Festakt und Fachtag: Condrobs feiert 50-jähriges Jubiläum
Um 10.30 Uhr wurden die Pforten der Kranhalle im Feierwerk in der Hansastraße 39 geöffnet. Nach und nach trafen die geladenen Gäste ein, um Teil der heutigen, besonderen Veranstaltung zu sein: dem Festakt zum 50-jährigen Jubiläum von Condrobs.
Den Auftakt des Feiertags machte der Geschäftsführende Vorstand von Condrobs. Um kurz nach 11 Uhr bat Moderatorin Susanne Krauseneck Frau Katrin Bahr auf die Bühne. „Für mich ist es angesichts dieser Jahreszahl eine große Ehre, diesen Festakt im Namen des Geschäftsführenden Vorstands Fredrik Kronthaler und mir, Katrin Bahr, zu eröffnen“, so Katrin Bahr. In der einleitenden Begrüßung durfte der Dank an eine für die Condrobs-Geschichte entscheidende Person natürlich nicht fehlen: „Ganz besonders begrüßen möchte ich den Gründer von Condrobs und unseren Aufsichtsratsvorsitzenden, den Rechtsanwalt Herrn Alexander Eberth“. Ohne ihn, so Bahr, wäre Condrobs und all das, was der Verein die vergangenen Jahrzehnte bewirken konnte, undenkbar. Ebenso dankte Katrin Bahr Eva Egartner, die Condrobs über 20 Jahre lang als Vorständin führte und einen enormen Anteil an der Entwicklung des Vereins hat.
Zum Ende ihrer Ausführungen ging Bahr noch auf das KunstWege-Projekt ein, das gestern seine Eröffnung feierte und das Condrobs-Klient*innen mittels Kunst eine Stimme gibt. Hierbei dankte Bahr dem Schirmherren Prof. Wolfgang Flatz für seine Unterstützung. Nach einem herzlichen Applaus leitete Katrin Bahr über zum Condrobs-Mitgründer Alexander Eberth.
„Ich habe 50 Jahre Condrobs nicht bereut“
Eberth, der von Beginn an die Geschicke des Vereins mitbestimmte und -lenkte und ihm heute als Aufsichtsratsvorsitzender vorsteht, stellte seinen Redebeitrag unter das Motto „Warum macht ein Rechtsanwalt Drogenpolitik?“. Mit seiner unverkennbaren Stimme nahm Eberth die Gäste mit auf eine spannende Gründungsreise von Condrobs. „Die damalige Drogenberatungsarbeit entstammte einer Art Release-Bewegung, die sich mehr oder weniger als Selbsthilfeeinrichtung gegen Kriminalisierung von Drogenabhängigen verstand – das war zu wenig,“, so der Jurist. „Allgemein bestand die Ansicht, dass es sich um eine Drogenwelle handeln würde, die bald wieder abnehmen würde. Dass dies nicht der Fall war, weiß man heute.“
Eberth machte in seiner Rede deutlich, dass sein Antrieb stets der Einsatz für Menschen war, die benachteiligt, an den Rand der Gesellschaft gedrängt, ausgegrenzt sind. Standen zu Beginn suchtkranke und -gefährdete Jugendliche im Mittelpunkt der Arbeit, so erhebt Condrobs heute seine Stimme für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und ihre Familien, Geflüchtete sowie suchtmittelabhängige Frauen* und Männer* jeden Alters und ihre Angehörigen – eine Entwicklung, auf die Eberth voller Stolz zurückblickte. Mit wunderbar bescheidenen Worten schloss Eberth seinen Vortrag: „Ich habe 50 Jahre Condrobs nicht bereut.“
Der Geschäftsführende Vorstand überreichte Eberth im Anschluss an diese interessante Reise durch die Jahrzehnte des Vereinsbestehens einen Blumenstrauß und bedankte sich von Herzen für seinen riesigen Einsatz.
„Danke für 50 Jahre Condrobs!“
Nach großem Applaus zu Ehren des Condrobs-Mitgründers folgten als nächster Programmpunkt die Grußworte. Den Auftakt machte Dr. Florian Herrmann, MdL, Leiter des Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien. „Jeder sagt „bitte“ und ich finde, unsere Gesellschaft soll „danke“ sagen und ich tue das stellvertretend für die bayerische Staatsregierung, für den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder: Danke für 50 Jahre Condrobs!“ Herrmann hob in seiner Rede die wichtige Arbeit des Vereins hervor und dankte v.a. Alexander Eberth, der durch sein aufopferungsvolles Engagement ein großes Vorbild sei: „Sie sind wirklich der „Mr. Condrobs“ und wir haben Ihnen sehr viel zu verdanken.“
Mit herzlichen Glückwünschen schließend übergab Dr. Herrmann das Wort an Verena Dietl. Die 3. Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München lobte Condrobs für den großen Einsatz und die vielfältigen Unterstützungsoptionen: „Der Verein stellt viele Angebote zur Verfügung, die das Münchner Hilfesystem bereichern und oft über die Stadtgrenzen hinaus beispielhaft sind.“ Vom Mut, immer wieder neue Wege zu beschreiten, um möglichst vielen Menschen gerecht zu werden, zeigte sich Dietl besonders beeindruckt. In ihrer Rede äußerte sie zudem den Wunsch, dass das von Condrobs und der Stadt München seit Jahren forcierte Thema „Konsumraum“ zeitnah zu einem positiven Abschluss gebracht werden möge. Für die enge Kooperation sprach Verena Dietl Condrobs einen herzlichen Dank aus.
„Condrobs ist da, wenn es um die Sorgen und Nöte geht“
Josef Mederer, Bezirkstagspräsident von Oberbayern, konnte leider nicht live vor Ort dabei sein. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen, Condrobs zum Jubiläum zu gratulieren. In seiner Videobotschaft fand er warme Worte für den Verein: „50 Jahre Condrobs – das ist ein halbes Jahrhundert intensivster Einsatz für Menschen mit Suchterkrankungen. Mit hervorragender fachlicher Expertise gelingt es Condrobs, Menschen in ihrer Vielfalt zu verstehen und dabei zu unterstützen.“ In seiner Eigenschaft als Bezirkstagspräsident Oberbayerns lobte Mederer die wertschätzende Haltung von Condrobs und dass man stets Flagge zeige.
In einer weiteren Videogrußbotschaft richtete der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, das Wort an die versammelten Gäste. In seiner als Aufzählung der vielen positiven Eigenschaften des Vereins dargebotenen Rede stellte Blienert u.a. den Innovationswillen von Condrobs – bspw. beim Naloxonprogramm, dem Einsatz für Konsumräume in Bayern oder dem Streetwork im Netz – heraus. „Condrobs ist da, wenn es um die Sorgen und Nöte geht,“ resümierte Burkhard Blienert. „Herzlichen Dank für 50 Jahre Einsatz am Menschen, mit Menschen, für die Menschen in Bayern.“
Ein Sprachrohr für jene, die nicht gehört werden
Im Anschluss an die Videobotschaften betrat Vorständin Katrin Bahr wieder die Bühne, um in Vertretung von Doris Rauscher, MdL, Vorsitzende im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie deren Grußwort zu verlesen. Darin lobte Doris Rauscher das Engagement von Condrobs, die individuellen Hilfsangebote, das Aufzeigen von Bedarfslücken inklusive Lösungsoptionen sowie das Fungieren als Sprachrohr für jene, „die selbst oft nicht gehört werden.“ Mit einem Aufruf gefolgt von einer anerkennenden Feststellung endete der Text von Doris Rauscher: „Unser Netz muss enger gesponnen werden – dabei sind Sie ein verlässlicher Partner.“
Für den finalen Grußwortbeitrag wurde Gülseren Demirel, MdL, auf die Bühne gebeten. Als Mitglied im Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration sowie Mitglied des Präsidiums des Bayerischen Landtags, die Condrobs bereits in jungen Jahren in ihrem damaligen Beruf als Sozialarbeiterin kennenlernen durfte, hatte sie ein großes Lob parat: „Sie bieten nicht nur Angebote an, doktern an den Problemen rum und versuchen, Unterstützung für das Individuum zu sein oder Probleme zu individualisieren, […] sondern Condrobs richtet den Blick auch, ohne den Einzelnen zu vergessen, auf die Struktur. Und versucht auch, Sprachrohr zu sein für die Betroffenen!“ Dieser Einsatz auf struktureller Ebene zeichne Condrobs insbesondere aus, so Demirel. „Wenn man 50 Jahre zurückblickt, […] dann sieht man, was sich politisch im Interesse der suchtkranken Menschen so viel verändert hat.“
Den zahlreichen ehrenvollen Grußbotschaften folgte die Präsentation des Condrobs-Films „KunstWege – Vom Leben gezeichnet“. Hierfür wurden einige der Kunst-Workshops begleitet, deren Ergebnisse teilweise in einer bis 27.07. andauernden Ausstellung im Farbenladen im Feierwerk bewundert werden können.
Prämissen für eine moderne Suchtpolitik
Nach dieser Auflockerung stand der Impulsvortrag „Sehen.Entwickeln.Gestalten“ von Margit Berndl, Vorstand Verbands- und Sozialpolitik Der Paritätische Bayern auf dem Programm. Gespannt lauschte das Publikum den Ausführungen. Berndl nahm darin Bezug auf Änderungen in Gegenwart und Zukunft.
„Lassen Sie mich mit dem Blick auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen folgende Prämissen für eine moderne Suchtpolitik formulieren,“ begann Berndl ihre Gedanken: „Wir brauchen eine durchgehende Akzeptanz, dass Sucht eine schwerwiegende Krankheit mit sozialen Folgen ist, die auch entsprechend behandelt und bearbeitet werden muss und, wenn möglich, nicht kriminalisiert werden darf. […] Der aus der Suchthilfesicht nicht gerechtfertigte Umgang mit legalen und illegalen Drogen muss aufgelöst werden. […] Sie verdienen die gleiche gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit.“
Berndl fuhr fort: Eine Suchthilfe muss im digitalen Zeitalter ankommen, Prävention muss in den Lebenswelten der Menschen ansetzen und dorthin gehen, wo sie sind!“ Außerdem, so Berndl, sei „die Stärkung von Familien ein wesentlicher Aspekt.“ Zu guter Letzt formulierte Margit Berndl noch einen Auftrag an alle: „Moderne Suchtpolitik muss teilhabeorientierter denken und handeln und partizipativer ausgerichtet sein.“ Berndl hob hervor, dass Condrobs dahingehend bereits sehr modern sei, bei der Umsetzung jedoch politische wie gesellschaftliche Unterstützung benötigt.
Ende des Festakts, Auftakt des Fachtags
Mit diesem Beitrag neigte sich der Festakt langsam dem Ende zu. Das Münchner Musikkollektiv JISR spielte zum Ausklang wunderbare Musik, während der Condrobs-Gastronomiebetrieb VIVA CLARA ein liebevoll zubereitetes Fingerfood-Buffet aufbaute.
Während einige Gäste nach einem stärkenden Snack die Feierlichkeiten verließen, nutzen andere die Chance, sich im angrenzenden Farbenladen durch die „KunstWege“-Ausstellung führen zu lassen. Viele Besucher*innen blieben auf dem Feierwerk-Gelände, da wegen des anschließenden Fachtages weitere Programm-Highlights auf der Agenda standen.
Um 14.30 Uhr begrüßte Moderatorin Susanne Krauseneck die Fachtags-Besucher*innen, darunter etliche, die extra hierfür in den Münchner Westen angereist waren. Condrobs-Vorstand Frederik Kronthaler übernahm die Begrüßung der Fachtag-Besucher*innen. Die Gelegenheit nutzte Kronthaler, um auch an die Entscheidungsträger zu appellieren, öffentliche Mittel nicht zu kürzen, da dies zulasten der Schwächsten gehen würde.
„Leaving Care ragt weit in das Leben danach rein“
Nach dieser eindrücklichen Eröffnung wurde Dr. Severine Thomas vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim angekündigt. In Ihrem Vortrag „Umsetzung der Neuerungen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) in der Gestaltung des Leaving Care“ ging sie detailreich auf das Thema Übergangsbegleitung und Hilfe zur Verbesserung des Starts in ein eigenverantwortliches Leben nach der Kinder- und Jugendhilfe ein. Zu Beginn erinnerte sie nochmal an folgendes: „Die Unterbringung junger Menschen in stationäre Erziehungshilfen ist einer der massivsten Eingriffe in die persönlichen Rechte. Häufig aus gutem Grund. Aber damit geht eine starke öffentliche Verantwortung einher.“ Interessiert hörten die Anwesenden Dr. Thomas‘ Ausführungen zu: „Leaving Care ragt auch sehr weit in das Leben danach rein.“ Man dürfe, so Dr. Severine Thomas, „nie müde werden, über das Thema zu reden, auch über die gesetzlichen Grundlagen.“
Der Stand zum Cannabis-Thema
Ein in der öffentlichen Berichterstattung stark beachtetes Thema hatte der folgende Fachvortrag zu bieten: „Update Cannabis: Aktueller Kenntnisstand und Trends“. Als Expertin trat hierzu Diplompsychologin Dr. Eva Hoch, Institutsleitung IFT Institut für Therapieforschung München auf. „Ich beobachte schon, es ist ein wahnsinniger Hype um das Thema Cannabis,“ so Hoch. „Tabak und Alkohol sind immer noch die Probleme Nummer 1,“ ordnete die Referentin Cannabis bzw. Drogen in der Todesfall- bzw. Gesundheits-Statistik bei Suchtmitteln erst einmal ein. „Cannabis ist aber die mit Abstand am häufigsten konsumierte illegale Droge.“ In ihrem Vortrag ging Dr. Eva Hoch sowohl auf die Vor- wie die Nachteile von Cannabis bzw. dessen Legalisierung ein und verschaffte den Anwesenden einen guten Überblick. Den künftigen Umgang mit dem Thema Cannabis-Legalisierung sollte man am besten „Stück für Stück angehen,“ so Hoch zum Ende ihrer Ausführungen.
„Es braucht frühzeitig Anstrengungen“
Nach einer kurzen Kaffeepause wurde der letzte Fachreferent angekündigt: Robert Andreasch, bekannt als Sozialwissenschaftler und als die rechte Szene immer wieder entlarvender Journalist, griff mit seinem Vortrag „Die Verteidigung der offenen Gesellschaft: was Demokratie gefährdet und wie wir sie schützen können“ ein ebenso brisantes wie enorm wichtiges Thema auf. „Es ist ein Kulturkampf, in dem sich die extreme Rechte befindet,“ so Andreasch. „Sie will einen schon auf allen gesellschaftlichen Feldern bedrängen.“ Mit ruhiger Stimme, jedoch sehr klaren Aussagen machte Andreasch die Gefahr deutlich, die vom rechten Rand droht. Besonders erschreckend war die Erkenntnis, wie stark rechtsradikales Gedankengut als Norm etabliert wird. Gegen Ende seines Vortrags machte Andreasch eines nochmal deutlich: „Es braucht frühzeitig Anstrengungen und dass man sich zusammenschließt. Es könnte sonst zu spät sein.“
Während der abschließenden Fragerunde stellte der Robert Andreasch unmissverständlich klar: „Es stellen sich ständig neue Fragen, bei denen wir jetzt tatsächlich Kante zeigen müssen und um die man vielleicht in den letzten Jahren noch herumgekommen ist.“ Darauf nahm Katrin Bahr zum Abschluss des Fachtags nochmal Bezug und betonte, dass Condrobs sich auch weiterhin deutlich positionieren und Kante zeigen wird und sich für die Bedarfe der Klientel einsetzt.
Mit zahlreichen neuen Gedanken und Erkenntnissen endete der Fachtag. Viele ergriffen zum Abschluss des Tages nochmal die Möglichkeit, die Ausstellung „KunstWege – Vom Leben gezeichnet“ zu besuchen und sich während der Führungen weitere Infos zu diesem Projekt geben zu lassen.
Damit neigte sich dieser ereignisreiche Tag dem Ende zu. Condrobs dankt allen, die daran teilgenommen haben und besonders den Redner*innen bzw. Referent*innen.
Bis zum 27. Juli kann beinahe täglich die „KunstWege“-Ausstellung besucht werden, der Eintritt ist frei. Zudem finden an verschiedenen Tagen dort Veranstaltungen statt. Genauere Infos können der Homepage entnommen werden.
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Condrobs hilft benachteiligten Menschen und ihren Angehörigen. Wir sind ein überkonfessioneller Träger mit vielfältigen sozialen Hilfsangeboten in ganz Bayern. Neben breit gefächerten Angeboten in der Prävention und Suchthilfe sind wir in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in der Migrationsarbeit tätig. Condrobs ist Ausbilder und bietet betreute Arbeitsplätze für Frauen* und Männer*, die nach einer schwierigen Lebensphase wieder ins Arbeitsleben zurückkehren wollen. In unserer Akademie finden Fachleute themenspezifische Fortbildungen. Weitere Informationen unter www.condrobs.de
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