Marktkommentar: „Europa steht ein schwieriger Winter bevor“
Europa steht aus Sicht Desiree Sauers ein schwieriger Winter bevor. Als Reaktion auf die hohen Energiepreise sei die Industrieproduktion bereits gesunken und dies dürfte sich noch fortsetzen. Gleiches gelte für die Verbraucherausgaben. Darüber hinaus sei ein Ende der restriktiven Geldpolitik aufgrund der enorm hohen Inflation nicht in Sicht. „Es ist deshalb schwer vorstellbar, dass Europa eine Rezession vermeiden kann“, sagt Desiree Sauer. Dabei werde die Härte des diesjährigen Winters eine wichtige Rolle spielen: „Eine kältere Jahreszeit könnte eine tiefere Rezession auslösen“, so Sauer.
In Großbritannien sei der Wirtschaftsabschwung bereits in vollem Gange. Das Wachstum des dortigen Bruttoinlandsprodukts sei im zweiten Quartal negativ gewesen und im dritten Quartal dürfte die britische Wirtschaft erneut schrumpfen. „In ganz Europa haben die Regierungen Maßnahmen ergriffen, um die Verbraucher vor steigenden Energiepreisen zu schützen“, sagt Sauer. „Diese Maßnahmen werden eine Rezession zwar nicht verhindern können, sollten aber zumindest die negativen Auswirkungen begrenzen.“
US-Arbeitsmarkt bleibt angespannt
Die Inflation bleibt aus Sicht Sauers das wichtigste makroökonomische Thema für die US-Märkte. Die Inflationsdynamik sei dort im dritten Quartal uneinheitlich gewesen. „Positiv ist, dass die Benzinpreise stark gesunken sind und sich die Lieferketten allmählich erholen“, erklärt Desiree Sauer. „Der US-Arbeitsmarkt ist jedoch nach wie vor sehr angespannt: Auf jeden Arbeitslosen kommen zwei offene Stellen.“ Dabei seien die US-Löhne ein „hartnäckiger“ Inflationstreiber und würden die Fed unter Druck setzen, ihre Geldpolitik restriktiver auszurichten. „Um die Inflation zu senken, muss die Fed durch höhere Zinsen einen Konjunkturabschwächung herbeiführen“, sagt Sauer. „Das ist ungünstig für Anleger.“
„Insgesamt müssen Anleger auf mögliche Rückschläge vorbereitet sein“, sagt Sauer. „Die Aussichten sind für alle Anlageklassen gedämpft, aber insbesondere die Rentenmärkte befinden sich derzeit in einem Bärenmarkt.“
Anlagechancen im vierten Quartal und darüber hinaus
Dieses negative Umfeld eröffne aber auch neue Möglichkeiten. So seien die Renditen inzwischen auf ein so hohes Niveau gestiegen, dass Buy-and-Hold-Konzepte aus Sicht der Strategin für einige Anleger interessant sein könnten. „Außerdem können sich bei hohen Spreads gute Einstiegspunkte ergeben“, so Sauer.
Auch variabel verzinsliche Anleihen, deren Zinsrisiko begrenzt ist, stellen nach Ansicht Sauers eine attraktive Anlagemöglichkeit dar. In den nordischen Ländern seien etwa 60 Prozent der hochverzinslichen Unternehmensanleihen variabel verzinst. Deshalb könne ein Nordic High Yield-Konzept für Anleger interessant sein.
„Eine weitere Möglichkeit zur Begrenzung des Zinsrisikos ist ein flexibler Rentenansatz, der mit einem großen Spielraum auch in Bezug auf die Duration (z. B. die Möglichkeit einer negativen Duration) ausgestattet ist“, führt Sauer aus.
Generell sei weiter mit einer hohen Volatilität zu rechnen. Das Rückschlagsrisiko bei Aktienanlagen sei sehr ausgeprägt. „Bei der Aktienauswahl sollte das Augenmerk deshalb auf Qualität liegen“, so Sauer.
„Marktneutrale“ alternative Long/Short-Aktien- oder Wandelanleihen-Strategien, aktiv gesteuerte Multi-Asset-Konzepte, sowie Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die von einer steigenden Inflation profitieren, und die robuste Cashflows aufweisen, könnten sich in diesem volatilen Umfeld gut behaupten. „Aus antizyklischer Sicht sind auch Small Cap-Aktien interessant“, sagt Sauer.
„Generell sollte man sich als Anleger nicht nach kurzfristigen Entwicklungen richten, sondern vielmehr langfristig im Sinne strategischer Asset Allocation denken“, resümiert die Investmentexpertin. „Ein wohldiversifiziertes Portfolio beinhaltet verschiedene Assetklassen und verschiedene Regionen. Der Verzicht auf Diversifizierung stellt ein unnötiges Risiko dar.“
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