Schulterschluss statt neue Gräben
Eröffnet wurde der Jungwinzer:innen-Kongress von DWV-Präsident Klaus Schneider und Katharina Rößler[1]. Die Vorsitzende der Landjugend RheinhessenPfalz moderierte und vertrat den BDL an diesem spannenden Abend. Während ersterer die gute Zusammenarbeit und das Format lobte, mit dem man die Jugend der Branche gemeinsam an den Tisch holt, hatte die Jungwinzerin eher das Ziel im Blick: „Mit unseren drei sehr verschiedenen Sessions können wir noch spezifischer auf die Bedürfnisse der jungen Generation eingehen und diese diskutieren. Dabei ist uns wichtig, dass wir nicht über, sondern miteinander reden und dank unserer Gäste die Perspektiven wechseln können.“
Dieses Versprechen wurde schon bei der ersten Runde eingelöst, für die sich der BDL mit Ecovin zusammengetan hatte. Denn Prof. Dr. Gergely Szolnoki von der Hochschule Geisenheim und Matthias Baumann von Bionysis waren sich bei der Leitfrage „Was braucht Bio für die Zukunft?“ wenig einig. Ihre Inputs lieferten ordentlich Zündstoff für die anschließende Podiumsdiskussion, bei der die Jungwinzer Lars Hieber vom ökologischen Weingut Schäfer Heinrich und Karl-Josef Thul, der das Weingut seiner Familie an der Mosel führt, zu den Experten stießen.
Ecovin-Geschäftsführerin Petra Neuber balancierte die leidenschaftlich geführte Debatte zur aktuellen Situation am deutschen Weinmarkt aus, so dass am Ende zumindest eins für alle feststand: Die Gräben zwischen den Bewirtschaftungsformen dürfen nicht weiter aufreißen. Vielmehr seien Akzeptanz und das Besinnen auf das Gemeinsame – nämlich in Deutschland Wein anbauen und verkaufen zu wollen – gefragt. „Außerdem brauchen wir mehr Forschung“, so BDL-Vize Mara Walz am Bildschirm, „und dass allen klar wird, dass wir beim direkten Kontakt mit den Menschen mehr erklären können als ein Supermarktregal.“
Schwerpunkt der zweiten, von Katharina Rößler moderierten Session mit dem Deutschen Raiffeisenverband e.V., war das Ehrenamt. Nach Vorstellung der BDL-Junglandwirt:innen-Studie trafen Denis Kirstein (Geschäftsführender Vorstand der Winzergenossenschaft Achkarren), Matthias Hechler (Vorstand der Heuchelberger Weingärtner eG) und Anja Antes-Breit (Rebveredlerin und Mitglied der Jungwinzerinnen-Gruppe Vinas) auf dem virtuellen Podium aufeinander. Sie stellten fest, dass die Corona-Pandemie beim Ehrenamt Lücken gerissen hat, die sich nicht mal ebenso im Vorbeigehen beseitigen lassen. Vielmehr brauche es engagementfreundliche Strukturen und Offenheit, damit sich Winzer und Winzerinnen neben dem Job für den Weinbau engagieren.
„Bei aller Motivation und Zuversicht auf dem Podium, dass sich das Ehrenamt erholen werde, wissen wir alle, dass das viel Arbeit bedeutet“, schätzt Mara Walz ein. „Wie in der Diskussion mehrfach angemahnt, braucht der Nachwuchs Raum zum Ausprobieren eigener Projekte. Und, das ist fast noch wichtiger, Jungwinzerinnen und Jungwinzer müssen ernstgenommen werden“, fasst die stellvertretende BDL-Bundesvorsitzende die zweite Kongressstunde zusammen.
In der letzten Runde mit Vinissima sorgte allein schon das Thema „Betriebe von Winzerinnen – Alles hype oder wirklich besser?“ für einen schneidigen Auftakt. Denn Frauen werden im Weinbau in der Berichterstattung oft vorgezeigt. Der BDL wollte wissen, was sie besser machen, warum sie ausgerechnet hier verstärkt im Rampenlicht stehen. Linda Bitsch von der Hochschule Geisenheim hat viele Studien analysiert und stellte in ihrer Einführung die Fakten vor. Eine davon: Im Vergleich zu anderen Ländern arbeiten hierzulande recht wenige Frauen in der grünen Branche und noch weniger als Führungskräfte. Gemeinsam mit Katja Apelt (Chefredakteurin von Wein+Markt), Julia Weckbecker (Winzerin und Mitglied im Vinissima-Vorstand) und moderiert von der BDL-Vertreterin Katharina Rößler, vertieften die drei Fachfrauen das Thema.
In der Diskussion – auch mit dem Online-Publikum – verständigten sie sich darauf, dass Frauen es im Weinbau nicht unbedingt besser machen als Männer und dass jede Frau ihren eigenen Weg sucht, den Weinbau anders angeht. Aber eine gemeinsame Frauenpower-Linie? Nein. Aber solange es weniger Winzerinnen als Winzer gibt, würden sie als besonders wahrgenommen. „Einen universellen Grund für den verstärkten medialen Blick auf Frauen im Weinbau gibt es also nicht“, so Katharina Rößler. Allerdings brauche es noch mehr Frauen in den Grünen Berufen und in Führungspositionen landwirtschaftlicher Betriebe. Dabei können Netzwerke wie z.B. Vinissima unterstützen, stellt die Jungwinzerin klar.
Damit ist der erste Jungwinzer:innen-Kongress von BDL und DWV im Online-Format Vergangenheit. Während die Fachleute im Studio debattierten, konnten sich die mehr als 100 Interessierten vor den Bildschirmen nur über den Chat einbringen. „Das ging, aber fürs nächste Mal wünsche ich mir echten Blickkontakt, Livepublikum und richtige Interaktion. Dann ist unser Format perfekt für alle“, schließt Katharina Rößler, die für den BDL live im Studio war. „Die aktuelle Weinwirtschaft steht vor vielen Herausforderungen, dabei ist ehrenamtliches Engagement und die Zusammenarbeit mit anderen Partnern besonders gefordert – genauso, wie wir sie bei unserem Jungwinzer:innen-Kongress vorgelebt haben“, so die stellv. BDL-Bundesvorsitzende Mara Walz, die diesen maßgeblich vorbereitet hat.
[1] Katharina Rößler gehört zu den Sieger:innen des Berufswettbewerbs der deutschen Landjugend 2019 (Sparte: Weinbau
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