Gesundheit & Medizin

AOK-Umfrage: Deutsche vernachlässigen Krebsvorsorge

Krebsvorsorge findet fast jeder Mensch in Deutschland sinnvoll (94 Prozent). Sofern regelmäßig genutzt, können die Krebsfrüherkennungsangebote der gesetzlichen Krankenkassen viel Leid verhindern und Leben retten. Doch obwohl fast die Hälfte (42 Prozent) der deutschen Bevölkerung Angst vor der Entdeckung von Krebs hat, findet jede vierte Person (26 Prozent) keine Zeit und Energie für die Krebsfrüherkennung. Das ergab eine repräsentative Forsa-Umfrage unter 1.512 Erwachsenen im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. Die Umfrage untersuchte das „Aufschiebe-Verhalten“ der deutschen Bevölkerung, insbesondere im Bereich Krebsvorsorge. Eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt im Zuge der Coronavirus-Pandemie einen deutlichen Negativ-Trend bei der Krebsfrüherkennung: Bei vier von fünf Vorsorgeuntersuchungen wurde 2022 im Vergleich zu 2019 ein Rückgang verzeichnet. 

Die Hälfte der Befragten gab an, die Vereinbarung von Terminen zur Gesundheitsvorsorge, darunter auch die Krebsfrüherkennung, schon einmal aufgeschoben zu haben. Zwischen vielen persönlichen Verpflichtungen landet die eigene Gesundheit eher auf den hinteren Plätzen der Prioritätenliste. Rund ein Fünftel (19 Prozent) hat eine Vorsorgeuntersuchung schon über den empfohlenen Zeitpunkt hinaus aufgeschoben, obwohl rückblickend genug Zeit dafür war. Unter den befragten Männern im anspruchsberechtigten Alter (ab 35 Jahren) gaben sogar ganze 20 Prozent an, noch nie bei einer Vorsorgeuntersuchung gewesen zu sein. Viele Menschen in Deutschland zögern also, bevor sie Termine zur Krebsvorsorge ausmachen oder diese wahrnehmen. Manche benötigen einen zusätzlichen Anstoß: Mehr als ein Drittel (36 Prozent) geht erst dann zur Krebsvorsorge, wenn dies vom Hausarzt nahegelegt wird. Entgegen den Befürchtungen, fanden 75 Prozent der Befragten die Krebsfrüherkennungs-Untersuchung rückblickend viel weniger schlimm, als sie sich diese vorgestellt hatten.

AOK und Deutsche Krebsgesellschaft rufen Tag der Krebsvorsorge ins Leben

In den ersten beiden Pandemiejahren und auch im ersten Quartal 2022 kam es im Vergleich zu 2019 zu starken Rückgängen bei mehreren Krebsfrüherkennungsuntersuchungen für gesetzlich Versicherte. Vor diesem Hintergrund erklären die AOK und die Deutsche Krebsgesellschaft den 28. November gemeinsam zum jährlichen „Tag der Krebsvorsorge“. Der neue Gesundheitstag soll die Aufmerksamkeit für Vorsorgeuntersuchungen steigern und die Menschen in Deutschland dazu motivieren, sich mit dem Thema Krebsfrüherkennung auseinanderzusetzen. In der Bevölkerung könnte das auf fruchtbaren Boden treffen: Mehr die Hälfte (55 Prozent) gibt in der AOK-Umfrage an, dass eine regelmäßige Erinnerung in Form eines Aktionstages eine gute Möglichkeit ist, um mehr Aufmerksamkeit für das Thema Krebsvorsorge zu schaffen.

Deutsche schieben in vielen Lebensbereichen auf

Die AOK-Umfrage zeigt, wie sehr die Bevölkerung in Deutschland in allen Lebensbereichen von der sogenannten „Aufschieberitis“ betroffen ist: Fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) gibt zu, zumindest ab und an etwas hintenanzustellen. 28 Prozent schieben sogar häufig oder sehr häufig etwas Wichtiges auf und setzen es entweder viel später als geplant oder gar nicht um. Neben der Krebsvorsorge vertrödeln die Befragten vor allem häusliche Pflichten (51 Prozent), die Pflege sozialer Kontakte (61 Prozent) oder die Umstellung auf einem gesünderen Lebensstil. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die meisten Befragten nennen Ablenkungen als Grund für das Aufschieben (56 Prozent). Dass die Aufgabe als unangenehm oder lästig empfunden werde, sagen 43 Prozent, und 33 Prozent nennen ein Gefühl der Überlastung wegen zu vieler gleichzeitig anfallender Aufgaben als Aufschiebe-Ursache.

Aufgeschobenes zu erledigen hat positive Folgen

Dass es nicht unbedingt ratsam ist, wenn die „Aufschieberitis“ die Oberhand gewinnt, sieht man an den negativen Folgen, die viele Befragte wegen des Aufschiebens spüren: 40 Prozent gaben an, deswegen schon einmal an innerer Unruhe oder Angst gelitten zu haben. Bei einem Drittel (33 Prozent) machte sich das Aufschieben körperlich bemerkbar, zum Beispiel mit Schlafstörungen oder Herz-/Kreislaufproblemen. Wer gegensteuern will, sollte die Angst vor negativen Folgen überwinden: „Es kommt sehr stark auf die Anreize an: Um nicht aufzuschieben, sollte man sich auf die positiven Seiten des Erledigens fokussieren. Eine positive Motivation kann hier ganz entscheidend sein, um zu sagen: Was ist mir eigentlich wichtig? Und was habe ich davon, wenn ich diese Tätigkeit anpacke und eben nicht aufschiebe?“, rät Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz. Auch die Umfrage zeigt, welchen positiven Effekt das Erledigen haben kann: „Ich fühle mich häufig befreit, wenn ich etwas lang Aufgeschobenes erledigt habe“, gaben 84 Prozent der von Forsa Befragten an.

 

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