Haushaltsdebatte: Bundestag diskutiert engagiert über Kultur
Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, ist erfreut, dass sowohl von Abgeordneten der Regierungs- als auch der Oppositionsfraktionen auf einige seiner Vorschläge eingegangen wurde. Er sichert zu, dass er sein Versprechen einhalten wird, gerade mit Blick auf die Überwindung der Energiekrise konkrete Vorschläge aus der Breite seiner Mitgliedschaft zusammenzutragen und vorzulegen.
Ein zentrales Thema der kultur- und medienpolitischen Debatte heute war das Eintreten für Demokratie und Meinungsfreiheit sowie die Unterstützung von exilierten Künstlerinnen und Künstler bzw. Journalistinnen und Journalisten aus der Ukraine und Russland, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben. So hob der Berichterstatter für Kultur im Haushaltsausschuss Andreas Audretsch, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) die Aufstockung der Mittel zur Unterstützung verfolgter Journalistinnen und Journalisten sowie die Mittelaufstockung für die Deutsche Welle für ukrainisches und russisches Programm als besonders wichtig hervor.
Marc Jongen, MdB (AfD) ging in seinem Beitrag ebenfalls auf medienpolitische Fragen ein und kritisierte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk scharf. Er vertrat die Position, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk den jeweiligen Regierungen nach dem Mund rede und Geld verschwende.
Erhard Grundl, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) warnte davor, aktuelle Probleme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Anlass zu nehmen, das System als solches in Frage zu stellen. Im Gegenteil müsse es nun darum gehen, die Aufsichtsgremien zu stärken und die Staatsferne sicherzustellen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) hielt ein flammendes Plädoyer für Kunst und Kultur und ihre Bedeutung für die Demokratie. Sie bezeichnete Kultur als ein wesentliches Moment demokratischer Gesellschaften und leitete daraus ab, dass Kultureinrichtungen als dritte Orte in Krisenzeiten besonders wichtig seien. Sie sagte zu, dass öffentliche und private Kultureinrichtungen zielgerichtet unterstützt werden sollen und machte deutlich, dass der geplante Haushaltsaufwuchs für Nachhaltigkeit in ihrem Etat für vorausschauende Kulturpolitik stehe. Mit Blick auf die documenta machte sie deutlich, dass sich die Strukturen ändern müssen. Die Antisemitismusvorwürfe nähme sie sehr ernst. Abschließend unterstrich sie, dass der anstehende Winter der Solidarität auch ein Winter der Kultur sein müsse.
Die Energiekrise war ein zweites wichtiges Thema in der Kulturhaushaltsdebatte. Andreas Audretsch, MdB unterstrich, dass nach dem Entlastungspaket Restmittel aus dem Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen für Maßnahmen zur Überwindung der Energiekrise in der Kultur zur Verfügung stehen sollen. Otto Fricke, MdB (FDP), Berichterstatter für Kultur im Haushaltsausschuss, goß Wasser in den Wein und unterstrich, dass hierzu noch die parlamentarischen Entscheidungen von Nöten sein werden, die bislang noch nicht getroffen seien. Zusätzlich wies er auf die Verantwortung der Länder hin, die sich ihrer Finanzierungsaufgaben nicht zu Lasten des Bundes entledigen dürfen.
Kerstin Radomski, MdB (CDU/CSU), Berichterstatterin für Kultur im Haushaltsausschuss, kritisierte die geplanten Kürzungen im Kulturetat und hob besonders auf Ungleichbehandlungen in der Erinnerungskultur ab. So seien sowohl bei der Gedenkstätte deutscher Widerstand als auch beim Gedenken an die SED-Diktatur Kürzungen vorgesehen. Demgegenüber wird der Etat für Nachhaltigkeit deutlich angehoben und werden überdies, so Radomski, Unternehmen mit Vorgaben für Nachhaltigkeit zusätzlich belastet.
Christiane Schenderlein, MdB (CDU/CSU), kulturpolitische Sprecherin, befürchtete, dass ein erneuter Winter der Schließungen droht – insbesondere wenn die Restmittel aus dem Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen nicht mehr zur Unterstützung Corona-bedingter Einnahmeausfälle, sondern zur Überwindung der Energiekrise zur Verfügung stehen sollen. Sie betonte, dass die Kulturangebote in ländlichen Räumen nicht vernachlässigt werden dürfen. Weiter mahnte sie an, dass es bislang weder das im Koalitionsvertrag angekündigte Kulturplenum noch den Ansprechpartner für die Kultur- und Kreativwirtschaft gäbe.
Anikó Merten, MdB (FDP), kulturpolitische Sprecherin, stellte heraus, dass Kultur kein Schmuckstück für gute Zeiten sei, sondern gerade in der Krise benötigt wird. Daher seien zielgerichtete Unterstützungen jetzt wichtig, zumal die Kulturbranche nach wie vor um das Publikum und um die Gewinnung von Fachkräften kämpfen muss. Helge Lindh, MdB (SPD), kulturpolitischer Sprecher, dankte den im Kulturbereich Tätigen für ihre Arbeit unter teils prekären Bedingungen und betonte, dass Kultur Arbeit sei. Er unterstich die Bedeutung von Kultur für den gesellschaftlichen Fortschritt. Stefan Seidler, MdB (fraktionslos) ging darauf ein, dass angesichts der Krisen Kultur wichtiger denn je sei, um die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede zu erleben. Er unterstrich die Bedeutung der Minderheitenkulturen in Deutschland und forderte, die Mittelerhöhungen zu verstetigen, damit die Minderheiten weiterhin ihre Kulturen und Sprachen pflegen können.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Die lebhafte Debatte im Deutschen Bundestag zum Kulturhaushalt zeigt, dass wichtige Entscheidungen im Kulturausschuss und im Haushaltsausschuss des Bundestages anstehen. Zwar kann Kulturstaatsministerin Claudia Roth ein Plus in ihrem Haushalt verbuchen, ambitionierte kulturpolitische Vorhaben wie Green Culture werden allerdings offensichtlich durch Kürzungen in anderen Kulturbereichen gegenfinanziert. Wichtig für uns ist, dass bei der Haushalsdebatte deutlich wurde, dass die Probleme, vor denen der Kulturbereich steht – die Coronakrise ist noch nicht beendet, die Energiekrise steht vor der Türe – sowohl bei Mitgliedern der Regierungs- als auch der Oppositionsfraktionen angekommen sind. Die Abgeordneten aus den Regierungsfraktionen, wie aus der Opposition haben hervorgehoben, wie wichtig ihnen die Zusammenarbeit gerade in der Krise mit den Kulturverbänden ist. Das ist ein ermutigendes Signal aus dem Bundestag."
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