Finanzen / Bilanzen

Jeder Deutsche gab 3.600 Euro weniger aus

Geringere Wirtschaftsleistung und weniger privater Konsum: Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zieht nach zwei Jahren Pandemie Bilanz. Die Wirtschaft hat kaum Zeit, sich zu erholen, der Ukraine-Krieg wird gravierende ökonomische Folgen haben.

 

Seit zwei Jahren bestimmt die Corona-Pandemie Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland. Neue IW-Berechnungen zeigen, dass die Deutschen in dieser Zeit rund 300 Milliarden Euro weniger ausgegeben haben als in einer Welt ohne Corona. Das entspricht etwa 3.600 Euro pro Kopf. Preisbereinigt lagen damit die Konsumausgaben aller privater Haushalte um mehr als acht Prozent unter dem Konsumniveau von 2020 und 2021 ohne Corona-Einbrüche. Hauptursache sind einerseits eingeschränkte Einkaufs- und Freizeitangebote sowie andererseits die höhere Inflation. Den hohen Konsumausfällen stehen jedoch deutlich höhere Einsparungen gegenüber: In den beiden Corona-Jahren übertraf das private Sparen den vorherigen Durchschnittswert um jeweils rund 100 Milliarden Euro – die Sparquote der privaten Haushalte sprang in den Jahren 2020 und 2021 von elf auf durchschnittlich 15,5 Prozent. 

Größte Einbußen bei Dienstleistern und Industrie

Den IW-Berechnungen zufolge verlor die deutsche Wirtschaft aufgrund der Pandemie rund 340 Milliarden Euro Wertschöpfung gegenüber einem Wirtschaftsverlauf ohne Pandemie. Die höchsten Einbußen verzeichneten dabei der Dienstleistungssektor und die Industrie. So entfallen knapp 60 Prozent der bisherigen Wertschöpfungsausfälle auf die Dienstleister – das entspricht mehr als 200 Milliarden Euro. Besonders stark betroffen sind Kunst und Kultur, Sport und persönliche Dienstleistungen, aber auch Handel und das Gastgewerbe. Auf das verarbeitende Gewerbe entfällt mehr als ein Drittel der Einbußen. Weitestgehend unbeschadet kamen hingegen die Bauwirtschaft und der Agrarsektor durch die Krise. 

Erste Erholungseffekte

Anhaltende Erholungen zeigen sich bislang vor allem im Außenhandel: Im Schlussquartal 2021 lagen die preisbereinigten Importe und Exporte über dem Jahresdurchschnitt von 2019. Positiv ausgewirkt hat sich dabei die zügige und kräftige Erholung beim Welthandel. Im Bereich der Importe dürften die eingeschränkten Logistikkapazitäten eine stärkere Normalisierung gebremst haben. „Gegenüber einer Welt ohne Corona bleiben deutliche Defizite. Zwar war die deutsche Wirtschaft auf dem Weg der Erholung, doch der Krieg in der Ukraine zögert die Rückkehr zur ökonomischen Normalität weiter hinaus“, sagt IW-Ökonom Michael Grömling. 

Auswirkungen des Ukraine-Krieges

In dieser fragilen Situation ist die nächste ökonomische Krise besonders gefährlich. Die hohe Inflation und gestörte Lieferketten belasten viele Unternehmen. „Die tragischen Ereignisse in der Ukraine bringen großes Leid über die Menschen vor Ort. Die langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft sind noch kaum abzusehen“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Wir beobachten in einigen Branchen Produktionsstopps aufgrund der hohen Energiepreise, bereits vor der Invasion. Wenn diese in der Breite greifbar werden, droht ein Anstieg der Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit.“

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