Die EU-Lieferkettenregulierung darf nicht zulasten von KMU gehen
Viele Unternehmerinnen sind als zuliefernder Teil der Lieferkette vom Gesetz betroffen: Bereits bei der Umsetzung des ab 2023 geltenden deutsche Lieferkettensorgfaltspflichten-gesetz zeigt sich, dass Unternehmen, die unter die gesetzliche Regelung fallen, ihre Pflichten häufig in Form von "Code of Conducts" oder Regressklauseln an ihre Lieferanten – vielfach KMU – weitergeben. Auch wenn dies gesetzlich nicht vorgesehen ist, passiert es in der Praxis leider doch. Hier entstehen auch für indirekt betroffene Zulieferer größerer bürokratische Belastungen und Unsicherheiten. Sie müssen zum Beispiel durch die Beantwortung umfassender Fragebögen die erforderlichen Informationen liefern, wodurch die Pflichten aus dem Gesetz, die eigenen Lieferketten detailliert zu kennen und zu überprüfen, auf sie abgewälzt werden. Viele Produkte setzen sich aus verschiedenen und kleinteiligen Komponenten zusammen (z. B. Halbleiter), bei denen es für KMU nahezu unmöglich ist, alle Vorlieferanten dieser Komponenten genau zu überprüfen. Andererseits sind die KMU auf die Aufträge großer Unternehmen angewiesen.
Vielen kleinen Firmen ist das Ausmaß ihrer indirekten Betroffenheit noch nicht bewusst: Vor dem Hintergrund akuter Schwierigkeiten durch die Pandemie, Lieferengpässe und Rohstoffknappheit ist der Zeitpunkt für neue Berichterstattungspflichten falsch, denn die Kapazitäten zur Vorbereitung und Umsetzung sind in KMU aktuell nicht vorhanden. Wir befürchten neben Unklarheiten zu den Betroffenheiten, Rechtsunsicherheit bei der Umsetzung und nicht ausreichende Hilfestellungen für KMU auch einen fehlenden Schutz der KMU vor der Abwälzung der gesetzlichen Verpflichtungen auf die vom Gesetz an sich nicht betroffenen KMU.
In der Diskussion sollte zudem nicht vergessen werden, dass deutsche Unternehmen, die im Ausland aktiv sind, zu höheren Standards, besserer Bildung, Wirtschaftswachstum und Wohlstand beitragen und ihren Pflichten zur Stärkung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang der Lieferkette bereits nachkommen. Auf sie kommen aber nun zusätzliche bürokratische Belastungen zu.
Für kleine und mittelständische Unternehmen lässt sich daher insgesamt konstatieren: Der Entwurf der Kommission für eine europäische Lieferkettenregulierung ist gut gemeint, muss aber dringend in der Art justiert werden, dass die Belange der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Europa berücksichtigt werden und das Gesetz praxistauglich und rechtssicher umsetzbar ist.
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