Gesundheit & Medizin

Ziel: Sicheren und kontinuierlichen Schulbetrieb in der COVID-19-Pandemie ermöglichen

Das Infektionsrisiko an Schulen zu mindern und einen möglichst sicheren und kontinuierlichen Schulbetrieb in den bevorstehenden Herbst- und Wintermonaten zu ermöglichen – das sind die Ziele der jetzt aktualisierten S3-Leitlinie „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“. Umgesetzt wurde die Aktualisierung vom Forschungsverbund COVerCHILD des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM) unter Leitung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät der LMU München und rund 20 weiteren Fachgesellschaften, Institutionen, Lehrer-, Eltern- und Schülerverbänden und Interessenvertreter:innen.

Neue Erkenntnisse über SARS-CoV-2, seine Varianten und Infektiosität sowie über die Ausbreitungswege, die Wirksamkeit von Infektionsschutzmaßnahmen und insbesondere veränderte Erkrankungsrisiken unter einer deutlich veränderten Immunitätslage in der Bevölkerung sind jetzt in die aktualisierte Kurzfassung 2.0 der S3-Leitlinie eingeflossen. Die erste Fassung wurde im Februar 2021 veröffentlicht. Sie richtet sich an Ministerien und Behörden, Schulleitungen, Lehrkräfte und weitere in der Schule tätige Personen sowie an Schüler:innen und deren familiäres Umfeld.

„Wie wichtig der Schulbesuch im entsprechenden sozialen Umfeld für Kinder und Jugendliche ist, haben zahlreiche Studien in den letzten Monaten gezeigt. Wir haben Maßnahmen auf Grundlage aller aktuell verfügbaren Studien entwickelt, die auf einen sicheren und dauerhaft geöffneten Schulbetrieb abzielen. Dabei haben wir nicht nur die gesundheitlichen Aspekte miteinbezogen, sondern unter anderem auch Kriterien zu gesundheitlicher Chancengleichheit, zu psychischen und sozialen Folgen und zu wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigt“, sagt COVerCHILD-Netzwerksprecherin Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Forschungsdirektorin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.

Neue Empfehlungen zu Teststrategie, Verdachtsfällen und Luftreinigern in Schulen

Neben aktualisierten Maßnahmen zu Kohortierung, Musik- und Sportunterricht, Infektionsschutz auf Schulwegen sowie zum Lüften von Unterrichtsräumen sind weitere Empfehlungen dazugekommen. Dabei müsse stets die infektionsepidemiologische Risikolage berücksichtigt werden, in deren Bewertung die möglichen Risiken neuer Virusvarianten für Schüler:innen ebenso wie eine mögliche regionale Überlastung des Gesundheitssystems oder der kritischen Infrastruktur einfließt.

Bei hoher Risikolage, so die neue Empfehlung zur Teststrategie, kann erwogen werden, Schüler:innen und in der Schule tätige Personen zweimal wöchentlich mit einem geeigneten Test auf SARS-CoV-2 zu testen; dabei sollte das Testen bevorzugt mit PCR-basierten Methoden erfolgen. Die Empfehlung zum Thema Luftreiniger wurde in überarbeiteter Form wieder in die Leitlinie aufgenommen: Auf den Einsatz von Luftreinigern sollte verzichtet werden, in Ausnahmefällen kann der Einsatz mobiler Luftreiniger durch Fachpersonal erwogen werden. Regelmäßiges, ausreichendes Lüften wird weiterhin empfohlen, der Einsatz von CO2-Ampeln kann ebenfalls erwogen werden. Neu gefasst ist die Empfehlung zu Verdachtsfällen: Unabhängig vom SARS-CoV-2-Infektionsstatus sollen Schüler:innen, die Halsschmerzen, Husten oder Schnupfen – als Symptome einer neu auftretenden Atemwegserkrankung – haben, nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Sie sollen mindestens einen symptomfreien Tag bis zur Rückkehr abwarten.

„Die aktualisierte Leitlinie betont in ihren Empfehlungen, dass sich die infektionsepidemiologische Risikolage seit Erstellung der vorherigen Leitlinienversion erheblich verändert hat. Die empfohlenen Maßnahmenpakete müssen daher an die jeweilige Risikolage angepasst werden. Ganz im Vordergrund der Leitlinie steht die Intention, mit den empfohlenen Maßnahmen den Präsenzbetrieb in Schulen aufrechtzuerhalten und dort ein möglichst normales Kontaktverhalten zu ermöglichen“, sagt COVerCHILD-Netzwerksprecher Prof. Dr. Reinhard Berner, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden.

Leitlinie wird im NUM 2.0-Projekt COVerCHILD fortgeführt

Die aktualisierte Version 2.0 ist eine „lebende Leitlinie“, die schnell aktualisiert und an das dynamische Pandemiegeschehen angepasst werden kann.

„Eine Besonderheit ist die Leitliniengruppe, die nicht nur Fachgesellschaften, sondern auch Eltern-, Lehrer- und Schülerverbände umfasst. Wir haben gemeinsam Empfehlungen erarbeitet, wie Schule in der Pandemie funktionieren kann. Dazu wurde systematisch gesichtet, was es an Studien zur Wirksamkeit von Maßnahmen in der Schule gibt, welche Qualität diese haben und was für Schlüsse wir daraus ziehen können. Wir haben aber auch Nutzen und Schaden von Maßnahmen abgewogen, immer mit Blick auf das Wohl der Kinder und Jugendlichen. Durch die Vielfalt der Blickwinkel in der Leitliniengruppe ist der gefundene Konsens so wertvoll“, erklärt Prof. Dr. Eva Rehfuess, LMU München.

Leitlinien in der Medizin werden von Expert:innengruppen im informellen Konsens erarbeitet; unterschieden wird zwischen verschiedenen Entwicklungsstufen, S3-Leitlinien charakterisieren die höchste Entwicklungsstufe. Die Aktualisierung der Leitlinie wurde vom COVerCHILD-Projekt (COVID-19-Forschungsplattform für Kinder und Jugendliche) unter Leitung des UKE und des Universitätsklinikums Dresden gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung der LMU München, den federführenden Fachgesellschaften Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutsche Gesellschaft für Public Health (DGPH) und rund 20 weiteren Fachgesellschaften, Institutionen, einschließlich dem Robert Koch-Institut, Lehrer-, Eltern- und Schülerverbänden und Interessenvertreter:innen aktualisiert. Das COVerCHILD-Projekt wird im Rahmen des Nationalen Forschungsnetzwerks der Universitätsmedizin zu COVID-19 (NUM) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Die S3-Leitlinie finden Sie hier.

Über Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 14.400 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 497.000 Patient:innen versorgt, 90.000 davon stationär und 407.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen, Zahnmediziner:innen und Hebammen aus.

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