Joachim Ullrich neuer Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
„Wir glauben an den Gedanken, dass Wissenschaft verbindet“, sagt der neue DPG-Präsident und unterstreicht damit ein zentrales Leitbild der DPG. „Echte Wissenschaft funktioniert dauerhaft nur in Freiheit, im offenen Diskurs, angstfrei in pluralistischer Diskussion.“
Der Krieg in der Ukraine verdeutliche unmissverständlich, wie wichtig es sei, sich als DPG mit ganzer Kraft dafür einzusetzen, die Brücken für einen freien Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Meinungen über Ländergrenzen und Kulturen hinweg zu erhalten. Dazu zählen insbesondere auch konkrete Maßnahmen, die sein Vorgänger initiiert hat.
Ein wichtiges Anliegen des neuen DPG-Präsidenten ist die Nachwuchsförderung. „Zur Nachwuchsförderung gehört auch, als DPG einen Beitrag zu leisten, die negativen Folgen der Corona-Pandemie für junge, schulpflichtige Menschen abzumildern. Das schließt die Lehrkräfte mit ein“, betont Ullrich. Erst kürzlich hat die DPG zusammen mit anderen mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachgesellschaften ein Positionspapier zur Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften herausgegeben, mit der Forderung, dass die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungs-Angeboten deutlich zu erleichtern sei.
Eine gute naturwissenschaftliche Bildung sei die Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe und einen auf Fakten basierenden Diskurs, ist Joachim Ullrich überzeugt. „Wir müssen die Gesellschaft und die Politik bei ihren Entscheidungen unterstützen“, sagt Ullrich, „und dafür die wissenschaftliche Basis liefern.“ Dies gilt nicht zuletzt auch für die Herausforderungen in den Bereichen Klima und Energieversorgung.
Für die DPG bedeutet dies nach Ansicht von Ullrich: „Wir müssen uns einmischen, vielleicht mehr denn je! Wir müssen die Gesellschaft und die Politik dabei unterstützen, den richtigen Weg zu finden, ohne dabei – und das halte ich für extrem wichtig – selbst politisch zu werden!“
Für dieses Einmischen sei die weitere Stärkung der DPG-Kommunikation nötig. Dazu zähle auch zu vermitteln, wie Wissenschaft arbeitet; da gäbe es noch große Missverständnisse in der Gesellschaft. Bei dieser Vermittlung sieht er auch die DPG in der Verantwortung, Wissenschaftlerinnen sowie Wissenschaftler, die sich zu aktuellen Themen, wie etwa zur Pandemie oder zum Klimawandel wissenschaftlich äußern, zu unterstützen sowie vor Anfeindungen zu schützen.
Der Erfolg der DPG bei all ihren Aktivitäten ist untrennbar mit einer lebendigen, kreativen und inspirierenden Vereinskultur verbunden, ist Joachim Ullrich überzeugt: „Unsere Mitglieder sind das Herz unseres Vereins, begeisterte Mitglieder sind zudem die besten Botschafter, die beste Quelle für neue Mitglieder. Ich werde deshalb alles dafür tun, die Attraktivität der DPG für unsere Mitglieder zu bewahren, ja zu steigern, und – vor allem auch – auf neue Gruppen aufzuweiten.“
Zum Werdegang von Prof. Dr. Dr. h. c. Joachim H. Ullrich
Joachim Ullrich wurde 1956 in Edenkoben, Rheinland-Pfalz, geboren. Er studierte Geophysik und Physik an der Universität Frankfurt, wo er nach dem Diplom 1983 auch promoviert wurde und sich 1994 über Rückstoßionen-Impulsspektroskopie habilitierte. Von 1989 bis 1997 war er als wissenschaftlicher Angestellter an der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt tätig, wo er die Entwicklung der Rückstoßionenspektroskopie maßgeblich vorantrieb. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Kansas State University und einer Gastprofessur an der University of Missouri 1995 erhielt er 1997 einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Experimentalphysik an die Universität Freiburg.
Dort brachte er seine Abteilung schnell in das internationale Spitzenfeld. 1999 wurde Joachim Ullrich der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Förderpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft zuerkannt.
Mit der Berufung als Direktor an das Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) baute er dort seit 2001 die Abteilung „Experimentelle Mehrteilchen-Quantendynamik“ auf. Als geschäftsführender Direktor des MPIK von 2002 bis 2006 wirkte er maßgeblich an einer zukunftsträchtigen wissenschaftlichen Ausrichtung des Instituts mit. Darüber hinaus brachte er sich als persönlicher Ordinarius seit 2002 aktiv in den Lehrbetrieb an der Universität Heidelberg ein.
Besondere Verdienste hat sich Joachim Ullrich um die Nutzung von Freie-Elektronen-Lasern (FEL) erworben – das sind Quellen von Röntgenstrahlung höchster Intensität und Qualität. Seit 2006 war er Leiter der Max Planck Advanced Study Group am „Hamburger Center for Free Electron Laser Science“ (CFEL), das er ab 2008 als Vorsitzender des CFEL Management Boards federführend mit aufbaute. Zu den international bedeutenden Errungenschaften zählt die Entwicklung der CAMP-Multifunktions-Messapparatur. Hiermit wurden am weltweit ersten Röntgen FEL in Stanford bahnbrechende Experimente durchgeführt zur Abbildung zunehmend komplexer Systeme von Molekülen bis zu Clustern, Biomolekülen und biologischen Proben wie z. B. Viren.
Joachim Ullrich wurde für seine wissenschaftlichen Arbeiten vielfältig national und international ausgezeichnet. So erhielt er 2006 zusammen mit Robert Moshammer den Philipp Morris Forschungspreis und 2021 die Stern-Gerlach Medaille, die höchste Auszeichnung der DPG für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der experimentellen Physik.
Im Jahr 2012 wurde Joachim Ullrich zum Präsidenten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) berufen. Ein Jahr später wurde er zum zweiten Stellvertreter im Präsidium des Deutschen Instituts für Normung e. V. gewählt sowie zum Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech). Im Rahmen der Meterkonvention wurde Joachim Ullrich Mitglied im International Committee for Weights and Measures (CIPM), ist seit 2015 dessen Vizepräsident sowie mit Beginn des Jahres 2014 Präsident des Consultative Committee for Units (CCU).
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit rund 55.000 Mitgliedern auch mitgliederstärkste physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de
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