22. Aufsichtsrats-Panel: Nachhaltig bessere Corporate Governance durch aktuelle Reformen?
Das 2007 eingerichtete „Aufsichtsrats-Panel“ wurde nunmehr zum 22. Mal durchgeführt, um unter Aufsichtsräten ein Meinungsbild zu aktuellen Themen zu ermitteln. Für die diesjährige Befragung wurden 97 Aufsichtsratsmitglieder, die durch Mehrfachmandate insgesamt 291 Gesellschaften vertreten, befragt – ein neuer Höchststand. Im Zentrum der Befragung standen die Themenkomplexe Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) und Nachhaltigkeit in der Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK).
„Die Nachhaltigkeitstransformation in der Corporate Governance ist ein wichtiger Punkt für die Mitglieder des Aufsichtsrats, wie die Befragung zeigt. Aktuelle Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung der neuen Empfehlungen und Grundsätze des Deutschen Corporate Governance Kodex. Beispielsweise muss bei der Überwachung des Internen Kontrollsystems künftig die Integration und Verarbeitung von Daten zu Nachhaltigkeitsaspekten eine größere Rolle spielen“, so Dr. Arno Probst, Leiter des Center for Corporate Governance bei Deloitte.
FISG: Die aufsichtratsspezifischen Novellierungen sind oft bereits „Best Practice“
Ein Großteil der Befragten (71,1%) steht den Novellierungen des FISG zum IKS/RMS inkl. der Klarstellung des DCGK zur pflichtgemäßen Integration eines Compliance-Management-Systems positiv gegenüber. Von einer großen Mehrheit (87,6%) wurde die regelmäßige Überwachung des CMS durch den Aufsichtsrat als „Best Practice“ bestätigt.
Auch der Informationsaustausch mit den Leitern der jeweiligen internen Corporate-Governance-Systeme wird bei einer deutlichen Mehrheit der Interviewten (84,4%) als zufriedenstellend wahrgenommen, was den beschränkten praktischen Mehrwert des FISG verdeutlicht.
Nachhaltigkeit im DCGK: Verbesserungsbedarf bei der Umsetzung
Die Integration von Nachhaltigkeit in das Tätigkeitsprofil des Aufsichtsrats nach der Neufassung des DCGK erfährt deutliche Zustimmung unter den Befragten (69,1%). Bereits in der Vergangenheit wurden häufig ökologische und soziale Ziele im Rahmen der Strategieberatung des Vorstands durch den Aufsichtsrat einbezogen (80,4%). Wenig überraschend dominieren ökologische, insbesondere Klimaneutralitäts- und Emissionsreduktionsziele die aktuellen Beratungsgespräche mit dem Vorstand.
„Die Neufassung des DCGK 2022 verdeutlicht, dass ökologische und soziale Nachhaltigkeit zur DNA der Aufsichtsratstätigkeit wird“, kommentiert Prof. Dr. Patrick Velte von der Leuphana Universität Lüneburg die Ergebnisse.
Die Neuerungen des DCGK zum erweiterten Kompetenzprofil des Aufsichtsrats inklusive des Prüfungsausschusses in Bezug auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit werden dagegen sehr ambivalent beurteilt: Einerseits sehen die Befragten die grundsätzliche Notwendigkeit entsprechender Gremienkompetenzen, die in Bezug auf Nachhaltigkeit auch durch intensive Fortbildung aufgebaut werden kann. Kritische Stimmen hingegen beklagen insbesondere Besetzungsprobleme, zunehmendes Expertentum und unklare Kompetenzbegriffe. Allerdings sehen 67% der Interviewten eine ökologische und/oder soziale Nachhaltigkeitsexpertise im Gremium bereits als gegeben an.
Bemerkenswert ist, dass der derzeitige Stand der Integration von Nachhaltigkeit in die internen Corporate-Governance-Systeme durchschnittlich nur als „befriedigend“ erachtet wird. Verbesserungspotenzial wird insbesondere in den folgenden Bereichen gesehen: Definition von relevanten Kenngrößen, Erhebung von objektivierbaren Daten, Integration von Nachhaltigkeit in Berichtssysteme oder Ableitung von Zielen. Es bleibt also wohl noch viel zu tun.
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