Familie & Kind

Auch Alleinerziehende haben das Recht, durch eine Umgangsregelung entlastet zu werden

Zum Sachverhalt

Die Eltern dreier Söhne waren getrennt. Der Vater hatte zwar sporadisch Kontakt zu seinen Kindern. Er lehnte es aber ab, alle drei Kinder auch gemeinsam zu betreuen oder aber mehr Zeiten zu übernehmen, obwohl die Kinder sich dies wünschten. Er lebe in beengten räumlichen Verhältnissen, sei gesundheitlich belastet und seine neue Ehefrau empfinde die Streitereien der Kinder als Zumutung.

Die Mutter beantragte die gerichtliche Regelung des Umgangs. Das Jugendamt hatte dem Vater Unterstützung bei der Durchführung angeboten, sollte er dies wünschen. Es gab einen gerichtlichen Beschluss und der Vater hat jeweils mit allen drei Kindern alle 14 Tage von Samstagvormittag bis Sonntagnachmittag, die erste Hälfte der Schulferien sowie am ersten Weihnachtsfeiertag Umgang mit seinen Kindern.

Hiergegen ging der Vater mit einer Verfassungsbeschwerde vor, weil er sich in seinen Persönlichkeitsrechten eingeschränkt sah. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, diese Ablehnung jedoch ausführlich begründet. Auch wenn eine Umgangsregelung zutreffend die Persönlichkeitsrechte eines Elternteils einschränke, so sei dies aus der elterlichen Verpflichtung hinzunehmen.

Stellungnahme:

Mit welchem Recht sollte ein Elternteil allein entscheiden, in welchem Umfang der andere seiner Elternverantwortung nachzukommen hat?

In diesem Fall war es der Vater, der entscheiden wollte, dass die Mutter den weit überwiegenden Teil der Betreuung der gemeinsamen Kinder übernimmt. Er wollte für sich in Anspruch nehmen, sich scheinbar nach Belieben ab und an um jeweils eines seiner drei Kinder zu kümmern, um sich durch den Umgang nicht zu sehr zu belasten.

Die Belastung, die er selbst durch den Umgang für sich reklamiert, erlebt die Mutter durch die überwiegende Betreuung der Kinder noch in weitaus höherem Maße, was dem Vater so nicht bewusst zu sein scheint. Darf die Mutter für sich das Recht in Anspruch nehmen, auch mal eine Auszeit und ein freies Wochenende zu haben? Ja, denn Elternschaft ist kein Wunschkonzert, sondern eine gemeinsame Verantwortung, die nicht mit der Trennung der Eltern endet. Eine Verantwortung, die beide Eltern gleichermaßen und im gleichen Umfang zu erfüllen haben, solange sie sich nicht einvernehmlich auf eine andere Regelung verständigen. Denn weder Verfassung noch Gesetz sehen ein Vorrecht für ein Geschlecht oder einen Elternteil in der Betreuung der Kinder vor.

Auch der Einwand des Vaters, dass seine neue Ehefrau die Streitereien der Kinder als Zumutung empfinde, verfängt nicht. Diese hat einen Partner gewählt, welcher Vater von drei Kindern ist. „Ich heirate eine Familie“ war nicht nur eine beliebte Fernsehserie, sondern ist auch Realität. Wenn man die Beziehung zu jemandem eingeht, der bereits Kinder aus früheren Beziehungen hat, bleibt dieser mit seinen Kindern verbunden und hat Verantwortung für diese. Eine Verantwortung, deren Erfüllung im Zweifelsfall auch gerichtlich eingefordert und mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann.

Der Väteraufbruch für Kinder e.V. begrüßt die Entscheidung der Instanzengerichte und des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich. „Wir brauchen ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass Elternschaft nicht nur Recht, sondern auch Pflicht ist“, erklärt Markus Witt, Mitglied im Bundesvorstand des Vereins. Kein Elternteil dürfe eigenmächtig als „alleinerziehend“ zurückgelassen werden, ebenso, wie kein Elternteil aus der gemeinsamen Verantwortung gedrängt werden dürfe.

„Was wir in Deutschland dringend brauchen ist eine Diskussion über Rollenvorstellungen in der Familie, die Verantwortung von Vätern auch in der Familienarbeit und die Bereitschaft von Müttern, diese auch zuzulassen“, meint Witt. Die „deutsche Sicht“ auf familiäre Aufgabenverteilung steht nicht nur der Gleichberechtigung von Müttern und Vätern im Weg, sie nimmt Kindern insbesondere nach einer Trennung häufig auch die Möglichkeit, von den Ressourcen beider Eltern zu profitieren. Dringend notwendige, auch politische Weichenstellungen hin zu einer echten, gemeinsamen Elternschaft werden seit Jahren verhindert. Hierzu zählen beispielsweise ein Leitbild der Doppelresidenz (des Wechselmodells) nach einer Trennung oder eine paritätische Aufteilung der Elterngeldmonate zwischen Mutter und Vater.

Und noch etwas anderes muss, wie der vorliegende Fall zeigt, ins Bewusstsein rücken: Seiner Elternverantwortung wird man nach einer Trennung nicht allein durch Unterhaltszahlung gerecht, sondern man hat auch eine Verpflichtung zur Übernahme der Betreuung seiner Kinder. Es wäre zu wünschen, dass dies nicht nur juristisch, sondern auch politisch stärker berücksichtigt wird.

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