Emotional, empathisch, unberechenbar
„Es hängt von meiner Tagesform ab, wie gut oder schlecht ich mit der fortgeschrittenen Demenz meiner Mutter umgehe“, sagt Hüneke. Es gibt Tage, an denen seine Erwartungen an eine Begegnung mit der Frau, die ihn großgezogen und mit der er früher viel gemeinsam musiziert hat, zu hoch sind – dann muss die reale Begegnung mit ihr daran scheitern. „Ihre kognitiven Fähigkeiten sind sehr stark zurückgegangen, sie war eine großartige und sehr kluge Gesprächspartnerin, jetzt spricht sie gar nicht mehr. Manchmal nickt sie, ich weiß aber oft nicht, was sie dann sagen will, oder ob sie überhaupt etwas damit sagen will“, berichtet Hüneke. „Sie ist trotzdem immer noch die liebe und freundliche Person, die sie immer war – und wenn ich mich darauf konzentriere, dann haben wir eine Verbindung.“
Demenz – verbunden bleiben, das ist auch das Motto des diesjährigen Welt-Alzheimertages. Und weil sich Musik sehr gut dazu eignet, Menschen zu verbinden, lädt das Memory Zentrum – das Kompetenzzentrum für Demenz in Neuss – anlässlich des Welt-Alzheimertages am 21. September zum kostenfreien Freiluft-Konzert mit Eddi Hüneke. Als ehemals Mitglied der bekannten deutschen a cappella Band Wise Guys spielt der 51-Jährige jetzt erfolgreiche Solo-Programme.
Eddi Hüneke ist nicht nur Angehöriger eines Menschen, der mit Demenz lebt. Er leitete auch über vier Folgen den Demenzchor in einem ZDF-Format mit der Moderatorin Annette Frier. „Ich wurde für diese Aufgabe ausgesucht, weil ich schon bei früheren Chorprojekten gerne empathisch mit den einzelnen Chormitgliedern umging. Das ist anscheinend aufgefallen, und das braucht es bei der musikalischen Arbeit mit Menschen mit Demenz.“ Die Arbeit mit dem Demenzchor war für Hüneke persönlich sehr bereichernd: Einerseits, so erzählt er, bereite es ihm Freude, mit der Unberechenbarkeit konfrontiert zu sein und improvisieren zu müssen. „Das mache ich auch bei meinen Solo-Programmen. Ich mag es, wenn plötzlich Dinge geschehen, die nicht geplant sind“, schmunzelt Hüneke. „Das löst die Spannung und macht einfach allen mehr Spaß.“ Andererseits war er selbst erstaunt zu erleben, was Musik mit Senioren, die mit Demenz leben, machen kann. „Die Menschen waren nicht nur entspannter und glücklicher, ihr Cortisol-Spiegel ist messbar gesunken durch unsere musikalische Arbeit. Die Uni Frankfurt hat unser Projekt wissenschaftlich begleitet und gleichzeitig Untersuchungen bei den Teilnehmern durchgeführt. Musik, singen, musizieren – das hat messbare, positive Auswirkungen auf uns Menschen.“ Auch am 21. September soll sein Konzert den Menschen Freude machen und verbindendes Element sein. Es wird Stücke aus seinem Solo-Programm „Träum weiter“ geben. „Die Lieder setzen sich auf emotionale, aber auch lustige Weise mit dem Leben – und auch dem Sterben – auseinander“, erklärt Hüneke. „Die Demenz kommt in meinem Programm nicht direkt vor. Ich stehe aber nach meinem Konzert für Besucher für Gespräche zum Thema Demenz bereit und freue mich auf einen Austausch.“
Das Konzert findet am 21. September, auf dem großen Platz vor dem Memory Zentrum auf der Steinhausstraße 40 in Neuss statt, Einlass ist ab 17.30 Uhr, der Eintritt ist frei.
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