Gesundheit & Medizin

„Neuroenhancement – Riskantes Hirndoping oder legitime Leistungsstütze?“

Neuroenhancement ist der Versuch, kognitive Fähigkeiten oder die psychische Befindlichkeit gesunder Menschen durch die Einnahme psychoaktiver Substanzen gezielt zu stimulieren und zu steigern. Es ist ein Phänomen, welches in einer von Leistungsdruck und Leistungsbereitschaft geprägten Gesellschaft für breite Bevölkerungsteile von großer Aktualität ist. Das 21. Suchtforum in Bayern, das am 27. April 2022 als Web-Seminar angeboten wird, widmet sich dem Thema „Neuroenhancement – Riskantes Hirndoping oder legitime Leistungsstütze?“ und wirft einen Blick auf die verschiedenen Facetten des Neuroenhancements. Die Experten warnen vor einer unbedachten Einnahme von Neuroenhancern. Vielmehr soll genau hinterfragt werden, aus welchen Beweggründen zu den leistungssteigernden Mitteln gegriffen wird, sowie über deren Risiken aufgeklärt und auf mögliche Alternativen hingewiesen werden.

Zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit oder der psychischen Befindlichkeit werden von bestimmten Personengruppen in unserer Gesellschaft Arzneimittel auch ohne medizinische Notwendigkeit oder illegale Substanzen konsumiert. Professor Dr. med. Oliver Pogarell, 1. Vorsitzender der Bayerischen Akademie für Suchtfragen (BAS), hinterfragt dabei Hintergrund und Wirksamkeit des Einsatzes: „Motive dafür könnten Leistungsdruck und Stresserleben am Arbeitsplatz oder in der Ausbildung sein. Inwiefern durch den Konsum dieser Substanzen tatsächlich die gewünschten Effekte erreicht werden, ist angesichts mangelnder Evidenz fraglich. Zudem stellt sich die Frage, ob die Entscheidung für den Konsum wirklich frei getroffen werden kann oder eher durch den Druck von außen, im Wettbewerb mithalten zu können, beeinflusst wird.“

Dr. med. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), erklärt: „Neuroenhancement oder Hirndoping ist kein neues gesellschaftliches Phänomen. Menschen haben immer schon versucht, durch den Einsatz von Wirkstoffen oder Substanzen die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern oder bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie Schüchternheit oder Selbstwertprobleme positiv zu beeinflussen. Bei der ganzen Diskussion um Hirndoping und ‚Happy Pills‘ sollten wir aber nicht vergessen, dass statt der Einnahme verschiedener Substanzen eine Stärkung der kognitiven Leistungsfähigkeit insbesondere durch Bewegung, gesunde Ernährung, verschiedene Meditationsformen oder die Vermeidung von Schlafmangel erreicht werden kann.“

Ulrich Koczian, Vizepräsident der Bayerischen Apothekerkammer (BLAK) warnt ausdrücklich vor dem zu sorglosen Umgang mit Neuroenhancern in weiten Teilen der Bevölkerung: „Von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, wie Antidementiva über Psychostimulanzien bis hin zu sogenannten ‚soft doping‘ mit nicht verschreibungspflichtigen Präparaten, wie Coffein. Das Spektrum der Neuroenhancer ist genauso breit wie das der nachfragenden Kundschaft in der Apotheke: Angefangen von Eltern, die für ihre Kinder in Prüfungszeiten ‚Unterstützungsmittelchen‘ suchen bis hin zum Manager, der sich eine dauerhafte geistige Spitzenleistung erhofft.“ Eine der wichtigsten Aufgaben für die Apotheken vor Ort sei es, über Nutzen und Risiken von Neuroenhancern aufzuklären und Alternativen aufzuzeigen. „Der einfache Bezugsweg von dubiosen Wundermitteln zur Leistungssteigerung über das Internet stellt hier aber zunehmend ein großes Problem dar“, so Koczian. Denn der Gedanke „IQ-Doping mit Mitteln, die man einfach so über den Online-Handel bekommt, kann ja nicht gefährlich sein“ ist ein Trugschluss – hier bedarf es noch massiver Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung! Denn dem meist unbewiesenen Nutzen einer Verbesserung mentaler Eigenschaften und psychischer Fähigkeiten stehen bedeutende gesundheitliche Risiken gegenüber, beispielsweise die Entwicklung einer Abhängigkeit.

Professor Dr. Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der Bayerischen Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PTK Bayern), weist auf die vielfältigen Probleme und Fragen aus psychotherapeutischer Sicht hin, die im Zusammenhang mit Neuroenhancement und der zunehmenden Verwendung entsprechender Medikamente aufkommen können: „Beim Einsatz der einzelnen Präparate treten konkrete Risiken auf, wie beispielsweise Schlaflosigkeit, sozialer Rückzug und depressive Verstimmungen, aber auch das Abhängigkeitspotential bestimmter Substanzen. Hinzukommen auch allgemeinere Fragen, beispielsweise wie wir mit persönlichen Grenzen, Perfektionismus und Selbstoptimierung umgehen wollen und welche Auswirkungen dies auf unsere Lebensqualität bzw. -zufriedenheit haben wird. Letztendlich stellt sich darauf aufbauend auch die Frage, wie wir unser zukünftiges gesellschaftliches Leben gestalten wollen. Der Konsum von Neuroenhancern kann auch den gesellschaftlichen Konkurrenzkampf stützen und die soziale Ungerechtigkeit verstärken, weil fehlende finanzielle Mittel oder Sorge um die eigene Gesundheit die Wettbewerbschancen von Menschen mindert, die kein Neuroenhancement nutzen.“

Das 21. Suchtforum wird gemeinsam von BAS, BLÄK, BLAK und PTK Bayern am 27. April 2022 online als Web-Seminar veranstaltet. Zielgruppe sind vor allem Ärzt*innen, Apotheker*innen, Psychologische Psychotherapeut*innen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen, Mitarbeiter*innen von Suchthilfeeinrichtungen, Suchtberatungsstellen sowie weitere mit dem Thema Abhängigkeitserkrankungen befasste Berufsgruppen.

Anmeldung über die Webseite:
https://register.gotowebinar.com/register/3973838852983897101

Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS)

Die BAS beschäftigt sich als Transferinstitut zwischen Forschung und Praxis mit wissenschaftlichen und praxisbezogenen Fragestellungen der Prävention und Behandlung von Suchterkrankungen. Sie wurde im Herbst 1997 mit dem Zweck gegründet, die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesens im Suchtbereich gezielt zu fördern. Zum Themenkreis der BAS gehören körperliche und psychosoziale Störungen beziehungsweise Krankheiten im Zusammenhang mit Alkohol, Nikotin, illegalen Drogen und psychoaktiv wirkenden Medikamenten. Darüber hinaus befasst sie sich auch mit den sog. nicht-substanzgebundenen bzw. Verhaltenssüchten wie dem pathologischen Glücksspielen. Auch weitere mit Abhängigkeitsstörungen assoziierte Gesundheitsthemen wie z. B. Angststörungen, Depressionen oder Essstörungen werden behandelt. Ein zentrales Ziel der BAS besteht in der Förderung des Transfers zwischen Wissenschaft und Praxis. Neben der jährlichen Vortragsreihe organisiert sie regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen und Tagungen.

Bayerische Landesapothekerkammer − Körperschaft des öffentlichen Rechts (BLAK)

Die BLAK ist die Berufsvertretung der bayerischen Apothekerinnen und Apotheker. Sie ist Körperschaft des öffentlichen Rechts und unterliegt der Aufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege. Die Apothekerkammer wacht über die Erfüllung der Berufspflichten durch die Apothekerinnen und Apotheker und vertritt die beruflichen Interessen der Apothekerschaft gegenüber Politik und Gesellschaft. Darüber hinaus bietet sie ihren über 15.000 Mitgliedern eine Vielzahl an unterstützenden Dienstleistungen und Services, wie zum Beispiel ein breites Angebot an Fort- und Weiterbildungen oder ein apothekenspezifisches Qualitätsmanagementsystem. Die Apothekerkammer gewährleistet durch ihre Mitglieder eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und trägt damit aktiv zum Patienten- und Verbraucherschutz bei.

Bayerische Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PTK Bayern) Körperschaft des öffentlichen Rechts

Die PTK Bayern ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Berufsvertretung der rund 9.160 Psychologischen Psychotherapeut*innen und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen in Bayern. Nach dem Heilberufe-Kammergesetz (HKaG) gehört es zu den wesentlichen Aufgaben der Heilberufekammer, die beruflichen Belange ihrer Mitglieder wahrzunehmen, die Erfüllung der psychotherapeutischen Berufspflichten zu überwachen, die psychotherapeutische Fortbildung zu fördern und in der öffentlichen Gesundheitspflege mitzuwirken.

Über Bayerische Landesärztekammer

Die BLÄK wurde 1946 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gebildet. Sie ist zusammen mit 63 Kreisverbänden und acht Bezirksverbänden die gesetzliche Berufsvertretung aller bayerischen Ärzte. Zu den Aufgaben der BLÄK gehören unter anderem die Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzte, die Förderung der ärztlichen Fortbildung sowie die Überwachung der Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten. Die BLÄK engagiert sich derzeit für rund 90.000 Ärztinnen und Ärzte. Alle zur Berufsausübung berechtigten Ärztinnen und Ärzte, die im Freistaat ärztlich tätig sind oder dort ihren Hauptwohnsitz haben, sind Pflichtmitglieder der BLÄK.

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Bayerische Landesärztekammer
Mühlbaurstraße 16
81677 München
Telefon: +49 (89) 4147-0
Telefax: +49 (89) 4147-280
http://www.blaek.de

Ansprechpartner:
Müller
PR
Telefon: +49 (89) 4147-268
Fax: +49 (89) 4147-280
E-Mail: presse@blaek.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel