Finanzen / Bilanzen

Mit höheren Gaspreisen droht eine Inflation von sechs Prozent

Russland greift die Ukraine an und die NATO-Partner erlassen erste Sanktionen: Wenn in Folge der Krise die Gaspreise stark steigen, droht das Wirtschaftswachstum in Deutschland 2023 geringer auszufallen. Auch die Inflationsrate würde weiter in die Höhe schnellen – bis zu 6,1 Prozent sind realistisch, zeigen neue Modellsimulationen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Mehr als die Hälfte der Erdgasimporte bezieht Deutschland aus Russland. Auch wenn die Bundesrepublik kurzfristig einen Stopp der Gaslieferungen überstehen könnte, würden die Preise für Gas in die Höhe schnellen. Um die potenziellen Auswirkungen eines solchen Szenarios auf die deutsche Wirtschaft und die Verbraucher einschätzen zu können, hat das IW zwei Modellsimulationen vorgenommen. Im ersten Szenario bleibt der Gaspreis im Jahr 2022 auf dem Niveau aus dem vierten Quartal 2021. Das zweite Szenario geht von noch höheren Preisen aus: Hier wird mit einem Anstieg der Gaspreise um weitere 50 Prozent gerechnet. 

BIP wäre im schlimmsten Fall 1,4 Prozent geringer

Im ersten Szenario würde die Inflationsrate im laufenden Jahr auf 4,3 Prozent und 2023 auf 4,5 Prozent steigen. Die Verbraucher, aber auch die Unternehmen, hätten also noch weniger im Portemonnaie als ohnehin schon. Der private Konsum würde dadurch geringer ausfallen, was sich auch beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) bemerkbar macht: 2022 fiele das BIP um 0,2 Prozent und 2023 um 0,7 Prozent geringer aus. 

Kommt es zu gravierenderen Liefereinschränkungen, könnte sich der Gaspreis allerdings noch weiter erhöhen. In diesem zweiten Szenario würde die Inflationsrate in diesem Jahr auf 6,1 Prozent und 2023 auf fünf Prozent klettern. Das BIP würde im nächsten Jahr ganze 1,4 Prozent geringer ausfallen. 

Erholung von Pandemie wird verlangsamt

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der schleppenden Erholung würde eine Eskalation den Weg zur wirtschaftlichen Normalität weiter erschweren. Zwar handelt es sich bei den Modellsimulationen um mögliche Entwicklungen und nicht um Prognosen, aber die Berechnungen zeigen deutlich, welche Auswirkungen die Krise noch haben könnte. „Wir untersuchen hier nur die möglichen Folgen eines höheren Gaspreises. Der Konflikt bringt schwindendes Vertrauen von Investoren, möglicherweise Handelssanktionen oder Produktionsausfälle mit sich“, sagt Studienautorin Galina Kolev. Ko-Autor Thomas Obst ergänzt: „Die wirtschaftlichen Folgen eines militärischen Konflikts sind kaum abzuschätzen. Die bedeutende Rolle von Energiesicherheit hin zur Klimaneutralität für die deutsche Wirtschaft steht vor einem Scheideweg.“ 

Zur Studie

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Dr. Thomas Obst
Persönlicher Referent des Direktors und Economist für Auslandskonjunktur und makroökonomische Modell
Telefon: +49 (30) 27877-135
E-Mail: obst@iwkoeln.de
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