Stellungnahmen der Kirchen zum Krieg in der Ukraine
Gemeinsame Erklärung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK)
Kurz nach dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine forderten sie eine sofortige Beendigung der Invasion, die Beachtung des Völkerrechts sowie konkrete Friedensbemühungen aller Beteiligten. „Wir sind erschüttert über die aktuelle Entwicklung und rufen die Russische Föderation dazu auf, weitere Aggressionen zu unterlassen. Russland muss die militärischen Angriffe unverzüglich stoppen und die territoriale Integrität der Ukraine vollumfänglich anerkennen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine gefährdet das Friedensprojekt Europa“, so die Vorsitzende des Rates der EKD, Präses Annette Kurschus, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing in einer gemeinsamen Erklärung. „Wir wissen uns ökumenisch in dieser angespannten politischen Lage besonders miteinander verbunden und sind in Gedanken bei den Menschen in der Ukraine. Die Ukraine mit ihrem reichen Kulturerbe hat ein Recht auf nationale Selbstbestimmung, die in diesen Tagen mit Füßen getreten wird. Als Christen glauben wir, dass Frieden möglich ist und verschlossene Türen wieder geöffnet werden können“, so Präses Kurschus und Bischof Bätzing. Gemeinsam riefen sie zum Gebet für die Opfer der Gewalt und mit ihnen auf.
Katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK)
Auf ihrer Frühjahrs-Vollversammlung hat die DBK am 10. März eine Erklärung mit dem Titel „Der Aggression widerstehen, den Frieden Gewinnen, die Opfer unterstützen“ verabschiedet. Darin wird sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob militärische Unterstützung der Ukraine, wie z. B. Waffenlieferungen“ aus kirchlicher Sicht moralisch gerechtfertigt sei, und kommen zu dem Schluss: „Rüstungslieferungen an die Ukraine, die dazu dienen, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann, halten wir deshalb für grundsätzlich legitim.“ Die Stellungnahme kann unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2022/2022-034a-Anlage1-FVV-Vierzehnheiligen-Pressebericht_Ukraine-Erklaerung.pdf heruntergeladen werden.
Evangelische Kirche in Deutschland
Die Evangelische Kirche in Deutschland verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine: „Es kommt auf uns an, den leidenden Menschen in der Ukraine, den verängstigten Menschen in unseren Nachbarländern, unsere Solidarität zu zeigen, keine billige, sondern eine, die uns etwas kostet. Es kommt auf uns an, den Menschen in Russland, die sich gegen den Krieg stellen, unsere Achtung zu bezeugen. Es kommt auf uns an, den Menschen, die flüchten, zu helfen und ihnen Wege zu öffnen, damit sie ihr Leben retten können.“, so die Ratsvorsitzende der EKD, Annette Kurschus. Dabei zeigt sie Verständnis für Waffenlieferungen in die Ukraine, mahnt aber gleichzeitig zur Zurückhaltung. Die Ukrainer „brauchen mehr als unser Mitgefühl und unsere Gebete“, sagte Kurschus den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ihr Land sei willkürlich und bösartig überfallen worden, sie hätten das Recht, sich zu verteidigen“, so die EKD-Ratsvorsitzende laut dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland
Die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland hat „die Invasion und den völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine“ in einer Erklärung verurteilt. Sie ruft darin gleichzeitig zu Frieden und Verständigung auf. Die Erklärung wurde am 14. März in Dortmund veröffentlicht, wie die evangelische Nachrichtenagentur IDEA berichtete.
In der Erklärung heißt es weiter: „Krieg kann und darf kein Mittel der Durchsetzung politischer Ziele sein.“ Man unterstütze den Aufruf der Bischöfe in der Ukraine und der russischen Bischöfe in Deutschland zu Gebet und tätiger Hilfe für die Menschen in der Ukraine und für die Flüchtlinge. Außerdem werden alle orthodoxen Gläubigen in Deutschland gebeten, „für die Einheit unserer Kirchengemeinden und Diözesen in Deutschland einzustehen“. In einem besonderen Schreiben bitten die Bischöfe alle orthodoxen Kirchengemeinden und Gläubigen, Hilfsinitiativen ins Leben zu rufen bzw. nach Kräften bereits bestehende Projekte zu unterstützen. Zugleich sollen sie verstärkt für die Betroffenen und ein schnelles Ende des Krieges beten. Zu der Bischofskonferenz unter Vorsitz von Metropolit Augoustinos (Bonn) gehören Repräsentanten der sieben in Deutschland tätigen orthodoxen Kirchen. Die Vertreter der Russischen Orthodoxen Kirche arbeiten seit 2018 nicht mehr mit.
Kritik an Orthodoxer Kirche in Russland
Weil die Russisch-Orthodoxe Kirche als bisher einzige Religionsgemeinschaft nach den Worten ihres Patriarchen Kyrill den Krieg Russlands gegen die Ukraine weiterhin rechtfertigt, wächst die Kritik aus anderen orthodoxen Kirchen. Neben den orthodoxen Kirchen in West- und Osteuropa hat nicht nur die autokephale (eigenständige) orthodoxe Kirche der Ukraine sondern auch die die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats den Krieg scharf verurteilt.
Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK)
Die Mitgliederversammlung der ACK in Deutschland verurteilte auf ihrer Mitgliederversammlung am 17. März in Wittenberg „die völkerrechtswidrige Invasion und den Krieg in der Ukraine. Wer Krieg und Leid verbreitet, widerspricht dem Bekenntnis zu Jesus Christus. Solche Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Botschaft Jesu Christi ist für uns alle verbindlich: ‚Selig, die Frieden stiften‘ (Mt 5,9).“
Weiter heißt es: „Wir rufen alle Geschwister im Glauben dazu auf, in dem uns verbindenen Geist Jesu Christi Zeugnis für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung zu geben. Keine christliche Kirchenleitung darf das Evangelium Jesu Christi im Streit um politische Interessen missbrauchen. Wir nehmen bestürzt zur Kenntnis, dass dies geschieht. Wir klagen mit den Leidtragenden und trauern um die Opfer des Krieges in der Ukraine. Wir wenden uns zugleich gegen jede Stigmatisierung von Menschen russischer Herkunft und Angriffe gegen sie und ihre Gotteshäuser.“ Die ACK äußert sich „dankbar für die große Hilfsbereitschaft in Deutschland und weltweit – unabhängig von Religions- und Konfessionszugehörigkeit. Wir freuen uns insbesondere darüber, dass viele Projekte in ökumenischer Gemeinschaft gestaltet werden.“ Die Erklärung schließt mit einem Aufruf zum Gebet „um Geisteskraft und Ideenreichtum für die Verantwortlichen zur Versöhnung. Wir vertrauen auf die Kraft des Gebets für den Frieden. Wir rufen alle Kriegstreibenden zur Umkehr. Der Krieg muss sofort beendet werden! Wir bekennen Jesus Christus. Er ist unser Friede (Eph 2,14).“
Über den ACK
Die ACK repräsentiert etwa 50 Millionen Christen in Deutschland. Ihr gehören 18 Kirchen an, weitere sieben Kirchen sind Gastmitglieder, darunter auch die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Fünf ökumenische Organisationen haben Beobachterstatus.
Evangelische Allianz in Deutschland (EAD)
Am 4. März veröffentlichte die EAD eine Erklärung zum Krieg in der Ukraine. Darin heißt es: „Wir sind erschüttert über die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine. Die Zahl der Todesopfer steigt, Bomben fallen auf die Zivilbevölkerung, Hunderttausende fliehen … Viele Menschen haben sich einen derartigen Völkerrechtsbruch in Europa nicht vorstellen können …Gerade jetzt gilt: Krieg ist die Zeit der Friedensstifter. Dem Frieden nachzujagen, in einer oft so friedlosen Welt, sowohl im persönlichen Leben wie in politischen Zusammenhängen, gehört zur Kernberufung der Nachfolger des Friedensstifters Jesus Christus … Wir ermutigen die Politiker in Deutschland und Europa, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die den Mächtigen Russlands Einhalt gebieten und zum Frieden führen, und dabei das Augenmaß zu behalten, damit nicht vor allem die armen Bevölkerungsschichten in Russland zu den Hauptleidtragenden der Sanktionen werden …Wir beten für die Menschen, die in der Ukraine und in Russland unter diesem Krieg leiden; für diejenigen, in Todesangst sind oder nahestehende Menschen verloren haben … für die politisch verantwortlichen Personen auf allen Seiten, dass die Waffen schweigen und bei den Aggressoren die Einsicht wächst, dass Gewalt niemals ein Mittel der Auseinandersetzung sein darf. Wir beten für Politiker, dass sie sich aktiv um die Organisation des Friedens bemühen und nicht nur friedfertige Absichten bekunden … Wir fordern auf, Organisationen logistisch und finanziell unterstützen, die Menschen in der Ukraine in dieser Notlage Hilfe leisten und die Flüchtenden in den Nachbarländern versorgen. Lasst uns Flüchtlinge willkommen heißen, ihnen beistehen und praktisch helfen, wo immer wir können. Wir danken allen, die hier bereits aktiv helfen.“ Die vollständige Erklärung ist unter https://www.ead.de/aktuelles/nachrichten/ zu lesen.
Über die EAD
Die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) mit Sitz in Bad Blankenburg (Thüringen) ist ein eingetragener Verein, dem sich ein Netzwerk von Christen und Organisationen aus verschiedenen protestantischen Kirchen und Gemeinschaften zugehörig fühlt. Zum Netzwerk der EAD gehören ca. 1000 örtliche Allianzkreise, in denen sich Christen aus verschiedenen lokalen Gemeinden und Organisationen, aus Landes- und Freikirchen sowie christlichen Gruppen und Werken treffen, um vor Ort zusammenzuarbeiten. Die EAD ist Mitglied der weltweiten Evangelischen Allianz, die mit 600 Mio. Mitgliedern in 129 Ländern international die größte kirchliche Vereinigung nach der Römisch-katholischen Kirche ist.
Russische Evangelische Allianz (REA) distanziert sich in offenem Brief vom Krieg
In einem offenen Brief an seine Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt bringt Vitaly Vlasenko, Generalsekretär der Russischen Evangelischen Allianz, seine Trauer über die Entscheidungen der russischen Regierung zum Ausdruck und fährt fort: „Heute entschuldige ich mich als Bürger und als Generalsekretär der REA bei allen, die infolge dieses militärischen Konflikts gelitten, Angehörige und Verwandte oder ihren Wohnsitz verloren haben.“ In seinem Brief erklärt Vlasenko auch, dass sein Gebet die gemeinsamen Beziehungen betrifft. Er bittet Gott um Kraft für Solidarität und Vergebung.
Vlasenko hat nach eigenen Angaben persönlich alles getan, „um einen Krieg zu verhindern“. Noch am Tag vor dem Einmarsch habe er Russlands Präsidenten Wladimir Putin ebenfalls in einem Offenen Brief aufgefordert, eine friedliche Lösung in dem Konflikt zu suchen. Die Russische Evangelische Allianz hat zum Gebet für den Frieden aufgerufen. Im Süden Russlands betreut sie etwa 500 Flüchtlinge aus der
Ukraine. Vlasenko schließt seinen Brief mit dem Wunsch: „Möge unser himmlischer Vater uns allen helfen.“
Über die REA
Die Russische Evangelische Allianz wurde 2003 gegründet. Sie vertritt nach eigenen Angaben 450.000 Christen in 4.500 Gemeinden. Unter den 144 Millionen Einwohnern Russlands leben etwa eine Million Protestanten. Nach Angaben der russischen Botschaft in Berlin sind 75 Prozent der Einwohner des Landes orthodox.
Europäische Evangelische Allianz (EEA)
Die Europäische Evangelische Allianz verurteilt alle Angriffe auf die Ukraine. Generalsekretär Thomas Bucher sagte: „Wir sehen keine Rechtfertigung für diese Aktionen und sind zutiefst erschüttert über Tod, Zerstörung, Chaos und Elend, die daraus resultieren werden.“
Der Einmarsch in die Ukraine sei sowohl ungerechtfertigt als auch unprovoziert. „Es wurde behauptet, der Angriff sei notwendig, um ethnische Russen in der Ukraine zu schützen und die Ukraine davon abzuhalten, Russland zu bedrohen. Diese Behauptungen sind unwahr. Diese Katastrophe wurde von Präsident Putin aus umfassenderen geopolitischen Gründen herbeigeführt.“ Russland und die Ukraine seien beides souveräne Nationen, die in der Lage sein müssten, in Frieden miteinander zu leben und die Grenzen sowie die internen und geopolitischen Angelegenheiten des jeweils anderen zu respektieren.
Die EEA ruft die Christen auf, für alle zu beten, die leiden, und für diejenigen, die die Macht haben, Leben zu retten, humanitäre Hilfe zu leisten und Schutz zu bieten. Ebenso soll für alle gebetet werden, „die die Macht haben, den Krieg zu beenden und einen langfristigen Frieden zu schaffen.“
Weltweite Evangelische Allianz (WEA)
Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) schließt sich der Europäischen Evangelischen Allianz (EEA) an und verurteilt die Verletzung des Völkerrechts durch Russland und fordert ein sofortiges Ende der Angriffe auf die Ukraine. Die WEA und die EUA rufen die Kirchen in aller Welt auf, für die Wiederherstellung des Friedens zu beten.
Der Generalsekretär der WEA, Bischof Dr. Thomas Schirrmacher, sagte: „Wir sind zutiefst besorgt, dass wir erneut Zeuge eines bewaffneten Konflikts werden, der unweigerlich zu tragischen Verlusten an Menschenleben führt, darunter auch unschuldige Zivilisten, die nur in Frieden leben wollen. Wir fordern ein Ende der Feindseligkeiten, einen sofortigen Waffenstillstand und die Achtung der territorialen Integrität der Ukraine.“
Weitere kirchliche Stellungnahmen
Bisherige Stellungnahmen der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten zum Krieg in der Ukraine sind folgenden APD-Meldungen zu entnehmen:
Krieg in der Ukraine: Adventistische Kirchenleitungen in Deutschland, der Schweiz und weltweit rufen zum Gebet für den Frieden auf (https://www.apd.info/2022/02/25/krieg-in-der-ukraine-adventistische-kirchenleitungen-in-deutschland-der-schweiz-und-weltweit-rufen-zum-gebet-fuer-den-frieden-auf/)
Kirchenleitung der Adventisten für die Euro-Asien-Region ruft zu Gebet und Taten der Nächstenliebe auf (https://www.apd.info/2022/03/11/kirchenleitung-der-adventisten-fuer-die-euro-asien-region-ruft-zu-gebet-und-taten-der-naechstenliebe-auf/)
Kirchenleiter der Adventisten in Deutschland rufen zum Frieden in ihren Gemeinden auf (https://www.apd.info/2022/03/09/kirchenleiter-der-adventisten-in-deutschland-rufen-zum-frieden-in-ihren-gemeinden-auf/)
Eine Auflistung von Stellungnahmen von verschiedenen Kirchen in Europa zum Krieg in der Ukraine ist unter https://www.ceceurope.org/reactions-from-churches-on-russian-aggression-in-ukraine/ zu finden.
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