GDL: Nicht zu früh die Korken knallen las-sen!
Dann müssen wir eben die stärkste Fraktion im Betrieb sein
Die Reaktion der GDL auf die Entscheidung ist klar. Weselsky: „Wir werden noch stärker um Mitglieder werben. Wenn nur der Tarifvertrag der stärksten Gewerkschaft gilt, dann müssen wir eben die stärkste Fraktion im Betrieb sein. Wir sind auf gutem Wege. Das Management der Deutschen Bahn soll somit nicht zu früh die Sektkorken knallen lassen.“ Die DB hat der GDL bisher willkürlich lediglich in 17 von 75 Betrieben mit Tarifkollision die Mehrheit zugesprochen. Weselsky: „Das DB-Management will lieber mit ihrer braven Hausgewerkschaft billige Tarifverträge schließen, als mit einer starken Gewerkschaft die Entgelt- und Arbeitsbedingungen verbessern und so dem gravierenden Personalmangel ein Ende bereiten.“ Bei den Wettbewerbsbahnen hat die GDL ohnehin schon die Mehrheit der Eisenbahner organisiert und wird deshalb diese Arbeitgeber zur Anwendung des TEG auffordern. „Am Ende wird sich zeigen, welche Gewerkschaft in den Eisenbahnverkehrsbetrieben dauerhaft existiert und welche Tarifverträge untergehen“, so der Bundesvorsitzende.
Unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf die Koalitionsfreiheit
Die Entscheidung des EGMR verlief nicht einstimmig. Zwei Richter erläuterten in einer gesonderten Stellungnahme ausführlich, dass das TEG durchaus unverhältnismäßig in die Grundrechte der Arbeitnehmer eingreife und daher tatsächlich ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention vorliege. Das sehen die GDL und der dbb genauso. „Das Tarifeinheitsgesetz ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf die Koalitionsfreiheit einzelner Beschäftigter und in die Tarifautonomie“, so Weselsky. Hinzu kommen die auch vom Bundesverfassungsgericht erkannten Schwierigkeiten bei der Ermittlung, wer wo die meisten Mitglieder hat. Dieses Problem ist bis zum heutigen Tag nicht geklärt.
Hintergrund
Im Dezember 2017 hatten die GDL, der dbb und der Marburger Bund gegen das ursprüngliche Tarifeinheitsgesetz Beschwerde vor dem Straßburger Gerichtshof erhoben. Durch den Urteilsspruch des BVerfG am 11. Juli 2017 stand der Weg zum EGMR (Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte) offen. Die Individualbeschwerde richtet sich, wie auch zuvor die erste Verfassungsbeschwerde im Jahr 2015, gegen das im Juli 2015 in Kraft getretene Tarifeinheitsgesetz vom 3. Juli 2015.
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