Trotz Fehlverhaltens eines Arbeitnehmers ist Kündigung unwirksam
Außerordentliche Kündigung setzt wichtige Gründe voraus
Kündigungen sind ein heikles Thema. Braucht es vorher eine Abmahnung oder ist der Kündigungsgrund für die Wirksamkeit stark genug? Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte einen Fall zu verhandeln aus dem klar hervorgeht, Abmahnung geht vor Kündigung und die Umstände des Einzelfalls müssen geprüft werden:
- Der Arbeitnehmer war in einem Hol- und Bringdienst beschäftigt. Der Fuhrparkleiter hatte ihm die private Nutzung eines Transporters für einen Umzug vor mehreren Jahren genehmigt. Als er ungefragt einen Transporter auslieh, um auf einer Strecke von 10km einen Balken zu transportieren, erhielt er wenige Tage später eine außerordentlich, hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin ausgesprochen.
- Der Arbeitnehmer reichte Kündigungsschutzklage ein. Es sei „gängige Praxis gewesen, Firmenfahrzeuge zu privaten Zwecken für einen kurzen Zeitraum nutzen zu dürfen.“ Der Leiter des Fuhrparks habe des Öfteren die private Nutzung erlaubt. Der Arbeitnehmer habe den Fuhrparkleiter aufgrund seiner Abwesenheit nicht um Erlaubnis fragen können. Er sei jedoch aufgrund der vorherigen Handhabung davon ausgegangen, die Nutzung wäre gestattet.
- Für den Arbeitgeber war das Vertrauensverhältnis mit dem Arbeitnehmer zerstört, da er eine Straftat nach § 248b StGB begangen habe. Die Privatnutzung von Fahrzeugen sei grundsätzlich untersagt. Eine Abmahnung sei wegen des Vertrauensbruchs nicht notwendig gewesen.
- Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern erklärt die Kündigungen jedoch für unwirksam. Zur außerordentlichen Kündigung werden wichtige Gründe benötigt, die eine Weiterbeschäftigung bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen unmöglich machten. Wie schwerwiegend sei die Pflichtverletzung? Wie hoch sei die Gefahr der Wiederholung? Das Gericht wertete die Umstände der Pflichtverletzung als nicht schwerwiegend, da die private Nutzung offensichtlich häufiger vorkam. Auch habe es keine Dienstvorschrift gegeben, aus der hervorging, dass die private Nutzung strikt verboten sei.
- Mit einer Abmahnung hätte das Problem aus der Welt geschafft werden können. Die außerordentliche Kündigung sei genau so unwirksam wie die ordentliche. Denn mit einer Abmahnung hätte ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden. Dadurch wäre auch gewährleistet gewesen, dass es zu keiner Wiederholung kommen wird.
- Fazit: Ohne Abmahnung wird es schwer eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung vor Gericht durchzusetzen. Wenn jedoch bereits im Voraus für den Arbeitgeber zu erkennen ist, dass eine Verhaltensänderung des Mitarbeiters auch nach einer Abmahnung nicht erwartet werden kann oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass diese für den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar ist, kann eine außerordentlich oder ordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung erfolgreich durchgesetzt werden.
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