Schlangen, Staus und Storno-Flüge
Der frühe Vogel…
Die ARAG Experten raten, möglichst noch früher am Flughafen zu sein als die üblichen zwei Stunden, da der Check-in und die Sicherheitskontrollen wahre Zeitfresser geworden sind. Nach Möglichkeit sollten Urlauber schon vorher online einchecken oder sogar einen Vorabend-Check-in machen, weil man dann sogar schon seine Koffer aufgeben kann. Wenn es sich nur um einen Kurztrip handelt, raten die ARAG Experten, nur mit Handgepäck zu reisen. Zudem sollten Reisende regelmäßig den Flug-Status überprüfen; entweder auf der Internetseite des Abreise-Flughafens, direkt bei der Airline oder über Apps, die wichtige Informationen zu Check-in, Flugzeiten-Änderungen, etc. als Push-Benachrichtigung auf das Handy liefern.
Gepäck weg – was nun?
Geht Reisegepäck auf Flugreisen verloren oder wird zerstört, beschädigt oder kommt verspätet an, haften Luftfahrtunternehmen und müssen den Schaden ersetzen. Die Höchstgrenze liegt laut ARAG Experten derzeit bei rund 1.300 Euro, wenn Reisende vorher keine Angaben zu Wertgegenständen gemacht haben. Ansonsten wird in Höhe der Wertedeklaration Schadensersatz geleistet. Der Verlust bzw. die Beschädigung des Gepäcks muss innerhalb von sieben Tagen schriftlich bei der entsprechenden Airline gemeldet werden. Ist das Gepäck verspätet, müssen Reisende 21 Tage nach Erhalt des Gepäcks eine Meldung machen. Als verloren gilt ein Gepäckstück erst nach dieser dreiwöchigen Frist. Hilfe bei Streitigkeiten wegen Gepäckschäden oder der Beschädigung von Sachen, die der Fluggast bei sich trägt, bekommen Reisende kostenlos bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V., Telefon 030 – 644 99 33 0, sofern die Fluggesellschaft Mitglied ist. Gibt es Ärger mit anderen Luftfahrtunternehmen, hilft die „Schlichtungsstelle Luftverkehr“ des Bundesamtes für Justiz, Telefon: 0228 – 994 10 61 20.
Vier Urteile zum Thema:
Rail&Fly-Ticket Bestandteil der Pauschalreise
Um den Kuba-Urlaub ganz entspannt zu beginnen, nahm das Ehepaar den Zug zum Flughafen. Das Rail&Fly-Ticket war sogar Bestandteil ihrer pauschal gebuchten, rund 3.600 Euro teuren Reise und kostete die Urlauber daher keinen Cent zusätzlich. Doch der Zug traf mit einer Verspätung von zwei Stunden am Flughafen ein, sodass das Ehepaar den Flieger in die karibische Sonne verpasste. Noch vom Flughafen aus kontaktierten sie telefonisch ihren Reiseveranstalter, doch der bot ihnen lediglich einen späteren Flug für 2.400 Euro an. Die enttäuschten Fast-Urlauber lehnten ab und kehrten heim. Anschließend forderten sie vom Reiseunternehmen wegen entgangener Urlaubsfreuden 50 Prozent des Reisepreises zurück. Doch das weigerte sich mit der Begründung, dass die Bahnfahrt eine Fremdleistung sei, auf die man keinen Einfluss habe und für die man daher nicht haften müsse. Zudem sei die Zugfahrt ja keine Verpflichtung und die Urlauber hätten mit dem Auto oder dem Taxi zum Flughafen fahren können. Nachdem die ersten beiden Instanzen der gleichen Auffassung waren, entschieden die Richter des Bundesgerichtshofes jedoch für die Urlauber und werteten die Zugverspätung als Reisemangel. Ihrer Ansicht nach war es für die Kunden nicht ersichtlich, dass die Bahnfahrt keine vom Reiseunternehmen angebotene Leistung war, da erstens die Ticket-Kosten im Pauschalpreis enthalten waren und auch der Reiseprospekt den Bahntransfer als besonderen Vorteil der Reise herausstellte. Die ARAG Experten fassen zusammen: Verbraucher tragen nicht die Gefahr einer Zugverspätung und damit für einen verpassten Flieger, wenn ein Reiseveranstalter die Zugfahrt im Rahmen einer Pauschalreise als eigene Leistung verkauft (Az.: X ZR 29/20).
Entschädigung bei Flugverspätung auch für Firmentarife
Die eine Mitarbeiterin landete erst sieben Stunden später am Zielflughafen Basel, ihr Kollege kam gar nicht erst in die Luft, weil der Flug annulliert wurde. Beide hatten ihre Flugtickets nach Auskunft der ARAG Experten zu einem vergünstigten Firmentarif über ihren Arbeitgeber gebucht, der mit der Lufthansa einen entsprechenden Deal ausgehandelt hatte. Als die beiden Mitarbeiter Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1) forderten, weigerte sich das Luftfahrtunternehmen mit der Begründung, die Verordnung gelte nicht für vergünstigte Corporate-Tarife. Die ARAG Experten erläutern zum Hintergrund: Die Verordnung gilt nicht für reduzierte Tickets, die nicht unmittelbar oder mittelbar der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wohl aber für Flugscheine, die im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms vergünstigt angeboten werden. Nachdem die ersten beiden Instanzen der Airline-Auffassung folgten, schlossen sich die Richter des Bundesgerichtshofes allerdings der Meinung der geschädigten Passagiere an. Sie führten an, dass der Firmentarif – im Gegensatz zu den nahezu kostenlosen Tarifen beispielsweise für Airline-Mitarbeiter – lediglich einen Firmen-öffentlichen Mengenrabatt gewähre und mit wenigen Einschränkungen auch für die Öffentlichkeit zugänglich sei. Damit hätten die Tarife eher den Charakter eines Kundenbindungsprogramms mit eindeutig wirtschaftlichem Interesse. Das sahen auch die obersten Richter und die Mitarbeiter wurden entschädigt (Az.: X ZR 106/20 und X ZR 107/20).
Wer erstattet Gepäckverlust auf Reisen?
Bei einer Pauschalreise kann der Reiseveranstalter bei Gepäckverlust in Anspruch genommen werden. Bei einer Individualreise richten sich Entschädigungsansprüche bei Gepäckverlust oder Gepäckbeschädigung in der Regel gegen die Fluggesellschaft, die die Reise durchführt. Das regelt nach Auskunft der ARAG Experten das Montrealer Übereinkommen (MÜ, Artikel 33 Absatz 1 und 2). Voraussetzungen: Hin- und Rückflug müssen zusammen gebucht worden sein und abhanden gekommenes Gepäck bleibt auch nach Ablauf von einundzwanzig Tagen verschwunden. In einem konkreten Fall weigerte sich die Airline allerdings, den Schaden einer Kundin zu ersetzen, die ihren Hin- und Rückflug von Hahn nach Neapel online direkt bei der Airline gebucht hatte. Auf dem Hinflug wurde ihr Gepäck beschädigt und sie verlangte 354 Euro Schadensersatz und berief sich dabei auf das MÜ. In den ersten beiden Instanzen hatte sie das Nachsehen, da den Richtern die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte fehlte und die Klage daher unzulässig war. Zudem könne der Abflugort Hahn nur dann als Bestimmungsort für den Gerichtsstand angesehen werden, wenn es sich bei Hin- und Rückflug um eine einheitliche, internationale Beförderung handele. Der Bundesgerichtshof hingegen betonte, dass es sich sehr wohl um eine einheitliche Leistung handele, da die Frau sowohl Hin- als auch Rückflug in einem Buchungsvorgang zu einem Gesamtpreis gekauft habe. Damit ist der für den Gerichtsstand maßgebliche Bestimmungsort der Abflugort Hahn. Unerheblich ist dabei laut ARAG Experten, dass die Urlauberin direkt bei der Airline und nicht in einem Reisebüro gebucht hat. Auch separate Stornierungsmöglichkeiten von Hin- und Rückflug spielen keine Rolle (Az.: X ZR 85/20).
Geld zurück bei annulliertem Flug?
Nicht immer haben Fluggäste laut ARAG Experten einen Anspruch auf Rückerstattung der Flugticketkosten, wenn ihr Flug gestrichen wird. Um Geld zurückzubekommen, müssen Reisende das Ticket selbst bei der Fluggesellschaft gebucht und bezahlt haben. In einem konkreten Fall hatte eine Gruppe von mehreren Personen Hin- und Rückflüge von Berlin nach Spanien gekauft. Der Rückflug fiel allerdings aus und wurde erst zwei Tage später nachgeholt. Um ihre Ansprüche der Airline gegenüber geltend zu machen, beauftragte die Gruppe ein so genanntes Legal-Tech-Unternehmen, das die Fluggesellschaft auf Kostenerstattung verklagte. Doch die Richter wiesen die Klage mit der Begründung ab, dass nicht ersichtlich sei, wer genau die Flüge gebucht und bezahlt hatte (Landgericht Berlin, Az.: 19 S 9/21, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.). Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass Grundlage für einen Anspruch auf Erstattung die Europäische Fluggastrechteverordnung (Artikel 8 Absatz 1a) ist. Die gibt jedoch vor, dass ein Flugschein selbst gebucht und bezahlt worden sein muss, weil nur dann ein Vertrag mit der Airline zustande kommt. Schutzlos sind Fluggäste, die ihren Flug nicht selbst, sondern beispielsweise über ein Reisebüro buchen, aber nicht. Ihr Vertragspartner ist dann das Reisebüro, gegen das ein Anspruch aus nationalem Recht bestehen kann.
Weitere Informationen zu Fluggastrechten unter:
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