Bildung & Karriere

Teilqualifikation erhöht Jobchancen deutlich, nachgeholte Ausbildung ist besonders lukrativ

Eine zwei- bis sechsmonatige Teilqualifizierung führt in 72 Prozent der Fälle zu einem erfolgreichen Jobeinstieg und hat damit die beste Kosten-Nutzen-Bilanz aller Weiterbildungsangebote. Mit Blick auf das Einkommen der Beschäftigten ist ein nachgeholter Berufsabschluss besonders lukrativ. Schon nach fünf Jahren liegt das Monatsgehalt dann durchschnittlich um 600 Euro über dem von Ungelernten, langfristig steigt der Vorteil sogar noch auf circa 850 Euro an. 

Arbeitnehmer:innen müssen ihre Kompetenzen den sich ständig wandelnden Anforderungen anpassen. Eine Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass vor allem abschlussorientierte Weiterbildungsangebote wie Teilqualifikationen und nachgeholte Ausbildungsabschlüsse die Chancen auf eine sichere und eine besser bezahlte Beschäftigung spürbar erhöhen.

Die Teilqualifikation (TQ) erweist sich als besonders erfolgreiches Weiterbildungsangebot. Zwölf Monate nach Abschluss einer „TQ“ sind bereits 72 Prozent der Arbeitnehmer:innen in Beschäftigung. „Die Teilqualifikation ist damit ähnlich erfolgreich wie eine zweijährige Umschulung. Da eine TQ nur zwei bis sechs Monate dauert, ist ein Jobeinstieg aber früher möglich und die Maßnahme daher günstiger. Eine TQ hat somit die beste Kosten-Nutzen-Bilanz“, sagt Roman Wink, Weiterbildungsexperte der Bertelsmann Stiftung. Beschäftigte mit Teilqualifikationen sind zudem in der Wirtschaft überaus begehrt. 2020 sagten 81,2 Prozent der Unternehmen, sie würden Arbeitnehmer:innen mit nachgewiesenen Fähigkeiten in einer oder mehreren Teilqualifikationen einstellen.

Teilqualifikationen besonders effizient und immer häufiger nachgefragt

Die Zahl der jährlich durchgeführten Teilqualifizierungen ist von 2010 bis 2020 von 3.000 auf 15.000 gestiegen – sie hat sich also verfünffacht und ist damit die einzige wachsende Maßnahme unter den abschlussbezogenen Weiterbildungen. In dieser Kategorie stellt die Umschulung mit rund 40.000 absolvierten Maßnahmen pro Jahr immer noch den Löwenanteil – doch ihre Entwicklung stagniert seit Jahren. „Teilqualifikationen sollten in Zukunft noch stärker im Fokus der Weiterbildungspolitik stehen. Sie werden von Betrieben nachgefragt, können schnell erworben werden, sie führen zu einem erfolgreichen Jobeinstieg und – Schritt für Schritt – flexibel zu einem vollwertigen Berufsabschluss“, sagt Wink. „Außerdem zwingt die angespannte Finanzlage zu einer stärkeren Konzentration der Weiterbildungsbudgets auf besonders effiziente Maßnahmen. Auch dies spricht für Teilqualifikationen.“

Um deren Attraktivität zu erhöhen, sollten bundesweite Standards sicherstellen, dass Arbeitnehmer:innen auch beim Jobwechsel in anderen Regionen anschlussfähige TQ-Module vorfinden, damit ihre persönliche Weiterbildungskette nicht reißt. Auch sollte es finanzielle Anreize dafür geben, weitere TQs anzuschließen. Der Erwerb von Teilqualifikationen kann durch die Übernahme von höherwertigen Tätigkeiten mit höheren Stundenlöhnen in Tarifverträgen honoriert und durch zusätzliche Erfolgsprämien durch die Arbeitsagenturen und Jobcenter gefördert werden.

Nachgeholter Berufsabschluss bringt den höchsten Lohnzuwachs

Zwischen 2010 und 2020 haben Arbeitsagenturen und Jobcenter 3,45 Millionen Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) gefördert. Davon zählten weniger als 20 Prozent zu den sogenannten „abschlussbezogenen Maßnahmen“ wie Umschulungen oder Teilqualifizierungen. Dabei verdienen gerade diese abschlussorientierten Weiterbildungen eine stärkere Beachtung. Denn eine nachgeholte Ausbildung erhöht das Monatseinkommen fünf Jahre nach Abschluss durchschnittlich um rund 600 Euro gegenüber einer ungelernten Arbeitskraft. Dieser Gehaltsunterschied steigert sich im weiteren Erwerbsleben auf monatlich etwa 850 Euro. Wer bereits eine Ausbildung absolviert hat und eine zweite daraufsattelt, darf jeden Monat mit 800 bis 1.000 Euro mehr rechnen.

Der Berufsabschluss zahlt sich aber nicht nur für Arbeitnehmer:innen aus. Auch die Volkswirtschaft profitiert. Denn die Erwerbsquote bei Spät-Ausgebildeten liegt im Alter von 60 Jahren noch bei mehr als 85 Prozent, bei Ungelernten in diesem Alter liegt die Quote rund zehn Prozent niedriger. „Das ist nicht nur für die spätere Rente von großer Bedeutung. Ebenso wichtig ist der Nutzen für die Wirtschaft“, sagt Roman Wink. „Denn Aus- und Weiterbildung schützt vor Fachkräftemangel.“

Zusatzinformationen
Die Studie „Berufsabschluss durch Weiterbildung – Zur Wirksamkeit beruflicher Nachqualifizierung“ analysiert die Beschäftigungs- und Einkommenseffekte des Erwerbs eines Berufsabschlusses im Alter über 25 Jahren sowie die Effekte von abschlussorientierten Weiterbildungen auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Die Analysen basieren auf einem verknüpften Datensatz des Nationalen Bildungspanels (NEPS) mit den administrativen Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Für die Untersuchung der Effekte von (abschlussorientierten) Maßnahmen wurden Sonderauswertungen der Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit herangezogen. 

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