„Energie ist heute der wichtigste Inflationstreiber“
In seiner Begrüßung erinnerte der Sprecher der fpmi, Andreas Schmidt, daran, was für einen wichtigen Raum die gestiegene Inflationsrate in der 34. Gesprächsrunde mit dem Bayerischen Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Ende Mai 2022, eingenommen hat.
Während häufig die Inflation in konjunkturellen Boomphasen durch eine kräftige Nachfrage getrieben wird, sei es dieses Mal eindeutig die Kostenseite, die die Preise in Europa und Deutschland steigen lasse, „wir können von einem Angebotsschock sprechen“, so Wollmershäuser.
Bekanntlich wird die Inflationsrate auf Basis eines Warenkorbes mit rund 650 Produkten aus den Bereichen Energie, Nahrungsmittel, Waren, Dienstleistungen und Mieten berechnet. Treiber der hohen Inflationsraten sind vor allem die Energiekosten (plus 38 Prozent im Juni!) und Nahrungsmittel (plus 12,7 Prozent), während sich die sonstigen Waren „nur“ bei plus 5,6 Prozent bewegen.
Die Gaspreise, die im Warenkorb anteilig nur etwa 2,5 Prozent ausmachen, spielten in den vergangenen 10 Jahren praktisch keine Rolle für die Inflationsrate, da sie nur wenig schwankten. Mit der Zuspitzung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine und dem Ausbruch des Krieges haben sich die Börsenpreise für Erdgas im Vergleich zum Jahr 2019 mehr als verzehnfacht. Diese unerwartete Entwicklung erkläre auch, so Wollmershäuser, warum das ifo Institut wie viele andere Konjunkturprognostiker mit der Inflationsprognose lange und immer wieder viel zu niedrig lag. Zusätzlich wird die Prognose dadurch erschwert, dass die Gasversorger die gestiegenen Beschaffungskosten nur langsam an ihre Kunden weitergeben. Im Vergleich zum Jahr 2019 zahlen die Verbraucher bislang „nur“ das 1,5-fache.
Wie es weitergeht, hänge entscheidend davon ab, wie sich die Energiepreise weiterentwickeln und wer die Mehrkosten für Energie trage, konkret: wieviel davon auf die Verbraucher umgelegt werde und welche Rolle der Staat einnehme. Als „preissenkende staatliche Maßnahmen“ – dauerhaft und kurzfristig – nennt Wollmershäuser die Abschaffung der EEG-Umlage ab Juli und den Tankrabatt. Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung sei der Tankrabatt von den Tankstellen vollständig an die Verbraucher weitergegeben worden. Dies belege der vergleichende Blick auf Österreich, das diese Maßnahme nicht eingeführt hatte. Insgesamt konnte zusammen mit dem 9-Euro-Ticket das gesamtwirtschaftliche Preisniveau kurzfristig um etwa 1,5 Prozent gesenkt werden, betont Wollmershäuser.
Doch wie sieht die Entwicklung im kommenden Jahr und darüber hinaus aus? Wollmershäuser macht dies an der Geldpolitik der EZB und den längerfristigen Inflationserwartungen fest, die vierteljährlich bei Experten abgefragt werden. Diese lägen derzeit bei 2,1 Prozent – zuvor waren es über viele Jahre nur 1,7 Prozent. Bei Angebotsshocks befinde sich die Geldpolitik in einem Dilemma zwischen schwacher Konjunktur und hoher Inflation. Eine einfache Daumenregel besage, dass die Geldpolitik in einer solchen Situation eigentlich den Realzins konstant halten und weitgehend neutral auf Konjunktur und Inflation wirken müsse. Im Gegensatz dazu seien die bisherigen geldpolitischen Schritte eher homöopathisch und haben durch den kräftigen Inflationsanstieg insbesondere die kurzfristigen Realzinsen spürbar sinken lassen. Dadurch stütze die EZB derzeit vor allem die Konjunktur. Ob sie dadurch das in ihr gesetzte Vertrauen verspiele, ihrem mittelfristigen Preisstabilitätsmandat gerecht zu werden, müsse genau beobachtet werden. Bislang jedenfalls gingen die meisten Prognosen einschließlich die des Referenten davon aus, dass sich die Inflationsraten spätestens Ende nächsten Jahres wieder der 2-Prozentmarke nähern.
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