Klassik Stiftung Weimar restituiert Bücher an Erben von Julius Wahle |Stolpersteinverlegung in Dresden
Im Zuge der Recherchen zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern in den Beständen der Klassik Stiftung wurde festgestellt, dass die Thüringische Landesbibliothek Weimar (ThLB) im September 1936 eine Bücherschenkung von Julius Wahle erhielt, von denen heute noch 13 Bände nachgewiesen werden konnten.
Der Literaturwissenschaftler Julius Wahle (15.2.1861–7.11.1940) war jüdischer Herkunft. Er wirkte von 1886 an als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Goethe- und Schiller-Archiv und war von 1920 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1928 dessen geschäftsführender Leiter. Die Schenkung Julius Wahles an die ThLB erfolgte in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Wegzug aus Weimar im September 1936; sie ist nach den Grundsätzen der Washingtoner Prinzipien von 1998 als NS-verfolgungsbedingt zu bewerten. Julius Wahle lebte in den folgenden Jahren bei seiner Nichte Elsa Hirschel und deren Familie in Dresden und starb dort im November 1940 eines natürlichen Todes. Seine Nichte, deren Mann und ihre beiden Söhne wurden 1944 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Entsprechend den Washingtoner Prinzipien sucht die Klassik Stiftung Weimar in solchen Fällen gemeinsam mit den Erben nach gerechten und fairen Lösungen. Die Ermittlung der Rechtsnachfolger war langwierig, da Julius Wahle selbst keine Kinder hatte und der überwiegende Teil auch seiner entfernteren Familie den Holocaust nicht überlebt hat. Lediglich eine Nichte konnte sich der Verfolgung durch Emigration in die USA entziehen, starb dort aber ebenfalls ohne Nachkommen oder Testament.
Erst mit Hilfe der Commission for Looted Art in Europe konnten Angehörige ausfindig gemacht werden. Mit deren Hilfe konnte der Stammbaum der Nichte rekonstruiert und die nächsten Verwandten als Erben festgestellt werden.
Mit diesen einigte sich die Stiftung bereits im Frühjahr 2022 über die Rückgabe und Teilschenkung der Bücher. Zusätzlich übernimmt die Klassik Stiftung Weimar die Patenschaft für Stolpersteine in Dresden für Julius Wahle sowie seine vier in Auschwitz ermordeten Familienmitglieder.
Die Verlegung der Stolpersteine findet am Freitag, 23.9.2022, an der Stelle des ehemaligen Wohnhauses seiner Nichte, in der Wiener Straße 85, in Dresden statt.
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