Kammerbezirk Karlsruhe: Mehr als 20.000 Handwerksbetriebe
Bei den inzwischen „rückvermeisterten“ Gewerken wie den Fliesen-, Platten und Mosaikherstellern oder den Raumausstattern sind die Folgen der Zulassungsfreiheit der Gründungsboomjahre 2004 bis Februar 2020 – die Eintragungen und auch wieder Löschungen schnellten in diesem Zeitraum in die Höhe – an der aktuellen Statistik immer noch ablesbar: Den Zugängen im 1. Halbjahr stehen deutlich mehr Abgänge gegenüber, die Marktanpassungsprozesse sind in vollem Gange.
„Das Handwerk hat Zukunft, und das gilt auch in Krisen. Die Entwicklung der Betriebszahlen zeigt das“, meint Handwerkspräsident Joachim Wohlfeil. „Klimaschutz und Energieeffizienz sind ein großer Markt fürs Handwerk und eine Selbständigkeit in den Klimaberufen entsprechend attraktiv. Ebenfalls erfreulich ist, dass es noch keine krisenbedingte Schließungswelle zu geben scheint. Die Zahlen zeigen aber auch: Wer mit einer guten Qualifizierung die Selbstständigkeit beginnt, hat größere Chancen, die schwierigen Anfangsjahre erfolgreich zu überstehen.
Im Vergleich zum Jahresbeginn gab es bei 1.017 Zugängen und 997 Abgängen in allen drei Handwerksverzeichnissen 20 Betriebe mehr. Einen positiven Saldo von 108 Betrieben meldet hierbei die Anlage B1 im zulassungsfreien Handwerk. Dazu tragen beispielsweise die Gebäudereiniger (+64), Fotografen (+25), das Holz- und Bautenschutzgewerbe (+20) oder das Kosmetikerhandwerk (+15) bei.
Trotz des statistischen Plus zeige sich, dass die Betriebe aktuell stark verunsichert sind. „Sie wissen schlicht nicht, was das Jahresende bringt. Nicht erhältliche Vorprodukte, die Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Energie, stark steigende Preise und Auftragsrückgänge am Bau senken die Stimmung. „Nicht alle Handwerker können die Preise unbegrenzt weitergeben“, so Wohlfeil.
Strukturanalyse Handwerk – kleinbetriebliche Größen prägend
Die Betriebszahlen aus dem Kammerbezirk werden durch eine aktuell veröffentlichte Strukturumfrage des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH) in einigen Merkmalen näher erläutert. Danach bestimmen im deutschen Handwerk vornehmlich Klein- und Kleinstbetriebe die Struktur. In beinahe zwei Dritteln der Handwerksbetriebe sind maximal 4 Personen (inklusive der Betriebsinhaberin/des Betriebsinhabers) tätig, mehr als ein Drittel der Betriebe sind Soloselbständige. Auf die größeren Handwerksbetriebe, in denen 10 bis 49 Personen tätig sind, entfällt ein Anteil von 15 Prozent am gesamten Betriebsbestand.
Betriebsgründungen sind im Handwerk der klassische Weg in die Selbstständigkeit. Häufiger selbst gegründet werden Einpersonenbetriebe sowie Betriebe mit 2 bis 4 Beschäftigten. Im Handwerk sind insgesamt 27 Prozent der Betriebsinhaber/-innen durch eine Nachfolge oder Betriebsübernahme in ihre Funktion gelangt.
Im Bezirk der Handwerkskammer Karlsruhe sind drei von fünf Inhaberinnen und Inhabern älter als 50 Jahre (59 Prozent), jeder Fünfte hat das sechszigste Lebensjahr bereits überschritten (21 Prozent). Damit stehen rein rechnerisch in den nächsten Jahren über 4.000 Handwerksbetriebe zur Nachfolge an. Der Kammerpräsident dazu: „Wir brauchen Übernehmer dieser Betriebe aber auch Neugründungen: Der für die Umsetzung der Transformationsprozesse der Digitalisierung und des Umbaus zu einer klimaneutralen Wirtschaft unabdingbare Ausbau der betrieblichen Kapazitäten wird ohne Handwerksbetriebe mit deren Fachkräften und Auszubildenden sonst nicht gelingen.“
Eine Mehrheit der Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber im Handwerk hat die Meisterprüfung oder eine gleichwertige Prüfung abgelegt (61 Prozent). Die Meisterausbildung bleibt im Handwerk eine wichtige Qualifikation für die Führung eines Betriebs und für die Ausübung einer handwerklichen Tätigkeit und ist in vielen Gewerken zudem auch Zulassungsvoraussetzung. In der Strukturumfrage berichten weitere 40 Prozent der Befragten davon, eine handwerkliche Berufsausbildung absolviert zu haben und verfügen über einen Gesellenbrief.
Wie sieht die Kundenstruktur für das Handwerk aus?
Die eigene Region in einem Radius von bis zu 50 Kilometern um den Betriebssitz bleibt das primäre Tätigkeitsfeld für einen Handwerksbetrieb. 85 Prozent der Umsätze im Gesamthandwerk werden durchschnittlich in diesem Radius erzielt. Hauptabnehmer von handwerklichen Erzeugnissen und Dienstleistungen sind private Auftraggeber, mit denen die Betriebe die meisten ihrer Umsätze erzielen. Von ihrer Bedeutung für die Umsätze im Gesamthandwerk kleiner sind die gewerblichen und die öffentlichen Auftraggeber.
Im Gesamthandwerk wird beinahe die Hälfte der betrieblichen Umsätze mit Dienstleistungen erwirtschaftet. Neben Reparatur-, Wartungs- und Montagearbeiten (20 Prozent) sind dazu auch weitere Dienstleistungen (26 Prozent), wie beispielsweise das Schneiden von Haaren, die Erstellung von Fotografien sowie das Reinigen von Textilien oder Gebäuden, zu zählen.
Zudem wird ein Drittel der handwerklichen Umsätze auf Baustellen erarbeitet. Dabei entfallen 23 Prozent der Umsätze auf die Sanierung oder den Umbau von Bestandsimmobilien und weitere 10 Prozent auf die Herstellung von Neubauten, wozu auch Tätigkeiten im Tiefbau, wie der Bau von Straßen gehören.
Hinzu kommen Umsätze durch die Herstellung eigener Produkte in vielen Gewerken, beispielsweise im Nahrungsmittelhandwerk, bei den Schreinern oder den Gesundheitshandwerken.
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