Wie können algorithmische Systeme in der öffentlichen Kommunikation reguliert werden?
Die öffentliche Kommunikation hat sich im Zuge der Digitalisierung stark verändert, ohne dass die Instrumente des Medienrechts ausreichend angepasst wurden. Es sind neue Akteurinnen und Akteure aktiv, und oft kommen algorithmische Systeme und andere Technologien zum Einsatz, die Einfluss nehmen. An diesen Prozessen ist eine viel größere Zahl von Akteuren, Systemen und Algorithmen beteiligt, als dies nach außen oftmals den Anschein hat. Dies stellt die Gewährleistung einer gelingenden gesellschaftlichen Kommunikation vor neue Herausforderungen. Richtete sich bislang die Aufmerksamkeit auf die Erhaltung von Medienvielfalt, drängt sich nun der Fokus auf komplexe Systeme und einhergehende Herausforderungen.
Neue Darstellung der komplexen digitalen KommunikationssystemeAn konkreten Fallbeispielen wie z.B. „Facebook News“ wird daher in einem zwischen Informatik, Ethik und Rechtswissenschaften angesiedelten Projekt von Forschenden der Universität Hamburg (Prof. Dr. Judith Simon, Prof. Dr. Ingrid Schirmer, Prof. Dr. Tilo Böhmann) und des Leibniz-Instituts für Medienforschung (Prof. Dr. Wolfgang Schulz) dafür eine neue sogenannte „Socio-Technical Ecosystem Architecture Method“ (STEAM) entwickelt.
Die Methode, die nun geschaffen werden soll, wird eine ganzheitliche Sicht auf die Nachrichtenverbreitung in einem Ökosystem wie „Facebook News“ ermöglichen und dazu beitragen, diese Ökosysteme sowie ihre Akteure und Beziehungen so darzustellen, dass sich Anknüpfungsmöglichkeiten für neue regulatorische Ansätze bieten.
Heutige Medienökosysteme stellen bestehende Mechanismen zum Schutz der gesellschaftlichen Kommunikation und ihrer wesentlichen Funktionen infrage. Denn in ihnen haben bei der Generierung, Selektion, Kuratierung und Priorisierung von Inhalten neuartige Anbieter und Technologien, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz, an Relevanz gewonnen. Zu dem Zeitpunkt, an dem ein Inhalt dem Nutzer oder der Nutzerin ausgespielt wird, sind im Vorfeld zahlreiche Entscheidungen getroffen und eine Vielzahl von Beteiligten eingebunden worden.
Interdisziplinärer Ansatz„Ziel des Projekts ist es, eine sozio-technische Ökosystem-Architektur-Methodik zu entwickeln. Diese Methode baut auf bestehenden Architekturkonzepten der Informatik auf und verbindet sie mit ethischen und rechtlichen Fragen der gesellschaftlichen Kommunikation“, erläutert Prof. Dr. Tilo Böhmann vom Fachbereich Informatik der Universität Hamburg. Medienrechtler Prof. Dr. Wolfgang Schulz, Direktor des Leibniz-Institut für Medienforschung, weist darauf hin: „Wir müssen grundlegend überdenken, wie wir weiterhin sicherstellen können, dass gesellschaftlich relevante Kommunikation offen und frei erfolgt.“ Hierfür ist es wichtig, sich der normativen Ziele gesellschaftlicher Kommunikation zu vergewissern, um diese mit angemessenen Maßnahmen bestmöglich zu unterstützen, so Prof. Dr. Judith Simon. Prof. Dr. Ingrid Schirmer vom Fachbereich Informatik der Universität Hamburg ergänzt: „Für neue Lösungsansätze braucht es eine interdisziplinäre Analyse der Entstehung und Verteilung von Nachrichten. Sozio-technische Ökosystemarchitekturen zeichnen den komplexen Weg individualisierter Informationsdistribution verständlich nach“.
Das Projekt ist eines von sieben Projektkonsortien aus den Gesellschafts- und Technikwissenschaften, die von der VolkswagenStiftung im Rahmen der Initiative „Künstliche Intelligenz ‒ Ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft von morgen“ mit insgesamt 9,8 Millionen Euro gefördert werden. Alle ausgewählten Vorhaben sind auf drei bis vier Jahre angelegt und erhalten jeweils rund 1,5 Millionen Euro.
Mehr Informationen zum Forschungsvorhaben gibt es auf der Projektseite unter
https://leibniz-hbi.de/de/projekte/neue-regulierungsansaetze-fuer-algorithmische-systeme-in-der-oeffentlichen-kommunikation.
https://leibniz-hbi.de/de/projekte/neue-regulierungsansaetze-fuer-algorithmische-systeme-in-der-oeffentlichen-kommunikation
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