Finanzen / Bilanzen

Technologie: Kampf der Inflation

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  • Tech-Investoren: Gründliche Bewertung und Fokus auf Bilanzstärke entscheidend
  • Technologie macht Produkte und Prozesse billiger, schneller und besser
  • Produktivitätssteigerung, Automatisierung und Ressourcenoptimierung gegen Inflation

In der Hochphase der Pandemie mussten weltweit Regierungen und Unternehmen einen Großteil der physischen Produktion und Investitionen einstellen. Die Angebotskurve sank praktisch auf Null. Gleichzeitig mussten noch nie dagewesene fiskalische und monetäre Maßnahmen ergriffen werden, um die Krise zu bewältigen. Diese Nachfrage- und Angebotsschwankungen haben verständlicherweise zu einem Inflationsschub geführt. Anhaltende Lieferkettenprobleme, Arbeitskräftemangel, steigende Gesundheitskosten, Transportengpässe und höhere Energiekosten vor dem Hintergrund einer allgegenwärtigen demografischen Zeitbombe rücken immer mehr ins Blickfeld.

Während die Inflation bei Gütern mit den Energiepreisen nachlassen könnte, entsteht der größte Kostendruck bei Dienstleistungen, vor allem bei Löhnen und Gehältern, der sich als hartnäckiger erweisen und es den Zentralbanken erschweren könnte, mit höheren Zinssätzen zu reagieren. Während Ökonomen uns an das Gibson-Paradoxon und den Fisher-Effekt erinnern, ringen Regierungen und Zentralbanken weltweit mit der Frage, wie sie den Wirtschaftsaufschwung nach der Pandemie aufrechterhalten und die steigende Inflation in den Griff bekommen können. Aus philosophischer Sicht hat Janus Hendersons Global Technology Leaders Team Technologie schon immer als die wissenschaftliche Problemlösung betrachtet. Der Zusammenhang zwischen niedrigeren Anleiherenditen und Inflation und dem Einsatz von Technologie ist seit 25 Jahren bekannt. In der Vergangenheit hat die Kombination aus Technologieeinsatz und Globalisierung durch Produktivitätssteigerung, Senkung der Arbeits- und Inputkosten, Integration der Lieferketten usw. die Inflationserwartungen gesenkt und somit die Anleiherenditen gesenkt.

Zunehmende Technologisierung hat langfristig zu geringerer Inflation und sinkenden Anleiherenditen geführt

 „Um es gleich vorweg zu nehmen: Wir behaupten nicht, dass Technologieinvestitionen kurz- oder mittelfristig vom Inflationsdruck profitieren werden. Der Kampf gegen die Inflation erfordert nicht nur eine straffere Geldpolitik der Zentralbanken, sondern auch eine Überprüfung aller Ausgabenbereiche durch Regierungen und Unternehmen, einschließlich des Technologiesektors. Wir teilen jedoch voll und ganz die Meinung von Satya Nadella, CEO von Microsoft, dass ‘Technologie eine deflationäre Kraft in einer inflationären Wirtschaft ist‘. Wir glauben, dass Investitionen in die digitale Transformation, in Produktivitäts- und Ressourcenoptimierungstools langfristig als Ausgabenbereiche gelten werden, die die Inflation bekämpfen und nicht anheizen.“

Warum wirkt Technologie so deflationär?

Technologie hat Produkte und Prozesse grundsätzlich billiger, schneller und besser gemacht. Im Jahr 1965 stellte Gordon Moore die These auf, dass sich die Zahl der Transistoren auf Mikrochips etwa alle zwei Jahre verdoppeln und die Preise halbieren würde. Das Mooresche Gesetz ermöglichte eine exponentielle Steigerung der Rechenleistung bei sinkenden Kosten. Es hat die Rechenleistung demokratisiert – in den folgenden 50 Jahren konnte die Leistung eines NASA-Supercomputers aus den 1960er Jahren von der Hälfte der Menschen auf der Welt genutzt werden. Während das Grundprinzip des Mooreschen Gesetzes für Mikrochips inzwischen an seine Grenzen stößt, ist der Grundgedanke, dass Technologie Produkte und Prozesse billiger, schneller und besser machen kann, nach wie vor aktuell. Dies zeigt sich u. a. in Rechenzentren, in denen die führenden Anbieter von Cloud-Diensten die Kosten für Datenverarbeitung und -speicherung senken, sowie in der sauberen Energie und in Elektrofahrzeugen, wo die Technologie Erschwinglichkeit und Funktionalität ermöglicht.

Wie kann der zunehmende Einsatz von Technologien die Folgen höherer Inflation abfedern?

Einige Beispiele:

  • Kohlenstoffarme, energiesparende Infrastruktur

Die zunehmende Verbreitung von Datenverarbeitung führt zu einem exponentiellen Anstieg des Stromverbrauchs. Angesichts des Klimawandels und der begrenzten Energieressourcen erfordert diese Herausforderung einen Umstieg auf kohlenstoffarme Cloud- und 5G-Architekturen. Trotz des explosionsartigen Datenaufkommens blieb der Stromverbrauch in Rechenzentren in den letzten zehn Jahren nahezu unverändert geblieben, da eine Verlagerung zu Cloud-Computing und Hyperscalern mit supereffizienten Rechenzentren stattgefunden hat. Hyperscaler haben eine deutlich bessere Stromverbrauchseffizienz (PUE). Eine Studie aus 2018 von Microsoft zeigte, dass die Azure-Cloud-Plattform im Vergleich zu On-Premise-Lösungen bis zu 93 % energieeffizienter und bis zu 98 % kohlenstoffsparender sein könnte. Investitionen in vertikal integrierte Lösungen wie in Grafikprozessoren (GPUs) von nVIDIA, die in Serverracks laufen, die nur ein Zwanzigstel des Stromverbrauchs herkömmlicher Racks verbrauchen, oder Flash-Speichersysteme können zu Energieeinsparungen von über 50 % führen. Hyperscale-Unternehmen sind auch Vorreiter bei der Nutzung erneuerbarer Energien, indem sie nicht mehr nur Kohlenstoffemissionen ausgleichen, sondern vollständig kohlenstofffreien Strom verwenden. Alphabets Google hat sich zum Ziel gesetzt, seine Rechenzentren und Büros bis 2030 rund um die Uhr mit kohlenstofffreiem Strom zu versorgen. In der Zwischenzeit hatten Unternehmen eine Umstellung auf die öffentliche Cloud in Erwägung gezogen, um die digitale Transformation, die Flexibilität und einen eher betriebs- als investitionskostengesteuerten IT-Budgetzyklus zu fördern. Jetzt werden Energiekosten, Energiesicherheit und Kohlendioxidemissionen zu starken Motivatoren für den Übergang.

Problem: Hohe Energiekosten

Lösung: Kohlenstoffarme Infrastruktur der nächsten Generation

  • Technologie und Unternehmensneugründungen

2021 beantragten fast 5,4 Millionen Menschen in den USA Lizenzen für Kleinunternehmen – ein Anstieg um mehr als 50 % gegenüber 20191. Die globale Start-up-Finanzierung erreichte 643 Mrd. US-Dollar, was im Vergleich zum letzten Jahrzehnt eine Verzehnfachung bedeutet.2 Woher kommt dieser Boom bei Unternehmensgründungen? Zinssätze und Finanzierungen waren relativ niedrig und leicht zugänglich, aber entscheidend für den Start-up-Trend war vor allem, dass Technologie die Gründung von Unternehmen erleichtert hat. Anders als in der Dot.com-Ära müssen Unternehmen keine zweistelligen Millionenbeträge aufnehmen, um Rechenleistung und Speicherplatz zu kaufen, sondern können diese einfach bei einem Cloud-Service-Anbieter mieten. Es werden auch keine enormen Budgets für Werbung und Vertrieb benötigt, um Produkte zu vermarkten und Vertriebskanäle zu erschließen und zu verbinden. Unternehmen wie Alphabet, Meta und TikTok haben gezielte und eigenständige Werbemöglichkeiten geschaffen, während Marktplätze wie Etsy, eBay und Amazon den Zugang zu Kunden ermöglichen, wobei letztere auch Lagerwirtschaft anbieten. Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs hat die Rechnungsstellung, die Bestandsverwaltung und die Logistik einfacher gemacht als je zuvor. Obwohl große Technologieunternehmen häufig kritisiert werden, haben sie viele Start-ups erst ermöglicht, die besonders innovations- und kreativitätsfreudig sind. Einer der am schnellsten wachsenden Sektoren von kleinen Unternehmen ist die „Creator Economy“. Der Linktree Creator Report 2022 zeigt, dass es inzwischen 200 Millionen Content Creators3 gibt, zu denen auch diejenigen gehören, die auf Creator-Plattformen wie Instagram, YouTube, Facebook und TikTok ihre Inhalte zu Geld machen und zusätzliches Einkommen generieren.

  • Ressourcenoptimierung und Kreislaufwirtschaft

Die Möglichkeit, Produkte zu tracken und wiederzuverwenden, kann die Produktivität erheblich steigern. Das Tracken von Gütern in der Lieferkette, im Transportwesen und in der Logistik kann dazu beitragen, die Lagerung und den Transport zu verbessern, die gefahrenen Kilometer zu reduzieren und die Kapazität zu optimieren. Durch den Einsatz von Mikrochips und Software zur Verfolgung von Gütern können Unternehmen aus so unterschiedlichen Wirtschaftssektoren wie Einzelhandel, Gesundheitswesen, Fluggesellschaften und Fertigungsindustrie die Güterstandorte in Echtzeit verfolgen, sich einen Überblick über den Zustand der Geräte verschaffen und den Ressourceneinsatz besser planen.

  • Elektrifizierung ermöglichen

Saubere Energie und nachhaltiger Transport werden durch Technologie vorangetrieben, die wiederum den Wandel zu erneuerbaren Energien und nachhaltigem Transport, einschließlich emissionsfreier Fahrzeuge, Ride Hailing und autonomes Fahren, ermöglicht. Aber wie passt das zur Bekämpfung der Inflation? Ein Beispiel ist der Inflation Reduction Act in den USA, der im August dieses Jahres verabschiedet wurde. Es ist das bisher umfangreichste Bundesgesetz zur Bekämpfung des Klimawandels. Der Gesetzentwurf sieht steuerliche Anreize für den Umstieg auf in den USA hergestellte Elektrofahrzeuge, den Aufbau eines saubereren Produktionssektors und den Ausbau der Wind- und Solarenergiekapazitäten vor. Dank der Investitionen in die Technologie können die Solarkosten weiter sinken, der Wirkungsgrad verbessert und die Wettbewerbsfähigkeit von E-Fahrzeugen gesteigert werden. Solarwechselrichter und Mikro-Wechselrichter können beispielsweise nicht nur die Umwandlungsraten der Solarenergie verbessern, sondern auch die Zuverlässigkeit und die nahtlose Integration der Solarenergie in das Stromnetz. Bei Elektrofahrzeugen können Leistungshalbleiter mit umweltfreundlicheren Technologien wie Siliziumkarbid und fortschrittlichere intelligente Batteriemanagementsysteme die Effizienz der Batterien steigern. Langfristig kann dies nicht nur die Reichweite erhöhen, sondern auch die Lebensdauer der Batterien durch ein zweites Leben als Energiespeicher verlängern.

  • Steigerung der Arbeitsproduktivität

Produktivität und Ressourcenoptimierung sind entscheidend für die Bekämpfung des Fachkräftemangels. Die Rolle der Technologie beschränkt sich nicht darauf, den Zugang zu Bildung und Qualifikationen online zu ermöglichen. Robotik und künstliche Intelligenz (KI) bieten smarte Möglichkeiten zur Weiterbildung der Arbeitskräfte. Mit Software lässt sich die Arbeitsplanung besser auf die Stoßzeiten der Kundennachfrage abstimmen. Darüber hinaus helfen Cloud-Software-Unternehmen vielen Branchen bei der Umstrukturierung von Arbeitsabläufen und automatisierten Antworten, während im Gesundheitswesen robotergestützte Operationen den Austausch bewährter Verfahren unter den erfahrensten Chirurgen erleichtern.

  • Steuerung der Gesundheitskosten

In den letzten 25 Jahren sind die Verbraucherpreise selten schneller als die Inflation im Gesundheitswesen (Arztbesuche und Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente) gestiegen. Selbst nach der Finanzkrise 2008, als sich die Gesamtinflation verlangsamte, stiegen die Ausgaben für medizinische Leistungen weiter an. Nach der Pandemie verzögerten sich die Auswirkungen auf die Gesundheitskosten, doch eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey besagt, dass die Inflation im Gesundheitswesen zwangsläufig wieder auf das Niveau der Gesamtdienstleistungen aufschließen wird. Wenig überraschend waren die Empfehlungen, wie sich Regierungen und Gesundheitsdienstleister darauf vorbereiten und dem entgegenwirken könnten, sehr technologieorientiert. So sollten sich „Gesundheitsorganisationen grundlegend neu aufstellen, um durch den Einsatz digitaler und fortschrittlicher Analysen eine höhere Produktivität zu erreichen“. Die Verwaltungskosten betragen etwa 25 % der 4 Billionen US-Dollar, die in den USA für das Gesundheitswesen ausgegeben werden.4 Automatisierte Terminplanung, Patientenzugang und die Verschlankung klinischer Arbeitsabläufe sind alles Möglichkeiten, um den steigenden Kosten in diesem Sektor zu begegnen. Langfristig kann der Einsatz von KI zur schnelleren Fokussierung auf klinisch vielversprechende Wirkstoffe den Zeitaufwand für die präklinische Arzneimittelentwicklung um bis zu 75 % reduzieren und die Entwicklungskosten in der Frühphase um bis zur Hälfte senken. KI, die enorme Rechenleistung nutzt, wird auch der Schlüssel zur Kostensenkung teurer Blutuntersuchungen sein, was zu einer frühzeitigen Erkennung von Krankheiten und günstigeren Behandlungsmöglichkeiten führen könnte.

Gründliche Bewertung bleibt für Tech-Investoren unverzichtbar

Dies sind nur einige wenige Bereiche und Beispiele, die verdeutlichen, warum Unternehmen auch in Zeiten schwächeren Wirtschaftswachstums und höherer Inflation weiterhin in die digitale Transformation investieren werden. Während diese Bereiche interessante Anlagemöglichkeiten bieten können, müssen Anleger angesichts des unsicheren makroökonomischen Umfelds jedoch strengeren Bewertungsmaßstäben folgen und nach Unternehmen mit soliden Bilanzen und guten Aussichten auf einen freien Cashflow Ausschau halten. Dies erfordert, dass man sich darauf konzentriert, den Hype-Zyklus zu bewältigen und zu prüfen, wie man in Unternehmen investieren kann, die von säkularen Themen mit langfristigem Wachstumspotenzial profitieren. Man sollte jedoch nur dann investieren, wenn es rationale Wachstumserwartungen und vernünftige Bewertungen gibt, gepaart mit einer Bilanzstärke, die es den Unternehmen ermöglicht, ihre Wettbewerbsvorteile zu nutzen. 

Quelle:

1https://home.treasury.gov/news/press-releases/jy0924

2https://news.crunchbase.com/business/global-vc-funding-unicorns-2021-monthly-recap/

3https://linktr.ee/creator-report/#ToC

4 McKinsey.com: The gathering storm: the transformative impact of inflation on the healthcare sector, 19. September 2022.

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