Metadaten: Ungeahnt wertvoll
Als Janet Vertesi, Soziologin an der Princeton Universität, schwanger wurde, beschloss sie, sich auf ein Experiment einzulassen. Sie wollte ihre Schwangerschaft vor all den Bots, KIs und anderen Datensammlern in Online-Shops und in den sozialen Medien geheim halten. Sie stellte sich die Frage, ob sie es neun Monate lang durchhalten könnte, keine Informationen preiszugeben, die darauf schließen lassen, dass sie ein Kind erwartet. Das bedeutete: keine Anschaffungen für das Kind oder die werdende Mutter im Internet über die eigenen Accounts, keine Google-Suche nach verwandten Themen oder Produkten, keine Nutzung von Treueprogrammen oder Kreditkarten, keine Posts in den sozialen Medien – auch nicht von Freunden, die einen taggen könnten. Als Soziologin mit einem technischen Schwerpunkt wusste Vertesi, worauf sie zu achten hatte. Und trotzdem geriet das Experiment schnell zur Herausforderung. Auch wenn es ihr am Ende gelang, fühlte sie sich zwischenzeitlich wie eine Kriminelle, die ein Verbrechen zu vertuschen versucht. Über ihre Erfahrungen in dieser Zeit hat sie bereits im Jahr 2014 im Time Magazin berichtet.
Warum dieser Erfahrungsbericht auch noch viele Jahre später spannend ist? Ganz einfach: Weil es heute sogar noch schwieriger geworden ist, persönliche Informationen im Netz geheim zu halten. „Nicht nur soziale Medien wie Facebook, TikTok, Instagram oder WhatsApp sammeln fleißig Daten ihrer Nutzer, auch Onlineshops wie Amazon, Streaminganbieter und allen voran Internetkonzerne wie Google, Apple und Microsoft betätigen sich ausgiebig in diesem Bereich“, erklärt Götz Schartner vom Verein Sicherheit im Internet e. V., einem der Mitveranstalter von SpardaSurfSafe. „Dabei greifen sie nicht nur auf offensichtliche Daten wie Suchanfragen, Einkäufe oder öffentliche Posts und Profilinformationen zurück, sondern nutzen auch die sogenannten Metadaten.“
Doch was sind Metadaten eigentlich? Im Grunde genommen handelt es sich dabei um Daten über Daten. Bei einer Foto-Datei etwa zählen der Dateiname, das Aufnahmedatum, die Informationen zur genutzten Kamera, zur Belichtung und manchmal auch die GPS-Daten zu den Metadaten. Bei einer E-Mail gehören der Betreff, Absender und Empfänger, das Versanddatum und die Versanduhrzeit sowie die Namen und IP-Adressen der beteiligten Server zu den Metadaten. Auch bei einer WhatsApp-Nachricht fallen Metadaten an, selbst wenn die Nachricht selbst Ende-zu-Ende verschlüsselt ist und damit von WhatsApp bzw. dem Mutterkonzern Meta nicht ausgelesen werden kann.
Alle Internetkonzerne sammeln diese Art von Daten auch geräteübergreifend und fügen sie zu Nutzerprofilen zusammen. So wissen sie ziemlich genau, wer was wann im Internet gemacht hat, welche Geräte genutzt wurden, welche Themen gerade interessant sind und mit welchen anderen Nutzern interagiert wird. Auch andere Informationen lassen sich aus diesen Daten ermitteln, beispielsweise in welcher Stimmung man sich gerade befindet, ob man in einer Beziehung ist oder welche Gewohnheiten und Hobbys man hat. Tatsächlich Einfluss darauf nehmen, welche Daten erhoben, gesammelt und verarbeitet werden, können Nutzer kaum oder nur mit immensem Aufwand, wie der eingangs erwähnte Erfahrungsbericht zeigt.
Damit stellt sich nun die Frage, was die Internetkonzerne mit diesen teils sehr persönlichen Informationen anstellen. Zum einen nutzen sie sie natürlich für personalisierte Werbung. Diese Erfahrung werden vermutlich die meisten Menschen bereits einmal gemacht haben. Wer sich in der Mittagspause beispielsweise mit Kollegen über die anstehenden Sommerferien unterhält, kriegt anschließend nicht selten Werbung zu den eben noch diskutierten Reisezielen angezeigt. Dabei hat das Smartphone nicht etwa mitgelauscht, sondern einfach Metadaten gesammelt und ausgewertet. So gehen Werbetreibende etwa davon aus, dass Personen, die das gleiche WLAN nutzen, auch ähnliche Interessen haben. Hat die Kollegin also Urlaub in Griechenland gebucht, so wird das vermutlich auch den anderen vorgeschlagen. Neben dem Ausspielen möglichst passgenauer Werbung verkaufen die Konzerne die anonymisierten Nutzerprofile auch, beispielsweise zu Marktforschungszwecken. Weitere Informationen zu den allgegenwärtigen Datenspuren im Netz gibt es hier.
Wir sehen: Selbst sehr zurückhaltende Internetnutzer, die kaum etwas von sich selbst öffentlich preisgeben, hinterlassen durch Metadaten eine gut nachzuverfolgende Spur im Netz. Das lässt sich kaum vermeiden, denn ein Verzicht auf die Nutzung der entsprechenden Dienste kommt wohl für die meisten Menschen nicht in Frage. Und so werden die großen Internetkonzerne weiter fleißig Meta- und andere Daten sammeln und damit Geld verdienen.
Über SpardaSurfSafe – eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg
Veranstalter und Träger von SpardaSurfSafe ist die Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die gemeinsam mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg, dem Verein Sicherheit im Internet e. V. und dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg das Großprojekt im achten Jahr durchführt. In Kooperation mit den IT-Sicherheitsexperten der 8com GmbH & Co. KG wurde ein Konzept entwickelt, das die Schüler im Rahmen des Unterrichts im Umgang mit den Neuen Medien aufklärt. "Wir haben das Konzept in den vergangenen Jahren erfolgreich in 32 verschiedenen Städten in Baden-Württemberg mit rund 420.000 Teilnehmern durchgeführt. Dafür bekommen wir durchweg positives Feedback von den Teilnehmern, ob Schüler, Eltern oder Lehrer", erklärt Patrick Löffler vom Verein Sicherheit im Internet e. V.
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