelegene Notdienst-Apotheke aufsuchen müssen. „Nun: Erst nach langem zähem Verhandeln dürfen seit Neuestem ganz wenige Medikamente wie z.B. notfallmäßig benötigte Antibiotika über den Sprechstundenbedarf im Ärztlichen Bereitschaftsdienst abgegeben werden“, kritisiert der Ärztekammerpräsident. „Wenn die Politik glaubwürdig bleiben will, muss sie im Sinne der Patientenorientierung handeln und das Dispensierrecht konsequent auf Ärztinnen und Ärzte übertragen.“
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