ZdK-Präsidentin mahnt faire Verteilung Geflüchteter aus der Ukraine an: „Wir müssen das Tempo der Integration erhöhen“
Wie schon in der Vergangenheit im Syrienkrieg stehe Europa vor der Frage, „ob es eine faire Verteilung geben wird“. Putin und seine Gefolgsleute hätten die größte humanitäre Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa ausgelöst. „Die absolute Mehrheit der Geflüchteten sind junge Frauen und ihre Kinder. Im Gegensatz zu den überwiegend jungen Männern aus Syrien wird ihnen aktuell sehr viel Sympathie und Herzenswärme entgegengebracht. Doch wann sind die Kapazitäten der Nachbarländer der Ukraine – also Polen, Rumänien, Moldau, die Slowakei und Ungarn – erschöpft?“ Deutschland müsse unter Umständen noch deutlich mehr Geflüchtete aufnehmen als bislang.
Die Tatsache, dass Personen aus der Ukraine bis zu 90 Tage visumfrei in Deutschland bleiben können, berge eine Gefahr. „Je früher nach der Einreise registriert wird, um so wirksamer lässt sich staatlicherseits verfolgen, wo Scharlatane am Werk sind. Die ersten Vergewaltigungen, die ernsten Hinweise auf die Gefahr, dass Menschenhändler die Situation ausnutzen, sind da und wir sollten sie nicht als Einzelfälle abtun. Gerade an den Bahnhöfen fordern wir eine Stärkung der Polizeipräsenz zur Unterstützung der Arbeit der ökumenisch getragenen Bahnhofsmissionen, der NGOs und der Initiativen, die sich überall zur Unterstützung der Geflüchteten gebildet haben.“ Eine weitere Forderung betreffe die Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse. „Das Tempo ist dringend zu erhöhen.“
Andrij Waskowycz, Journalist und bis 2021 Präsident der Caritas Ukraine, berichtete vor dem Hauptausschuss über die humanitäre Lage in der Ukraine. Er machte klar, dass man in der Ukraine bereits 2021 mit einer russischen Aggression rechnete. „Die Caritas arbeitete schon im April 2021 Notfallpläne aus.“ Dabei sei sowohl daran gedacht worden, dass Russland nur einen Teil der Ukraine angreife, aber unter Umständen auch die ganze Ukraine. Im Februar sei man dennoch „geschockt von der Wucht dieses Angriffs“ gewesen. Die Ukrainerinnen und Ukrainer seien mit großer Tapferkeit dagegen vorgegangen. Ihr Gemeinwesen funktioniere „nach den Prinzipien der katholischen Soziallehre“. In der Ukraine werde jeden Tag daran gearbeitet, westliche, demokratische Werte zu verwirklichen.“ Nun brauche es eine fortlaufende Stärkung der ukrainischen Zivilgesellschaft und die Stärkung der Strukturen, damit Hilfe zu den Menschen komme. Die Kirchen spielten zwar eine ambivalente Rolle, im „Allukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen“ gelinge es aber, gemeinsame Erklärungen zu verabschieden, für den sozialen Frieden in der Gesellschaft. Sie richteten sich auch gegen die Instrumentalisierung der Religionsgemeinschaften.
Nils Wörmer, Leiter der Abteilung Internationale Politik und Sicherheit der Konrad-Adenauer-Stiftung, referierte über die Frage, wie sich die Sicherheitspolitik in Europa verändere. In der fünften Woche des russischen Angriffskriegs müsse konstatiert werden: „Was da passiert, ist unvorstellbar.“ Die russischen Streitkräfte hätten bereits mehr Soldaten verloren als die westlichen Streitkräfte in 20 Jahren Afghanistan-Einsatz. „Das sind Gefechte hoher Intensität.“ Der Westen habe die Lage falsch eingeschätzt, man habe nicht geglaubt, dass Russland in diesen Krieg geht. Aber auch die russische Seite sei einer falschen Annahme aufgesessen, nämlich der, die Mehrheit der Ukrainer würde die Russen als Befreier begrüßen. Dass Russland nicht schnell siege und damit die Möglichkeit habe, weitere Länder anzugreifen, habe man „dem aufopferungsvollen Einsatz der Ukrainer zu verdanken“.
Deutschland sei in dieser Lage „Konfliktpartei, aber nicht Kriegspartei.“ Man leiste humanitäre Hilfe und liefere Waffen, habe aber kein Nato-Bündnis mit der Ukraine. Deshalb könne man auch nicht den Luftraum sichern. „Eine Flugverbotszone betrachtet Russland als Rote Linie“.
Der Hauptausschuss des ZdK rief dazu auf, Gebetsanliegen wie das der Gemeinschaft von Sant‘Egidio zu unterstützen (www.santegidio.org), ebenso ein Hilfsprojekt des Osteuropa-Hilfswerks der katholischen Kirche, Renovabis. In der Republik Moldau arbeitet Renovabis seit einigen Jahren mit der Stiftung „Optima Fide“ zusammen. Aktuell bietet Optima Fide geflüchteten Ukrainerinnen und ihren Kindern Sozialwohnungen an sowie medizinische, psychologische und juristische Unterstützung. Den Frauen wird bei der Suche nach einem Arbeitsplatz geholfen, Kinder können Kindergärten und Schulen besuchen.
Spenden für dieses Projekt: Renovabis e.V:, IBAN: DE24 7509 0300 0002 2117 77
BIC: GENODEF1M05, LIGA Bank eG, Stichwort: Optima Fide
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