Schwieriger Jahresstart: Warum so negativ?
Geopolitische Belastungen
Der drohende militärische Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sei für viele Anleger zum Hauptthema geworden. Es bestehe die weitläufige Sorge, dass der regionale Konflikt die europäische Energieversorgung gefährde, eine regionale Rezession verursache und genügend Ansteckungseffekte entstehen lassen könnte, um einen globalen Bärenmarkt auszulösen. „Gerade wenn in den Medien verstärkt Untergangsszenarien die Runde machen, sollte dieser „Konsens“ kritisch hinterfragt werden“, so Grüner.
Dass dieser Konflikt negativ auf die Aktienmärkte wirke, sei unbestritten. Es müsse jedoch sorgfältig differenziert werden zwischen dem, was für die Märkte eine negative Überraschung darstellen würde, und was von den Märkten im Rahmen einer verschlechterten Marktstimmung längst eingepreist wurde. „Für Anleger zählt nur Letzteres“, betont Grüner. „Die Energiesituation in Europa ist wohlbekannt, eine unkontrollierte militärische Eskalation mit weltweiten Auswirkungen ist unwahrscheinlich und ein regionaler Konflikt hat nicht die wirtschaftliche Tragweite, um den globalen Bullenmarkt zu beenden.“
Inflation und Zinserhöhungen
Die gängige Meinung bestehe darin, dass die Inflation nicht nur Konsumenten belaste, sondern auch großflächig die Unternehmensmargen vernichte, für steigende Zinsen sorge und damit die Aktienmärkte zum Taumeln bringen würde. "Verbunden ist der Konsens, dass steigende Zinsen zu einer Abschwächung der Wirtschaft führen und die Anlageklasse Aktien insbesondere darunter leidet,“ so Grüner. „Auch diese Sichtweise sollte kritisch hinterfragt werden.“
Grüner ist nach wie vor davon überzeugt, dass die aktuell erhöhte Inflation kein dauerhaftes Phänomen ist, passend dazu spiele sich die Bewegung der langfristigen Zinsen weiterhin auf einem moderaten Niveau ab. Börsennotierte Unternehmen würden auch nicht unmittelbar von hohen Inflationsraten „hart getroffen“ werden. Gerade diejenigen Unternehmen, die über eine gewisse Preissetzungsmacht verfügen würden, besitzen die Flexibilität, höhere Inputkosten an die Konsumenten weiterzugeben. „Letzten Endes zählt Inflation zu den emotionalen Themen,“ meint Grüner. „Und die Medien sind geübt darin, mit diesen Emotionen zu spielen.“ Für langfristig orientierte Aktienanleger solle unter dem Strich allerdings stehen bleiben, dass die pausenlose Berichterstattung zu einem negativen Marktkonsens geführt habe – der Realität werde es also relativ leichtfallen, diese Erwartungshaltung zu übertreffen.
Fazit
„Im Börsenjahr 2022 ist Durchhaltevermögen gefragt,“ resümiert Grüner. „So viel steht bereits nach sechs absolvierten Wochen fest. Immer wenn sich eine Konsensmeinung stark ausprägt, nehmen wir tendenziell gerne einen konträren Blickwinkel ein.“ Aktuell werde die Marktstimmung von verschiedenen Faktoren belastet, die allesamt mit negativen Auswirkungen für die Wirtschaft behaftet seien. Am Ende zähle aber wie immer das Prinzip „Erwartungshaltung versus Realität“ – und solange sich der Marktkonsens für verschiedene Themen zuverlässig im deutlich negativen Bereich ansiedele, könne sich der übergeordnete Bullenmarkt weiterhin frei entfalten. Auch wenn gerade in der spätzyklischen Phase eine Menge Geduld gefragt sein werde.
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