„Wir fühlen uns nicht wohl in unserem Land“
Sorge über die sich verschlechternde humanitäre Lage in Westpapua
In ihrem Statement äußern die Delegationsmitglieder ihre Sorge über die sich verschlechternde humanitäre Lage, die sie während ihres Besuchs in Westpapua feststellen konnten. In zahlreichen Begegnungen und Gesprächen mit der Kirchengemeinschaft in Westpapua (PGGPB), mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs), lokalen Unternehmens- und Regierungsvertreter*innen sowie mit Vertreter*innen der indigenen Bevölkerung machte sich die Delegation ein Bild von der Situation vor Ort. Eine Ursache für die schlechte humanitäre Lage sei der Konflikt zwischen den indonesischen Streitkräften und Gruppen in Papua, die als Separatisten betrachtet würden. Berichtet wird außerdem von massiven und systematischen Vertreibungen. Tausende Papuas seien auf der Flucht und hätten ihr Land verloren, das sie seit Generationen bewohnten.
Außerdem seien im Zuge des Konflikts unter anderem Bodenschätze und Minen beschlagnahmt sowie Wälder in Palmölplantagen umgewandelt worden. Vor allem die neuen Palmölplantagen wie in Sorong und Manokwari hätten zu Veränderungen in der sozialen Lebensordnung der indigenen Bevölkerung geführt, da diese Investitionen für die Papua kaum Vorteile mit Blick auf die Befriedigung ihrer Grundbedürfnissen wie Bildung, Gesundheit, Basisinfrastruktur und wirtschaftliche Prosperität brächten.
Den Mitgliedern der Delegation wurde berichtet, dass humanitäre Aktivisten wie Anwält*innen oder Gemeindevertreter*innen sowie kirchliche Mitarbeitende zum Schweigen gebracht würden, indem sie als Rebell*innen stigmatisiert, eingeschüchtert und in einigen Fällen sogar ermordet werden. Folge von Gewalt, Einschüchterung und Vertreibung ist die Traumatisierung insbesondere von Frauen und Kindern.
Die Mehrheit der Papuas lehnte das in Vorbereitung befindliche Gesetz über die Sonderautonomie für die Provinz Papua ab, weil die vorgesehene gesetzliche Beteiligung der indigenen Bevölkerung durch den Volksrat in Westpapua bislang nicht erfolgt sei.
VEM-Moderator zeigt sich tief besorgt über Armut, Unterernährung, Rassismus und Gewalt
Der Moderator der VEM, Pfarrer Dr. Willem T.P. Simarmata, zeigte sich während des Besuchs bestürzt darüber, dass ein Land wie Papua, das mit reichhaltigen natürlichen Ressourcen gesegnet sei, mit Armut und Hunger zu kämpfen habe. Mit Blick auf die vorgefundene Gesamtsituation meinte der indonesische Theologe und Aufsichtsratsvorsitzende der VEM: „Wir sind jedoch auch besorgt über Vorfälle wie Menschenrechtsverletzungen, Armut, Unterernährung bei Kindern, Diskriminierung und Rassismus, die das Volk von Papua auch heute noch erlebt. In der Tat sehen wir an verschiedenen Orten Fortschritte in der Entwicklung. Die Entwicklung der Infrastruktur muss jedoch einhergehen mit dem Wohlergehen der Gemeinschaft, der Schaffung von Gerechtigkeit und Frieden und der Beendigung der verschiedenen Formen von Gewalt gegen die Gemeinschaft.“
Forderung an die indonesische Regierung, den Konflikt in Papua nicht durch Gewalt, sondern durch Dialog zu befrieden
Die Delegation ruft die indonesische Regierung und das Parlament unter anderem dazu auf, die Landrechte der Papua zu schützen, das Gesetz zum Schutz indigener Völker zu ratifizieren, die Rückkehr von Vertriebenen in ihre Wohngebiete zu ermöglichen und deren Schutz zu garantieren. Außerdem solle die Lösung des Konflikts nicht durch Militär und Waffengewalt, sondern durch den Dialog herbeigeführt werden, um die Verletzung von Menschenrechten der Papua zu beenden.
Aufruf an Kirchen und ökumenische Partner zu Solidarität und Fürbitte
In ihrer Erklärung bringen die Delegationsmitglieder ihre Solidarität mit der Papua-Kirche GKI-TP zum Ausdruck. Gemeinsam mit anderen Kirchen, lokalen Regierungen, ökumenischen Partnern, NGOs und der indigenen Bevölkerung wollen sie sich für Gerechtigkeit und Frieden in Westpapua einsetzen. Geschehen soll dies über eine engere Zusammenarbeit und Vernetzung sowie mit der Unterstützung der Opfer von Gewalt und durch Fürbitte.
Solidaritätsbekundung der VEM-Kirchen in Afrika
Kirchenführer*innen aus Afrika, die sich in Botswana zeitgleich versammelten, haben in einer Botschaft als Reaktion auf den Solidaritätsbesuch in Papua ihre Anteilnahme und Verbundenheit mit den Glaubensgeschwistern ausgedrückt. Gemeinsam wollen sie mit dazu beitragen, dass Papuas ohne Angst vor Gewalt und Unrecht in Würde leben können.
Die Evangelische Kirche im Rheinland und die Evangelische Kirche von Westfalen hatten bereits auf ihren Landessynoden 2020 und 2021 Solidaritätsbotschaften verabschiedet.
Angesichts der andauernden Menschenrechtsverletzungen in der östlichsten Provinz Indonesiens, sah sich eine hochrangige Delegation vom 2. bis 9. Februar 2022 zu einem Solidaritätsbesuch bei der Mitgliedskirche der VEM in Westpapua veranlasst. Zur Delegation gehörten Kirchenleiter*innen der VEM-Mitglieder aus Sumatra, Java, Mentawai, Nias und Kalimantan sowie der Moderator der VEM und die Vize-Moderatorin der Region Asien mit den Mitarbeitenden des Regionalbüros Asien der VEM und Vertreter*innen des Indonesischen Rates der Kirchen. Bereits 2019 führte die VEM gemeinsam mit dem Weltkirchenrat und der Christlichen Konferenz Asien einen internationalen Delegationsbesuch nach Indonesien und Papua durch.
Das englischsprachige Original-Statement ist hier herunterladbar.
Die englischsprachige Solidaritätsbotschaft der VEM-Kirchen in Afrika ist hier herunterladbar.
Die Vereinte Evangelische Mission (VEM) mit Büros in Wuppertal, Indonesien und Tansania ist eine internationale, gleichberechtigte Gemeinschaft von 39 Mitgliedern, darunter 32 evangelische Kirchen in Afrika und Asien sowie sechs deutsche EKD-Kirchen und den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Die VEM verfolgt konsequent ein ganzheitliches Missionsverständnis. Dazu gehört, die Lebensumstände notleidender und benachteiligter Menschen unter Achtung ihrer persönlichen Würde und Berücksichtigung ihres kulturellen Kontexts zu verbessern.
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