Getreideernte 2022: Große regionale Unterschiede erwartet
„Wir erwarten eine unterdurchschnittliche Ernte bei großen regionalen Unterschieden. In einigen Regionen haben die lange Trockenheit und die Hitze der letzten Tage deutliche Schäden in den Beständen verursacht, so dass die Ertragserwartungen erneut unter dem langjährigen Mittel liegen“, sagt der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Entgegen dem Trend rechnen einige Betriebe auch mit einer guten Ernte. Für die Herbstkulturen sei der weitere Witterungsverlauf in den Sommermonaten entscheidend.
Mit Blick auf die Diskussion zur Ernährungssicherung ist Bauernpräsident Rukwied pessimistisch, ob die Bauern die Ernten in den kommenden Jahren weiter stabil halten können: „Die massiven Einschränkungen, die die EU-Kommission gerade auf den Weg gebracht hat, werden zu einem deutlichen Rückgang der Ernteerträge in ganz Europa führen. Angesichts der dramatischen Nahrungsmittelknappheit in einigen Ländern, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, ist es beschämend, dass Europa nicht versucht hier zu helfen, obwohl wir es könnten. Wir Bauern fühlen uns moralisch dazu verpflichtet und werden von der Politik daran gehindert.“
Entscheidend für die zuverlässige Versorgung mit Lebensmitteln ist aus Sicht des DBV-Präsidenten die Verfügbarkeit von Gas. „Wir benötigen Gas für die Herstellung von Stickstoffdünger. Sollte dieser fehlen brechen die Ernteerträge deutlich ein. Außerdem brauchen wir für den gesamten Lebensmittelbereich eine Priorisierung beim Gas.“
Am Flächenumfang des Getreideanbaus in Deutschland hat sich zum Vorjahr kaum etwas geändert, wohl aber an der Zusammensetzung. Die Sommerweizen-Anbaufläche ist gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um knapp drei Viertel (+ 73,5 %) gewachsen. Die Anbaufläche von Sommergerste wird mit 358.500 Hektar voraussichtlich um ein Fünftel (+ 20,3 %) größer. Beim Anbauumfang der anderen Sommergetreidesorten hat sich nur wenig getan: Hafer wird im Erntejahr 2022 voraussichtlich auf einer Fläche von 168.400 Hektar angebaut (- 4,9 % zum Vorjahr), Körnermais auf einer Fläche von 441.200 Hektar (+ 2,4 %). Mit einer Anbaufläche von 2,88 Millionen Hektar ist der Winterweizen unverändert die im Anbau bedeutendste Getreideart in Deutschland, gefolgt von der Wintergerste mit 1,22 Millionen Hektar.
Die Aussaat des Wintergetreides im Herbst 2021 fand unter guten Witterungsbedingungen statt. In den Wintermonaten gab es in den meisten Landesteilen auch noch ausreichende Niederschlagsmengen. Die starke Trockenheit im Frühjahr sorgte jedoch dafür, dass sich die gute Bestandsentwicklung nicht fortsetzen konnte. Im Gegensatz zum Wintergetreide litten die Frühjahrssaaten zusätzlich stärker unter den kühlen Temperaturen. Dies betraf neben dem Mais auch die Zuckerrüben und teilweise die Kartoffeln. Leider bleibt auch dieses Jahr festzuhalten, dass in weiten Teilen des Landes weniger Regen fiel als üblich und die Wasservorräte im Boden nach wie vor viel zu gering sind.
Beim Winterraps ist die Fläche wieder leicht angestiegen und liegt nun bei 1,075 Mio. Hektar. Zwar werden auch damit weiterhin gut 150.000 Hektar weniger angebaut als im langjährigen Durchschnitt. Die derzeit guten Preise lassen jedoch hoffen, dass sich der Aufwärtstrend bei der diesjährigen Herbstaussaat fortsetzt. Das würde den angespannten Markt für Pflanzenöle entlasten, auf dem nach wie vor erhebliche Mengen an Sonnenblumenöl aus der Ukraine fehlen.
Für die nun bevorstehende Getreideernte hoffen die deutschen Bäuerinnen und Bauern auf beständige sommerliche Witterungsverhältnisse. Damit Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben-Kulturen ihr volles Ertragspotenzial entfalten können, braucht es aber auch in den nächsten Wochen ausreichende Niederschläge. Diese sind auch für die tierhaltenden Betriebe wichtig, damit eine gute Grundfutter- und Silomaisernte eingefahren werden kann.
Der DBV erstellt seine Ernteprognose auf der Basis von Umfragen unter den 18 Landesbauernverbänden zu ihren aktuellen Ertragsschätzungen.
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