Hilfreiches politisches Patt
„Grundsätzlich haben Aktienmärkte keine Präferenz für eine bestimmte politische Partei. Historisch betrachtet haben sie sich gerade auf der US-Seite nicht wirklich davon beeindrucken lassen, ob der US-Präsident den Demokraten oder den Republikanern zugehörig ist. Aktienmärkte bevorzugen allerdings politische Pattsituationen. Geringes legislatives Risiko verringert die Unsicherheit und die trübe Stimmung, die sich im Zusammenhang mit möglichen Umverteilungen einstellt“, so Grüner. Zudem erhielten Unternehmen langfristige Planungssicherheit, wenn die Politik tendenziell die Füße stillhalte.
Verstärktes Patt voraus
Im Rahmen der anstehenden US-Zwischenwahlen stünden die Chancen gut, dass die Republikaner ihre Position im US-Kongress verbessern können. „Traditionell verliert die Partei des US-Präsidenten bei den Zwischenwahlen Sitze im Repräsentantenhaus, bei Präsidenten mit unterdurchschnittlicher Zustimmung – zu denen der aktuelle Präsident Joe Biden zählt – sind es in der Nachkriegszeit durchschnittlich 38 Sitze“, meint Grüner. Zu Beginn dieser Legislaturperiode verfügten die Demokraten im Repräsentantenhaus nur über einen historisch geringen Vorsprung von zehn Sitzen. Im Senat müssten die Republikaner netto sogar nur einen Sitz hinzugewinnen, um die Kontrolle zu erlangen – die Kandidatenstruktur spreche im Detail allerdings dafür, dass es die Republikaner im Repräsentantenhaus insgesamt einfacher hätten, die Kräfteverhältnisse zu ihren Gunsten zu verschieben. „Am Ende genügt es, wenn die Gegenpartei zum US-Präsidenten in einer Kammer die Mehrheit erreicht, um eine politische Pattsituation zu erzeugen. In diesem Fall kann man von einem ‚verstärkten‘ politischen Patt sprechen, denn die ersten beiden Amtsjahre von Joe Biden haben bereits eindrucksvoll gezeigt, dass eine hauchdünne Mehrheit vorwiegend zu verwässerten Kompromisslösungen führt“, so Grüner.
Gelähmte Politik auch außerhalb der USA
Viele weitere führende Industrienationen fügten sich in das übergeordnete Bild der gelähmten Politik ein. In Großbritannien sei die Politik vor allem mit sich selbst beschäftigt, das kurze Intermezzo von Liz Truss als britische Premierministerin verdeutliche die heterogene Stimmungslage. In Deutschland ringe die Ampelkoalition um eine gemeinsame Linie und sehe sich einer starken Opposition gegenüber, in Italien regiere weiterhin die Unbeständigkeit. Ministerpräsidentin Meloni führe das mittlerweile achte Regierungskabinett in den letzten zehn Jahren an. „Selbstverständlich werden diese Konstellationen auch für Unruhe sorgen und die Aktienmärkte werden Phasen mit erhöhter Unsicherheit mit der üblichen Volatilität quittieren – und doch ist die daraus resultierende politische Pattsituation in zahlreichen Ländern ein positiver Einflussfaktor“, erläutert Grüner.
Fazit
„Im Jahr 2022 mussten die Aktienmärkte bisher einiges einstecken. Die eingeschränkte politische Handlungsfähigkeit auf internationaler Ebene ist deshalb insbesondere ein wichtiger Einflussfaktor, welcher positiv überraschen kann.“ Die Chancen stünden gut, dass mit den US-Zwischenwahlen ein bedeutender Schritt erfolge, der die Erholungsbewegung der Märkte unterstütze.
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