Sachsen bundesweit Schlusslicht bei nachhaltiger Beschaffung. Es ist Zeit, dies mit der Novellierung des sächsischen Vergabegesetzes zu ändern.
Zwar steht die Novellierung des sächsischen Vergabegesetzes seit 2015 in den Koalitionsverträgen, doch passiert ist bisher nichts. Das zivilgesellschaftliche Bündnis aus Kirchen, Gewerkschaften, Umwelt- und entwicklungspolitischen Vereinen fordert, dass der Freistaat endlich Verantwortung für seinen Einkauf übernimmt. Martin Finke, Vorsitzender des Entwicklungspolitischen Netzwerkes Sachsen, betont: „Mit seiner enormen Marktmacht von weit über einer Milliarde Euro jährlich kann der Freistaat den Markt für fair gehandelte und umweltschonende Produkte stärken und ausbeuterischen Produktionsverhältnissen, Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung eine Absage erteilen.“ Ulrich Clausen, Referent für Weltkirche und Umwelt beim Bistum Dresden Meißen, und Friedemann Oehme, Referent für Ökumenische Beziehungen von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, ergänzen: “Wir tragen Verantwortung für unseren Konsum – das gilt für Einzelpersonen und mehr noch für staatliche Stellen. Nachhaltige Beschaffung ist ein wichtiger Ansatzpunkt für eine gerechtere Welt und hilft uns, unsere Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung wahrzunehmen.“
Doch nicht nur in globalen Lieferketten, auch bei uns vor Ort kann nachhaltige Vergabe den Wettbewerb um die niedrigsten Löhne endlich stoppen. „Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen darf nur an Unternehmen erfolgen, die ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen. Dafür ist die Verankerung einer Tariftreueregelung im sächsischen Vergabegesetz notwendig. Die öffentliche Hand unterstützt so nicht mehr Lohndumping, sondern tarifgebundene Unternehmen, die bisher nicht zum Zuge kamen.“, sagte der Vorsitzende des DGB Sachsen Markus Schlimbach.
Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, ergänzt: „Auf globaler und nationaler Ebene ist die Sinnhaftigkeit einer nachhaltigen Vergabe teilweise bereits angekommen. Das zeigen etwa die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, aber auch der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte und das Lieferkettengesetz. Zusätzlich gibt es rechtsverbindliche Ziele, etwa die 1,5-Grad-Grenze beim Klimawandel gemäß des Pariser Klima-Abkommens.“ Doch mit seiner aktuellen Vergabepraxis wird der Freistaat seine selbstgesteckten Klimaziele nicht erreichen, wodurch auch die gesamtgesellschaftlichen Kosten durch den Klimawandel weiter steigen werden. Denn bei einer rein preisbezogenen Vergabe wird die volkswirtschaftliche Kostenbilanz übergangen –gesamtgesellschaftlich betrachtet ist Klimaschutz günstiger als die Folgekosten von Klimazerstörung.
Zwar betont die sächsische Regierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und ihrem Energie- und Klimaprogramm 2021 die Notwendigkeit einer nachhaltigen Beschaffung – aber in der Praxis wird weiterhin meist einfach das billigste Produkt gekauft. Dabei machen andere Bundesländer vor, wie Nachhaltigkeitsaspekte beim Einkauf staatlicher Stellen berücksichtigt werden können. Es wird Zeit, dass der Freistaat ebenfalls Verantwortung für seinen Einkauf übernimmt.
Hintergrund:
SACHSEN KAUFT FAIR ist ein zivilgesellschaftliches Bündnis, welches sich für die Berücksichtigung von Sozial- und Umweltstandards bei der öffentlichen Beschaffung in Sachsen einsetzt. Die Allianz besteht aus der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, dem Bistum Dresden-Meißen, dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Bezirk Sachsen, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Sachsen e.V. und dem Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen e.V. Weitere Informationen gibt es unter www.sachsen-kauf-fair.de
Die Ausgaben des Freistaates Sachsen für seine öffentlichen Beschaffungen sind enorm. In den Jahren 2019/2020 vergab das Land Bau-, Liefer- und Dienstleistungen mit einem Gesamtvolumen von über 1.5 Milliarden Euro. Dabei sind jedoch u.a. Vergaben der Kommunen und Beschaffungen mit einem Auftragswert oberhalb der EU-Schwellenwerte ausgenommen. Somit kann von einem deutlich höheren Vergabevolumen für den Freistaat ausgegangen werden (siehe sächs. Vergabebericht 2019/2020).
Viele der erworbenen Produkte – beispielsweise IT-Geräte, Lebensmittel oder Pflastersteine – werden in Ländern abgebaut oder gefertigt, in denen gegen international geltende Arbeitsstandards oder Umweltauflagen verstoßen wird. Eine Sammlung von Recherchen und Beispielen gibt es hier: https://www.sachsen-kauft-fair.de/faq/
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