Sorgt der US-Dollar für schwache Gewinne?
Theorie und Praxis
Die gängige Meinung besage, dass ein starker Dollar schlecht für große Exporteure sei, weil er die Einnahmen in anderen Währungen schmälern könne. Wenn ein Unternehmen bei einem starken Dollar für ein bestimmtes Produkt, das es im Ausland verkauft, den gleichen Betrag in Dollar verlangen wollen würde, müsste es die Preise in der Währung des Empfängerlandes erhöhen. Das könne die Nachfrage einschränken. „Um die Nachfrage aufrechtzuerhalten, kann das Unternehmen aber auch die Preise in der Währung des Endmarktes konstant halten und so den Betrag, den es in Dollar erhält, verringern“, so Grüner. „Die Absatzmengen halten sich vielleicht besser, aber die Einnahmen gehen zurück, und die Gewinnspannen sinken."
Theoretisch sei das richtig, doch werde ein Faktor vergessen: Nur wenige Unternehmen beziehen alle Komponenten und fertigen die Endprodukte in ihrem Heimatland. Die große Mehrheit der Unternehmen importiere Teile, Rohstoffe und sogar Arbeitskräfte. Ein starker Dollar mache alle diese importierten Kosten billiger. Das sei zwar kein perfekter Ausgleich für die Einbußen, die die Einnahmen unter diesen Bedingungen erleiden können, aber es gleiche einen großen Teil der Auswirkungen aus und helfe, die Gewinnspannen zu halten. „Für einige Unternehmen kann dies sogar vorteilhafter sein, als dass der starke Dollar den Umsatz beeinträchtigt“, meint Grüner. „Darüber hinaus sichern sich die meisten Unternehmen auch gegen Währungsschwankungen ab und begrenzen so die Auswirkungen von starken Schwankungen." So sei zu erklären, dass bei starkem Dollar und hoher Inflation die Bruttomargen im S&P 500 im ersten Quartal weniger als 0,25 Prozent zurückgingen.
Auswirkungen auf Aktienmärkte begrenzt
Die Zahlen würden dies belegen: Bei der letzten relativen Stärke des US-Dollar im Jahr 2018 hätten die Gewinne im S&P 500 zunächst zweistellig zugenommen, um sich dann im Folgejahr weiter moderat zu steigern – langsameres Wachstum aufgrund von Basiseffekten. „Anders ausgedrückt: Die Erträge stiegen in den letzten drei Quartalen des Jahres 2019 von einem hohen Niveau aus an, selbst als der Dollar hoch blieb“, so Grüner. „Auch die Aktien hatten ein tolles Jahr. Als der Dollar 2016 stark war, sahen die Erträge schlechter aus, aber das war auf den Tiefstand der Ölpreise zurückzuführen, der die Erträge des Energiesektors beeinträchtigte." Außerhalb des Energiesektors wuchsen die Erträge, und die Gesamterträge des S&P 500 zogen 2017 an. Auch die Aktien hätten sich in beiden Jahren recht gut entwickelt.
Fazit
Die Angst vor dem Dollar sei vor allem ein Stimmungsbarometer. „Wann immer die Anleger große Sorgen haben, wenden sie sich unweigerlich dem US-Dollar zu“, resümiert Grüner. „Ist er schwach, wird befürchtet, dass ein schwacher Dollar die Importkosten in die Höhe treibt, die Erträge beeinträchtigt und die Inflation anheizt. Ist er stark, entstehen Ängste wie die jetzigen.“ In Wirklichkeit sei die Währung nur eine Variable, die sich auf die Gewinne auswirke – und eine, mit der die Unternehmen sehr gut umgehen und für die sie planen können.
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