Erben will geprüft sein
Bundesfinanzhof – Bei Testamentseröffnung entsteht Steuer
Wurde etwas geerbt, müssen die Erben dies innerhalb von drei Monaten nach Bekanntwerden der Erbschaft dem Finanzamt mitteilen. Dieses hat dann vier Kalenderjahre nach der Testamentseröffnung Zeit zu prüfen, ob und in welcher Höhe Erbschaftssteuern anfallen. Laut aktuellem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) in München gilt dies auch, wenn die Entscheidung angefochten wird. Diese Vorgabe resultiert aus einem Fall, in dem eine im Jahr 2003 verstorbene Frau in ihrem Testament ihren Großcousin als Alleinerben einsetzte. Damit waren drei Familienangehörige nicht einverstanden und fochten dies vor dem Nachlassgericht an. Neun Jahre später wurde entschieden, dass das Erbe dem Großcousin zustehe. Weitere Beschwerdeverfahren folgten und verzögerten die Ausstellung des Erbscheins. Als dieser im Oktober 2017 endlich ausgestellt werden konnte, reagierte immerhin das Finanzamt schnell und setzte ein Jahr später die Erbschaftsteuer fest – über 163.700 Euro. Laut BFH allerdings zu spät und außerhalb der Frist. Denn die Festsetzungsfrist, so urteilten die Richter, beginnt bereits nach der Testamentseröffnung, weil zu diesem Zeitpunkt die Erben und auch das Finanzamt bereits Kenntnis über das Erbe erhalten. Nur bei "völlig unklaren Verhältnissen" verschiebt sich die Frist auf das Datum der Erteilung des Erbscheins. Der Großcousin erhielt nach diesem Urteil demnach das gesamte Erbe, ohne Steuern zahlen zu müssen (Az.: II R 17/20).
Oberlandesgericht Hamm – Achtung bei Ausschlagung des Erbes
Das Erben von Schulden ist selten im Interesse der Hinterbliebenen. Das Gesetz legt nicht fest, dass ein Erbe angetreten werden muss, es kann auch ausgeschlagen werden. Neben Fristen und Formalia, die es bei einer Ausschlagung zu berücksichtigen gilt, weisen die ARAG Experten darauf hin, dass eine „taktische“ Erbausschlagung nicht immer zum Erfolg führt. In einem kürzlich durch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschiedenen Fall hinterließ der Verstorbene kein Testament, sodass die gesetzliche Erbfolge für seine Ehefrau und Kinder galt. Um die Ehefrau zur Alleinerbin zu machen, schlugen alle Kinder die Erbschaft rechtswirksam aus. Bei Beantragung des Erbscheins wies das Nachlassgericht die Ehefrau allerdings darauf hin, dass sie nur dann den Nachlass allein erbe, wenn der Verstorbene keine weiteren Angehörigen hinterlassen hat. Dies war aber nicht der Fall, da er noch (Halb-)Geschwister hatte, die bedingt durch die Ausschlagung des Erbes durch die Kinder neben der Witwe nun ebenfalls zu gesetzlichen Erben wurden. Daraufhin focht eines der Kinder seine Ausschlagungserklärung mit der Begründung an, dass er sich über die Rechtsfolge seiner Ausschlagung geirrt habe (sogenannter Erklärungsirrtum). Die Richter des OLG sahen darin jedoch keinen wirksamen Anfechtungsgrund, ließen aber die Rechtsbeschwerde zu (Az.: 15 W 51/19). Nun liegt es am Bundesgerichtshof zu klären, ob ein derartiger Irrtum zum Anfechten einer Ausschlagungserklärung berechtigt.
Pflegeleistungen werden beim Erbausgleich berücksichtigt
Eine wichtige Neuerung der letzten Erbrechtsreform ist die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung. Ohne Testament gingen pflegende Angehörige früher häufig leer aus. Nach der Neuregelung erhält jetzt jeder gesetzliche Erbe einen Ausgleich für Pflegeleistungen, und zwar unabhängig davon, ob er für die Pflegeleistungen auf eigenes berufliches Einkommen verzichtet hat. Die Höhe des Ausgleichsbetrages orientiert sich unter anderem an Dauer und Umfang der Pflegeleistungen.
Vor der Erbschaft – Das Testament
Wenn man verhindern möchte, dass sich die Hinterbliebenen um das Erbe streiten, sollte man beim Verfassen des Testaments einiges beachten. Doch ein klassisches Einzeltestament ist nicht die einzige Option, um den letzten Willen festzulegen. Möglich sind auch ein Erbvertrag oder das Berliner Testament .
Dabei sollte der letzte Wille am besten handschriftlich verfasst werden. So recherchierten die ARAG Experten einen Fall, bei dem die verstorbene Erblasserin drei Kinder hinterließ. Im notariellen Testament wurde im Jahr 2007 von der Erblasserin bestimmt, dass sie ihren Sohn zum Alleinerben macht und ihre Töchter im Todesfall lediglich den Pflichtteil erhalten. Im Jahr 2009 unterzeichnete die Erblasserin ein handschriftlich nicht von ihr verfasstes Schriftstück, in dem sie einen wesentlichen Teil ihres Vermögens nicht mehr ihrem Sohn, sondern ihrer Enkelin, der Tochter der Klägerin, zuwandte. Nach dem Tod der Erblasserin stritten die Beteiligten nun darüber, ob die Erblasserin mit dem Schriftstück aus dem Jahr 2009 die Regelungen aus dem Testament von 2007 aufgehoben hat und das Erbe anders verteilt werden muss. Darüber hinaus warf der Sohn der auf ihren Pflichtteil klagenden Tochter Urkundenfälschung und damit verbunden Erb- und Pflichtteilsunwürdigkeit vor. Dabei versicherte die Tochter an Eides statt, dass ihre Mutter das Schriftstück aus dem Jahr 2009 in ihrer Gegenwart selbst ge- und unterschrieben habe. Das Oberlandesgericht Hamm sprach der Tochter den begehrten Pflichtteil zu und verneinte die vom Sohn vorgeworfene Erb- und Pflichtteilsunwürdigkeit durch das Verfassen einer unechten Urkunde. Das 2009 von der Erblasserin unterzeichnete Schriftstück sei zwar ein formunwirksames Testament, weil die Erblasserin den Text der Urkunde nicht selbst geschrieben habe, der Vorwurf der Urkundenfälschung im strafrechtlichen Sinn komme laut der Richter jedoch nicht zum Tragen (Az.: 10 U 83/15).
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