Sparkassen in Hessen und Thüringen: Geschäftliche Entwicklung im ersten Halbjahr 2022
Starkes Kundenkreditgeschäft trägt Bilanzsummenwachstum
Nicht zuletzt dank der lebhaften Entwicklung im Kreditgeschäft ist die Bilanzsumme der 49 Mitgliedsinstitute zum 30. Juni 2022 um 0,7 Mrd. € bzw. 0,5% auf 154,3 Mrd. € gewachsen. Die Kreditbestände legten insgesamt um 2,7 Mrd. € bzw. 3,0% auf 90,8 Mrd. € und damit fast doppelt so stark wie im Vorjahreszeitraum zu. Dabei ging das Wachstum besonders auf das Konto des Firmenkundenkreditgeschäfts, das sich um 1,5 Mrd. € bzw. 3,3% auf 46,4 Mrd. € verbesserte. „Viele Unternehmen haben frische Darlehen genutzt, um ihre Lager aufzustocken und sich damit unabhängiger von Lieferengpässen zu machen. Andere decken sich sicherheitshalber mit mehr Liquidität ein, um gegen die steigenden Energiepreise gewappnet zu sein. Und natürlich gibt es auch noch jede Menge Firmen, die weiter investieren und sich das immer noch relativ günstige Zinsniveau sichern möchten“, erklärte Reuß.
Dynamik im Neukreditgeschäft bleibt hoch
Während das Kreditgeschäft mit öffentlichen Kunden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum praktisch stabil geblieben ist (+ 0,1%), konnten die Institute bei den Privatkunden ebenfalls ein stattliches Plus verbuchen. Die Kreditbestände gingen dort um 1,0 Mrd. € bzw. 2,8% auf 38,2 Mrd. € nach oben. Die Wachstumsrate bei den Wohnungsbaufinanzierungen lag bei 3,0%. Auch wenn sich angesichts der exorbitant hohen Baukosten und Kaufpreise sowie der steigenden Bauzinsen die Zeichen für eine Wende am Immobilienmarkt mehren, spricht das Neukreditgeschäft der Sparkassen in Hessen und Thüringen derzeit noch für eine Fortsetzung der dynamischen Entwicklung. So erhöhten sich die Darlehenszusagen der Institute für private Wohnungsbauprojekte im ersten Halbjahr 2022 um knapp 7%. Noch stärker expandierte das Neukreditgeschäft mit Firmenkunden. Dort legten die Darlehenszusagen sogar um 8,5% zu. Im Vorjahreszeitraum war noch ein Minus von 2,7% zu Buche geschlagen.
Nullsummenspiel bei Kundenverbindlichkeiten
Auf der Passivseite der Bilanz ist der Einlagenbestand der Sparkassen im ersten Halbjahr 2022 mit 117,4 Mrd. € unverändert geblieben. „Die hohen Zuwachsraten der letzten Jahre von vier bis zu acht Prozent per annum scheinen wohl der Vergangenheit anzugehören. Mitverantwortlich dafür sind zum einen konsumtive Nachholeffekte nach dem Ende der Corona-Einschränkungen. Zum anderen hat aber auch die hohe Inflation offenkundig Spuren im Sparverhalten hinterlassen. Denn für den täglichen Bedarf, für Energieprodukte und darüber hinaus ist heute viel mehr Geld erforderlich als noch vor einem Jahr. Das schränkt das Sparpotential vieler Menschen ein und bremst die Einlagenzuflüsse bei den Sparkassen“, stellte Reuß fest. Der Trend zur kurzfristigen Anlage hat sich auch im ersten Halbjahr 2022 grundsätzlich fortgesetzt. Die Spareinlagen sanken um 2,2%, die Täglich Fälligen Gelder stiegen um 0,1%. Auf der Basis eines relativ niedrigen Ausgangsniveaus konnten allerdings auch die Eigenemissionen (+3,8%) und die Termingelder (+18,2%) Zuwächse erzielen.
Sparkassenkunden bewahren im Wertpapiergeschäft kühlen Kopf
Für Anlegerinnen und Anleger war das erste Halbjahr 2022 vor allem wegen des Ukraine-Kriegs und aufkommender Zinssorgen keine leichte Zeit. In diesem schwierigen Börsenumfeld haben die Kundinnen und Kunden der Sparkassen in Hessen und Thüringen einen kühlen Kopf und eine ruhige Hand bewahrt. Zwar gingen die Wertpapierkäufe um 9,7% zurück. Das Minus bei den Verkäufen fiel mit gut 17% aber noch deutlich höher aus. Die Umsätze der Sparkassen im Kundenwertpapiergeschäft sanken dadurch um 12,9% auf 8,2 Mrd. €. Dagegen erhöhte sich der Nettoabsatz als Saldo von Käufen und Verkäufen um 10,9% auf 1,6 Mrd. €.
Ertragsprognose 2022: Betriebsergebnis vor Bewertung etwa auf Vorjahresniveau
Für das laufende Jahr rechnet der Verband damit, dass das Betriebsergebnis vor Bewertung der Mitgliedssparkassen etwa auf Augenhöhe mit dem Vorjahresresultat liegen wird. Das Prognosesystem signalisiert beim Zinsüberschuss ein leichtes Plus. Auch der Provisionsüberschuss wird sich auf Jahressicht wieder verbessern.
Beim Verwaltungsaufwand wird dagegen die Inflation kostentreibend wirken. „Insgesamt gehen wir von einem stabilen Betriebsergebnis vor Bewertung aus, was angesichts der nicht gerade leichten Rahmenbedingungen wieder ein ordentliches Resultat wäre“, hob Reuß hervor.
Zinswende mit Folgen
Nach Bewertung wird das Betriebsergebnis laut Prognosesystem allerdings deutlich zurückgehen. „Die Zinswende war überfällig und wird unsere Institute mittelfristig bei den Erträgen stärken. Allerdings hat sich der Zinsanstieg an den Anleihemärkten recht schnell und ruckartig vollzogen. Das wirkt sich auch in den Wertpapierbeständen der Sparkassen aus und führt zu temporären Belastungen in Form von Abschreibungen. Damit haben unsere Sparkassen den bisherigen Zinsanstieg aber weitgehend verarbeitet. Wir gehen davon aus, dass die Renditen in der nächsten Zeit nicht mehr ganz so stark zulegen werden und halten deshalb die Folgewirkungen der Zinsentwicklung für unsere Sparkassen für beherrschbar“, führte Reuß aus.
Auch wenn es derzeit keine Auffälligkeiten im Kreditgeschäft gibt, haben die Sparkassen im Verbandsgebiet ihre Kreditrisikovorsorge aufgestockt. „Sie liegt höher als in den Vorjahren, fällt aber auch nicht aus dem Rahmen. Wir müssen dieses Thema aber weiter auf dem Schirm haben. Denn die Auswirkungen der Preisexplosion im Energiesektor werden für viele Menschen und Firmen in ihrer ganzen Tragweite wohl erst im kommenden Jahr zu spüren sein“, schloss Reuß.
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