Gesundheit & Medizin

Verletzungen beim Spritzgießen vorbeugen

In Spritzgießbetrieben gehören Arbeiten an höhergelegenen Teilen der Spritzgießmaschinen zum Alltag. Etwa, wenn die Maschineneinrichter Materialtrichter reinigen, Störungen beseitigen oder große Spritzgießwerkzeuge mit dem Kran wechseln. "Bei solchen Tätigkeiten kommt es häufig zu Absturzunfällen, die in der Regel zu sehr schweren Verletzungen führen", sagt Oliver Kockskämper von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI). Er gehört zum Autorenteam der neuen DGUV-Regel 113-606 "Spritzgießen". Es handelt sich dabei um den ersten Teil einer Branchenregel-Serie zum Thema Sicherheit und Gesundheit in der Kunststoffindustrie.

Auf 100 Seiten fasst sie rechtliche Bestimmungen übersichtlich zusammen. Sie stellt zudem kompakt dar, welchen wesentlichen Gefährdungen die Beschäftigten ausgesetzt sind. "Für die Unternehmen ist das auch eine große Hilfestellung für die Gefährdungsbeurteilung", sagt Kockskämper.

Schnittverletzungen sind die häufigste Unfallart

Zu den Gefährdungen an branchentypischen Arbeitsplätzen und Tätigkeiten zählen beispielsweise scharfkantige Oberflächen und Messer. So sind Schnittverletzungen die häufigste Unfallart in Spritzgießbetrieben. Auch bei diesen vermeintlichen "Bagatellunfällen" können sich für Unternehmen hohe Kosten ergeben. Dem Experten der BG RCI zufolge handelt es sich bei Spritzgießbetrieben vor allem um kleine und mittlere Unternehmen mit zehn bis 50 Beschäftigten. Fällt dort ein Maschineneinrichter aufgrund eines Arbeitsunfalls längere Zeit aus, kann das rasch zu Problemen führen: Aufträge bleiben liegen, Kunden werden nicht beliefert. "Kommt es in einem Unternehmen häufiger zu Arbeitsunfällen, spricht sich das herum", sagt Oliver Kockskämper. "Für das Firmenimage ist das natürlich schlecht." Fehlende Fachkräfte lassen sich auch nicht kurzfristig ersetzen, zumal es an denen in der kunststoffverarbeitenden Industrie ohnehin mangelt.

Oft unterschätzt wird die Gefahr, sich an heißen Oberflächen – etwa an Plastifiziereinheiten – oder an tiefkalten Medien wie flüssigem Stickstoff zu verbrennen. Weitere Kapitel befassen sich mit dem innerbetrieblichen Transport und Verkehr und dem Betrieb von Gabelstaplern. Außerdem geht die DGUV-Regel ausführlich auf betriebsspezifische Gefährdungen ein. Dazu gehören das Einrichten und Reinigen der Maschinen, Störungsbeseitigungen, Reparatur und Instandhaltung oder das Nachrüsten und den Kauf von Gebrauchtmaschinen. Ebenso thematisiert sie die Gefährdungen bei der Verwendung spezifischer Arbeitsmittel wie etwa Krane, Förderbänder oder Silos.

Praktisch: Zu jedem Thema benennt die Branchenregel gleich mögliche Präventionsmaßnahmen. Hinzu kommen Fotos von Best Practice-Beispielen aus Betrieben. "Es sind mitunter einfache Lösungen, die sich ohne großen Aufwand umsetzen lassen aber eine enorme Wirkung haben", sagt der Diplom-Ingenieur.

Beim Spritzgießen können Zersetzungsprodukte entstehen

Die DGUV-Regel thematisiert zudem Gefahrstoffe. "Bei der Kunststoffverarbeitung, vor allem beim Spritzgießen, können Zersetzungsprodukte entstehen", erläutert Kockskämper. "Dieses Thema wird uns in Zukunft verstärkt begleiten, deshalb wollen wir die Unternehmen dafür sensibilisieren." Die Broschüre enthält eine Tabelle mit möglichen Zersetzungsprodukten. Sie listet die Bezeichnungen für einzelne Kunststoffe, deren Abkürzungen, die potenziellen Gefahrstoffe sowie die Verarbeitungs- und die Zersetzungstemperatur auf.

Die Branchenregel richtet sich vorrangig an Unternehmerinnen, Unternehmer und weitere Führungskräfte, ist aber auch für Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte, den Personal- und Betriebsrat oder Betriebsärztinnen und -ärzten von großem Nutzen. Die DGUV-Regel für die Branche Kunststoffindustrie, Teil 1 – Spritzgießen gibt es in der DGUV-Publikationsdatenbank kostenfrei zum Herunterladen: https://publikationen.dguv.de/ , Webcode: p113606.

Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben leichtgemacht

Die Branchenregeln der gesetzlichen Unfallversicherung setzen kein eigenes Recht, sondern fassen das bestehende komplexe Arbeitsschutzrecht für die Unternehmen einer bestimmten Branche verständlich zusammen. Sie dienen Verantwortlichen als praxisbezogenes Präventionswerkzeug: Symbole vereinfachen das Auffinden von Informationen, konkrete Beispiele und Bilder veranschaulichen die Handlungsanweisungen. Hinweise auf weiterführende Dokumente erleichtern die korrekte Umsetzung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben.

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