Geschichte und Geschichten
„Nicht alle können Geschichtsnerds sein und wenn wir Geschichtsnerds den Anstoß geben, sich damit zu beschäftigen, ist das auch schon mal was. Wenn sich das dann 600 Leute ansehen, passiert das den wenigsten Fachaufsätzen“, gibt Charlotte Jahnz vom Instagram-Kanal @nichtsophiescholl den Tenor des Tages vor: historische Inhalte, die niedrigschwellig über unterschiedliche Wege an ein breites Publikum vermittelt werden. „Wir müssen die Leute da abholen, wo sie nun mal sind“, ergänzt Leonie Schöler vom TikTok-Kanal @heeyleonie, „Videos werden bei TikTok Menschen ausgespielt, die einem eigentlich nicht folgen. So kann man relativ schnell Leute erreichen.“
Beide Angebote waren unter den Nominierten des Grimme Online Award 2022 und stehen exemplarisch für die vielen Angebote und Projekte aus dem Kontext „Geschichte und Zeitgeschichte“, die seit jeher im Wettbewerb des Grimme Online Award in vielfältiger Form vorhanden sind. Acht unserer Gesprächsteilnehmenden zählten dort in den vergangenen Jahren zu den Nominierten und Preisträgern. Sie haben wir mit weiteren Expertinnen und Experten zu einem Austausch über ihre Arbeiten geladen sowie darüber, wie die Vermittlung von geschichtlichem Wissen durch neue Darstellungsformen ein breiteres Publikum finden kann.
Neben Schöler und Jahnz, die über Geschichtsangebote auf Social Media sprechen, tauschen sich Rainer E. Klemke von der „berlinHistory App“ und Joachim Telgenbüscher vom Twitter-Account „Verrückte Geschichte“ darüber aus, wie sich Nutzerinnen und Nutzer in ihre Angebote einbringen. Friedemann Rincke vom interaktiven Hörspiel „15:14 bei der Stuttgarter Kripo nach 1945“ und Chantal Eschenfelder vom Städel Museum sprechen darüber, wie zeitgemäße Online-Auftritte die Museumsarbeit erweitern können. Isabel Raabe vom „RomArchive“ und Anna Hampel vom „We Refugees Archiv“ schildern die Möglichkeiten für innovative Archivarbeit im Internet. Dorothee Pitz, verantwortlich unter anderem für die Augmented-Reality-App „WDR AR 1933 – 1945“, und Bernd Hawlat vom Deutschen Rundfunkarchiv, das das Angebot ARD Retro betreut, analysieren die Rolle von Geschichtsangeboten im Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und Katarina Agathos, beim BR verantwortlich für die dokumentarische Hör-Edition „Die Quellen sprechen“, und Melanie Longerich vom Podcast „Gestern ist jetzt“ sprechen darüber, wie sich Geschichte im Audio-Format vermitteln lässt.
Moderiert werden die sechs Panels von dem Medienjournalisten Christoph Sterz. Sie zeigen deutlich, wie unterschiedlich Geschichtsformate im Netz ihr Publikum ansprechen, wie wichtig die persönlichen Geschichten bei der Vermittlung von Geschichte sind, aber auch, wie intensiv sich die Anbieter*innen über Inhalt und Form Gedanken machen, um vielleicht aus Nutzer*innen auch „Geschichtsnerds“ zu machen. So schildert Dorothee Pitz: „Wir können eine Fernsehdramaturgie nicht auf Digitalprojekte umsetzen. In der App haben wir sehr konzentrierte Interviews von wenigen Minuten, die dann den Impuls auslösen, weiter zu recherchieren.“ Und ihr Gesprächspartner Bernd Hawlat ergänzt: „Es ist die Magie des Zeitzeugen. Das audiovisuelle Erbe zieht Nutzerinnen und Nutzer rein, es wird durchgehört und durchgesehen und dann will man mehr. Das Interesse für die Geschichte ist da, man braucht nur den Impuls, der den Suchvorgang auslöst.“
GOA talks ist das Nachfolgeprojekt der Veranstaltungsreihe Social Community Day (SCD). Mit letzterem haben wir seit 2010 Menschen zusammengebracht, die auf der Bühne und in Workshops über ihre Online-Angebote geredet und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verdeutlicht haben. Der SCD hat in den vergangenen Jahren bereits zunehmend die Zusammenarbeit mit dem Grimme Online Award vertieft. Mit GOA talks ist daraus nun eine jährliche Veranstaltung geworden, die das aufgreift, was sich jeweils im Frühsommer beim Grimme Online Award als besonders wertvoll für den gesellschaftlichen Mediendiskurs erwiesen hat.
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Die Veranstaltungsreihe GOA talks wird unterstützt durch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.
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