Mobilitätsbarometer: Hauptstadt tritt auf der Stelle bei Bus und Bahn – BUND Berlin fordert bessere ÖPNV-Angebote
Martin Schlegel, Mobilitätsexperte des BUND Berlin: „Für die Befragten sind vor allem zu wenig Abfahrten mit Bus und Bahn ein Kritikpunkt. Zwar ist von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch von den Grünen bereits der sogenannte Hauptstadttakt angekündigt worden, also ein Mindestangebot von Straßenbahnen und Bussen alle zehn Minuten auch auf vielen Linien außerhalb der Innenstadt. Aber Fahrpersonalmangel vor allem im Oberflächenverkehr und eklatanter Fahrzeugmangel bei der U-Bahn wegen jahrelang verschleppter Beschaffungen sorgen für teilweise zu geringe Kapazitäten. Nur mit einem guten Angebot kann der ÖPNV zum Rückgrat der Mobilitätswende werden.“
Martin Schlegel weiter: „Auch wenn Berlin in dieser Umfrage gut abgeschnitten hat, muss der Senat Verbesserungen schneller als bisher realisieren und das Mobilitätsgesetzs konsequent umsetzen. Neue U-Bahnwagen sind auf dem Weg, aber der dringend nötige Ausbau des Straßenbahnnetzes braucht weiterhin zu lange. Straßenbahnen brauchen bei gleicher Kapazität nur die Hälfte des Fahrpersonals wie Busse und sind leichter zu beschleunigen.
Auch die Beschleunigung von Tram und Bus durch Ampelbevorrechtigung und separate Spuren kommt seit Jahren kaum voran. Insgesamt ist das Angebot zu unzuverlässig. Damit die Mobilitätswende Realität wird, braucht es weit mehr als bisher getan wurde.“
14 Prozent der Berliner Befragten sind unzufrieden mit dem Fahrtenangebot an ihrer Haltestelle. Mit Hinblick auf die Einführung des 49-Euro-Tickets ist eine Ausweitung nötig, die allerdings wegen der strukturellen Probleme wie jahrelange Unterfinanzierung und Fachkräftemangel nur gelingen dürfte, wenn der Oberflächenverkehr konsequent bevorrechtigt wird. Denn so lässt sich mit gleichem Personal- und Fahrzeugaufwand mehr Leistung anbieten.
Die Befragung beinhaltete zudem Fragen zum Sicherheitsgefühl der Menschen auf dem Rad und zu Fuß. Lediglich 40 Prozent der Befragten in der Hauptstadt gaben an, dass ihnen ausreichend sichere Radwege zur Verfügung stehen. Bemerkenswert ist allerdings, dass fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) sich auf dem Rad deutlich sicherer fühlen als vor fünf Jahren – nur Bremen erreichte mit einer Quote von 43 Prozent einen ähnlich hohen Wert in der Umfrage. „Die in der Corona-Pandemie eingeführten Pop-up-Radwege, die Ausweisung von zusätzlichen Fahrradstraßen und teilweise Verkehrsberuhigungen seit Antritt von Koalitionen aus SPD, Grünen und Linke im Jahr 2016 scheinen sich dabei auszuwirken. Damit die nötige weitere Neuaufteilung des Straßenraums zugunsten des Umweltverbundes wirklich Fahrt aufnehmen kann, muss der Senat deshalb Druck bei FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing machen, eine echte Reform des Straßenverkehrsgesetzes jetzt umzusetzen. Denn nur mit mehr Fuß-, Rad- und öffentlichem Verkehr lassen sich die Klimaziele noch einhalten“, sagt Martin Schlegel.
Die weiteren Zahlen: 20 Prozent der Befragten gaben an, nicht ausreichend sichere Radwege zur Verfügung zu haben. 40 Prozent gaben an, nicht mit dem Fahrrad zu fahren – der höchste Wert im Bundesländervergleich.
*Das Meinungsforschungsinstitut Kantar hat für Allianz pro Schiene, BUND und den Deutschen Verkehrssicherheitsrat vom 06.10.2022 bis 25.10.2022 rund 2.000 Bundesbürger ab 14 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers repräsentativ für die Grundgesamtheit. Die Ergebnisse finden Sie unter: www.mobilitätsbarometer.de
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