Generation Selfie: Wieso plastisch-ästhetische
Selfies, Social Media und der ganz normale Filter
Dass Social Media ganze Generationen und deren Leben prägte, ist heute allseits bekannt. Nicht nur Werber schlagen sich mittlerweile lieber mit Influencer Marketing um die Ohren als mit dem Privatfernsehen, auch unzählige plastisch-ästhetische Fachärzte bekommen dies immer häufiger in ihren Beratungsgesprächen mit.
"Zunächst einmal sind die Patientinnen und Patienten jünger geworden", erzählt Holger Fuchs, Medizinischer Direktor und Chirurg in der Praxis Klinik Pöseldorf in Hamburg. Mittlerweile komme es nicht so selten vor, dass in den Beratungen Selfies gezeigt werden, in denen das Gesicht schmaler aussieht oder die Haut gefiltert rein ist. "Früher haben wir Bilder von Promis als Vorbilder für unsere Behandlungen gesehen – heute möchten die Patienten eine bessere Version ihrer selbst werden, eine gefilterte Version."
Dass einem solchen Bild oft nicht entsprochen werden kann, müssen Plastiker ihren jungen Kunden oft schonend beibringen: Die Patienten seien durch Bilder und Social Media so oft mit ihrem gefilterten Ich konfrontiert, dass der (morgendliche) Blick in den Spiegel für viele oft ernüchternd ist.
Anstieg minimalinvasiver Eingriffe im Gesicht seit Pandemiebeginn
Laut einer neueren Umfrage der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen* (Fokus Gesichtsästhetik) verzeichnen die Schönheitskliniken in Deutschland einen signifikanten Anstieg der minimalinvasiven ästhetischen Behandlungen im Gesichtsbereich: Im Jahr 2021 waren fast 73% aller ästhetischen Eingriffe solche im Gesicht. Zu den Hauptbehandlungen zählten vor allem Unterspritzungen und Aufpolsterungen mit Botulinum (Botox) sowie Hyaluronsäure und anderen Fillern.
"Die Jugend will jung bleiben, denn durch die fast täglichen Selfies fallen einem neue Fältchen und andere Veränderungen im eigenen Gesicht noch viel schneller auf als früher", kommentiert Holger Fuchs dazu. Auch das HomeOffice und die damit einhergehenden Videokonferenzen hätten ihren Teil zu dem neuen Trend in der ästhetischen Medizin beigetragen. "Heutzutage sind wir so viel stärker mit unserem eigenen Gesicht konfrontiert. Wollte man früher vermeiden, sich ansehen zu müssen, hatte man einfach keinen Spiegel. Mittlerweile leben wir aber in einem Spiegelkabinett der Medien und Bildschirme. Wir kommen einfach nicht mehr darum herum, uns mit unserem Äußeren auseinanderzusetzen", so Fuchs.
* Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen: https://vdaepc.de/
Und so passen auch Selbstliebe und ästhetische Eingriffe zusammen:
Einerseits werden aktuell Werte wie Selbstliebe und Akzeptanz immer stärker hochgehalten, andererseits scheint sich die Menschheit wenig von ihren Idealen lösen zu können: Medial gestützte Kampagnen zum Thema Diversität unterstreichen, dass jeder auf seine Art richtig ist, egal, welches Alter, Gewicht oder Geschlecht er hat. "Trotzdem möchten wir frisch und jung aussehen – der Healthy Lifestyle stellt uns Fachärzte vor neue Herausforderungen, denn gesund ist das neue schön und das verändert auch die Ideale", berichtet Holger Fuchs.
Wollten Frauen früher einfach nur schlank sein und möglichst den vollbusigen Träumen ihrer Männer entsprechen, sind sie heute bedacht auf eine fitte trainierte Linie, auf Natürlichkeit und konzentrieren sich mehr auf das eigene Wohlbefinden. Dahingehend hat sich auch die Medizin weiterentwickelt: So könne den neuen Wünschen der Patienten dank innovativer Techniken, zum Beispiel Elektromagnetfeld-Therapie zum Muskelaufbau, entsprochen werden.
Holger Fuchs steht den Trends positiv gegenüber: Es sei gut, dass die Patientinnen und Patienten trotz des erhöhten Wunsches nach Optimierung mehr denn je bei sich selbst blieben. Das sei eine Entwicklung, die man in all dem Gerede über den Schönheitswahn der Selfie-Generation nicht vergessen dürfe.
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