Psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche finden zurück ins Leben
Im Jahr 2021 wurden rund 2.600 bei der AOK Baden-Württemberg versicherte Kinder und Jugendliche stationär in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik behandelt. Jeder und jede Dritte verbrachte dabei mehr als sechs Wochen im Krankenhaus. „Für Heranwachsende mit schweren psychischen Störungen ist es von zentraler Bedeutung, zeitnah in ein selbstbestimmtes Leben zurückzufinden. Dabei ist der Übergang aus dem stationären Aufenthalt in die soziale Lebenswelt eine hochsensible Phase. Hier setzt das Modell an und ermöglicht eine therapeutisch intensiv begleitete Rückkehr in den Alltag“, erklärt Johannes Bauernfeind. Das kann Professor Dr. Tobias Renner bestätigen: „Diese ambulante Intensivbehandlung ermöglicht mit einem umfassenden therapeutischen Ansatz betroffenen Kindern und Jugendlichen schneller eine Rückkehr in ihre Lebensbezüge mit Familie, Freunden, Schule und Verein. Mit TIBAS ist etwas völlig Neues entwickelt worden, das es in der Form noch nicht gibt.“
Die Kinder und Jugendlichen erhalten umfängliche einzel- und gruppentherapeutische sowie tagesstrukturierende Angebote am Klinikum, bewegen sich aber auch in ihrem häuslichen Umfeld. Ein persönlicher Betreuer als Bezugs- und Vertrauensperson (Case Manager) begleitet die Betroffenen zudem über die gesamte Behandlungsdauer, ist in alle Behandlungsschritte eingebunden und steht auch nach der Klinikentlassung mit Rat und Tat zur Verfügung. „Die Behandlungsintensität passen wir gezielt auf die Patientenbedürfnisse an. Damit erreichen wir eine nachhaltige Stabilisierung, können aber auch bei wiederkehrenden Krisen schnell mit allen Versorgungsangeboten reagieren. So können in vielen Fällen erneut stationäre Einweisungen vermieden werden“, erläutert Renner. Sobald es möglich ist, werden die Patientinnen und Patienten in die bewährte Behandlung durch die niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte sowie Psychotherapeuten für Kinder- und Jugendliche übergeben. Insgesamt werden derzeit pro Jahr über 190 Kinder in der TIBAS mit dem Case Management behandelt. Mehr als 90 Familien sind seit Beginn des Projekts ergänzend durch den Sozialen Dienst der AOK Baden-Württemberg unterstützt worden. Der Soziale Dienst agiert dabei Hand in Hand mit den Case Managern und begleitet bei Bedarf die betroffenen Familien, um das gesamte Familiensystem zu stabilisieren. Sozialpädagoginnen und -pädagogen des Sozialen Dienstes unterstützen bei Belastungen und Erkrankungen der Eltern durch eine individuelle Versorgungsplanung. Dabei werden konkrete Unterstützungs- und Entlastungsangebote (Psychotherapie, Beratungsstellen, Reha, berufliche und finanzielle Entlastungsmöglichkeiten etc.) aufgezeigt, geplant und vermittelt.
„Das Projekt der AOK Baden-Württemberg und weiteren Partnern in Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum Tübingen zeigt beeindruckend, wie auf regionaler Ebene Gesundheits- und Versorgungsangebote verantwortungsvoll und mit neuen Ideen umgesetzt werden. Die psychisch erkrankten jungen Menschen brauchen mehr als eine stationäre medizinisch-therapeutische Behandlung. Hier fungieren die Case Manager als Brückenbauer für die Rückkehr in die reale Lebenswelt“, sagt Dr. Carola Reimann. Und auch Heike Baehrens MdB, kann TIBAS nur Positives abgewinnen: „Die Berichte und Beispiele aus der Praxis, die uns heute vorgestellt wurden, sind oft sehr traurig und hinter jedem Fall steckt das persönliche Schicksal eines jungen Menschen. Solche Angebote wie TIBAS sind in der Versorgung sehr wertvoll, denn sie eröffnen den jungen Menschen neue Lebensperspektiven. Ich bin den Initiatoren und Projektpartnern dankbar, dass sie diese Wege gehen.“
Trotz aller Erfolge des Modells gibt es für Johannes Bauernfeind zukünftig trotzdem weitere Herausforderungen in diesem Bereich. „Nicht nur die globalen Krisen verunsichern gerade die jungen Menschen mehr und mehr. Sollten sie einmal aus der Bahn geworfen werden, kommt die AOK Baden-Württemberg mit solchen Projekten ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nach. Aber wir müssen künftig schauen, wie solche Projekte weiterhin refinanzierbar bleiben. Die Versorgung vulnerabler Gruppen ist enorm wichtig, leider schnürt uns die Gesundheitspolitik finanziell und durch immer mehr Regulierung zunehmend die Luft ab.“ Priorität müsse eine strukturelle und nachhaltige Reform des Gesundheitswesens haben in der regionale Gestaltungsspielräumen existieren sowie die dauerhafte Stabilität der Kassenfinanzen gesichert werde.
TIBAS ist eines der bundesweit beispielhaften Projekte der AOK-Initiative „Stadt. Land. Gesund.“ Die Initiative fördert innovative Ansätze in der regionalen Versorgung und beschäftigt sich vor allem mit benachteiligten und besonders gefährdeten (vulnerablen) Gruppen wie Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen. Das Modellvorhaben in Tübingen hat eine Laufzeit von acht Jahren und wird wissenschaftlich evaluiert.
Weitere Informationen zur Kampagne und anderen regionalen Projekten unter Stadt. Land. Gesund | Engagement | AOK Bundesverband.
Die AOK Baden-Württemberg versichert über 4,5 Millionen Menschen im Land und verfügt über ein Haushaltsvolumen von über 20 Milliarden Euro.
Informationen zur AOK Baden-Württemberg unter: www.aok-bw.de
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