Werkstoffplattform HyMat – Statusseminar zur branchen- und werkstoffübergreifenden Materialforschung
Moderne Anwendungen z. B. im Fahrzeugbau, in der Luftfahrt, im Maschinen- und Anlagenbau, in der Elektronik, in der Energiespeicherung, in der Medizintechnik oder auch in der Baubranche erfordern völlig neue Materialeigenschaften, welche mit klassischen Werkstoffen allein nicht mehr erfüllt werden können. In Hybridwerkstoffen werden Materialien unterschiedlicher Werkstoffklassen zu einem neuen Werkstoffsystem so kombiniert, dass sich die Vorteile aller Komponenten ergänzen und/oder neue Eigenschaften möglich werden.
Das BMBF fördert auf Grundlage des Rahmenprogramms „Vom Material zur Innovation“ über die Werkstoffplattform „Hybride Materialien – Neue Möglichkeiten, Neue Marktpotenziale (HyMat)“ branchenoffen Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Ziel ist es, den technologischen Reifegrad von hybriden Werkstoffen zu steigern und damit die Chancen für eine Marktfähigkeit zu erhöhen sowie gleichzeitig gesellschaftlichen Herausforderungen nachhaltig zu begegnen.
Branchenübergreifende werkstoffbasierte Innovationen
Beim Statusseminar am 21. und 22. Juni 2022 in Dresden stellten Vertreterinnen und Vertreter der 25 Verbundprojekte der Werkstoffplattform „HyMat“ ihre bisherigen Arbeitsergebnisse sowie erste Demonstratoren vor. Die Präsentationen gaben einen beeindruckenden und vielfältigen Überblick zu aktuellen werkstoffbasierten Innovationen. So zeigten bspw. die TU Braunschweig und das Fraunhofer-Institut für Holzforschung im Verbundprojekt „GreenFront“ Vorteile und Möglichkeiten eines Holzschaum-Beton-Verbundwerkstoffes für Fassadenelemente. Das vorgestellte Sandwichelement hat einen Kern aus Holzschaum und dünne äußere Deckschichten aus Textilbeton. Das neue Bauteil ist bei ähnlichen Eigenschaften wesentlich leichter als herkömmliche Innenausbau- oder Gebäudefassadenplatten. Der neuartige Holzschaum ist ökologisch nachhaltig: Hergestellt aus Holzresten von regional verfügbaren Holzarten und ohne Zugabe eines Binders aus fossilen Rohstoffen ersetzt er die bisher üblichen PUR- oder XPS-Schäume. Für die Deckschichten wird ein textilbewehrter Beton verwendet. So können aufgrund der hohen Druckfestigkeiten des Feinbetons und der hohen Zugfestigkeiten der Bewehrungstextilen aus Glas- oder Carbonfasern die Deckschichten sehr gering gehalten und damit der Materialeinsatz verringert werden. Aufgrund der eingesetzten Materialien ist dieses Sandwichelement zudem sehr gut recyclebar.
Im Rahmen von „Hybrid2“ entwickeln die Projektpartner CompriseTec GmbH, Phi-Stone AG, MEC Container Safety Systems GmbH und die Universität Stuttgart eine Prozesskette zur Fertigung eines Lashing Rods, bestehend aus einem Faserverbund-Metall-Hybridmaterial, für den Einsatz in der kommerziellen Containerseeschifffahrt. Motivation und signifikanter Arbeitsfaktor ist die manuelle Ladungssicherung bei der Be- und Entladung der Schiffe . Die dafür verwendete Lashing-Ausrüstung ist schwer und unhandlich (konventioneller Stahl-Lashing Rod bis ca. 28 kg bei ca. 5 m Länge) und die Fixierung der Container auf Deck, ein entsprechend kraftaufwendiger und störanfälliger Vorgang, birgt ein großes Unfall- und Verletzungsrisiko. Faserkunststoffverbund-basierte Materialien bieten in diesem Anforderungsumfeld enorme Vorteile. So verringern leichtere Lashing Rods das Unfall- und Verletzungsrisiko und erlauben, durch eine bessere Handhabung, gleichzeitig eine schnellere Abfertigung der Containerschiffe. Lashing Rods als Hybridbauteile, aus der Kombination von hochfesten, jedoch leichten, endlosfaserverstärkten Faserverbundmaterialien und metallischen Lasteinleitungselementen, würden somit die Handhabung der Lasch-Stangen an Bord deutlich vereinfachen und gleichzeitig die hohen Lastanforderungen beim Verzurren erfüllen.
Intensiver Austausch und Networking
Nachdem bisherige Treffen der HyMat-Akteure überwiegend nur als Online-Events stattfinden konnten, nutzten die über 100 Gäste aus Wissenschaft und Industrie das erste physische Treffen für einen intensiven branchenübergreifenden Austausch zu den Inhalten und Ergebnissen der Verbundprojekte. Abgerundet wurde das zweitägige Treffen durch eine gemeinsame Abendveranstaltung sowie die Möglichkeiten zur Besichtigung des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS, des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden mit dem Leichtbaucampus und dem Nationalen Leichtbau-Validierungszentrums oder der AUMO GmbH.
Organisiert hatte das Statusseminar der Composites United, der das Begleitvorhaben „HyMatPlus“ umsetzt. „HyMatPlus“ hat die aktive Vernetzung aller Verbundprojekte und -partner sowie die Förderung des intensiven interdisziplinären Austausches zum Ziel. So sollen projektübergreifend Synergien genutzt sowie der Transfer von Ergebnissen in die industrielle Praxis gefördert werden. Das nächste Statusseminar ist für den Herbst 2023 geplant.
Über das Programm
Das Förderprogramm „Vom Material zur Innovation“ adressiert Materialinnovationen zur Lösung der globalen Herausforderungen Klimawandel, Rohstoffknappheit, Urbanisierung und demografische Entwicklung. Der Fokus liegt hierbei auf anwendungsorientierten Werkstoffentwicklungen in den Bereichen Energietechnik, Ressourcenschonung, Mobilität, Gesundheit und Lebensqualität sowie zukünftiger Bausysteme. Das BMBF wird im Rahmen des Programms bis zum Jahr 2024 rund 100 Millionen Euro pro Jahr in die Materialforschung investieren.
Weitere Informationen unter www.werkstofftechnologien.de
Composites United e. V. (CU) ist eines der weltweit größten Netzwerke für faserbasierten multimaterialen Leichtbau. Rund 350 Mitglieder haben sich zu diesem leistungsstarken Industrie- und Forschungsverbund zusammengeschlossen. Mehrere Regional- und Fachabteilungen tragen die Vereinsaktivitäten in der gesamten DACH-Region, dazu kommen internationale Vertretungen in Japan, Süd-Korea, China und Indien.
Der Composites United e.V. entstand mit Wirkung zum 01. Januar 2019 aus der Fusion der beiden vorbestehenden Vereine Carbon Composites e. V. und CFK Valley e. V. Sitz des Composites United e. V. ist Berlin, daneben bleiben Augsburg und Stade als eingeführte Standorte erhalten.
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